Hepatische Enzephalopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als hepathische Enzephalopathie wird eine Funktionsstörung des Gehirns bezeichnet, die ihrerseits ausgelöst wird von einer Funktionsstörung der Leber. Die Ursache, der zugrunde liegenden Leberfunktionsstörung, kann vielfältig sein und bedarf einer genauen medizinischen Abklärung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist hepathische Enzephalopathie?

Die hepatische Enzephalopathie, auch als Hepatoenzephalopathie oder hepatoportale Enzephalopathie bezeichnet, ist eine Funktionsstörung des Zentralnervensystems (ZNS), die ihre Ursache in einer unzureichenden Entgiftungsfunktion der Leber hat.

Zumeist ist dieses zurückzuführen auf ein akutes oder chronisches Leberversagen, kann aber auch therapeutisch verursacht sein, durch das Legen eines Shunts, einer, zur Senkung des Pfortaderhochdrucks, angelegten Gefäßverbindung zwischen Pfortadersystem und der unteren Hohlvene.

Ursachen

In erster Linie ist die hepathische Enzephalopathie zurückzuführen auf eine Ammoniakvergiftung. Im sogenannten Harnstoffzyklus wird das Gift, das während der Spaltung von Eiweißen gebildet wird, normalerweise von der Leber entgiftet, nachdem es von der Darmschleimhaut aufgenommen und zur Leber weitergeleitet wurde.

Da die Leber aufgrund ihrer eingeschränkten Funktion nicht mehr in der Lage ist, das Ammoniak effizient zu entgiften, kommt es zu einem Anstieg der Ammoniakkonzentration im Blut und dieses gelangt in einer hohen Konzentration ins Gehirn. Noch ist heutzutage nicht eindeutig geklärt, was die genauen Stoffwechselprozesse im Gehirn sind, die zu den eingeschränkten Gehirnfunktionen führen.

Es wird jedoch angenommen, dass das Ammoniak im Gehirn von sogenannten Astrozyten, spezialisierte Zellen, denen unter anderem wichtige Aufgaben zufallen beim Stoffwechsel zwischen den Neuronen und dem Blut, zu Glutamin umgebaut wird. Dieses führt daraufhin zu einer Anschwellung der Astrozyten und beeinträchtigt die Nervenreizübertragung, da den Astrozyten auch beim Austausch der Botenstoffe des Gehirns eine zentrale Rolle zukommt.

Wann zum Arzt?

Ein Arzt ist aufzusuchen, sobald es zu Blut im Urin oder Kot kommt. Schmerzen im Unterleib, Krämpfe oder Missempfindungen sollten ärztlich untersucht werden, sobald sie über mehrere Tage anhalten. Bei Durchfall und Erbrechen ist ein Arztbesuch notwendig, wenn beides wiederholt auftritt. Ein allgemeines Unwohlsein, Pickel auf der Haut oder ein Abfall der gewohnten Leistungsmöglichkeiten sollten von einem Arzt behandelt werden.

Tritt ein Krankheitsgefühl auf, steigt der übliche Schlafbedarf oder stellt sich ein Gefühl von Schwäche ein, muss ein Arzt aufgesucht werden. Abgeschlagenheit und die Unfähigkeit alltägliche Pflichten zu erfüllen, gelten als besorgniserregend, wenn sie über mehrere Wochen anhalten. Nehmen die vorhandenen Beschwerden an Intensität zu oder kommt es zu neuen Symptomen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Störungen der Konzentration oder ein Zittern der Gliedmaßen sind von einem Arzt abklären zu lassen. Bei Unterbrechungen des Bewusstseins muss besondere Sorgfalt gelten. In akuten Situationen ist ein Notarzt zu rufen. Bis zu dessen Eintreffen sind Erste-Hilfe-Maßnahmen anzuwenden. Treten Beschwerden wie Verwirrtheit oder Desorientierung auf, ist schnellstmöglich ein Arzt zu konsultieren. Störungen der Sprachbildung oder eine undeutliche Lautgebung sind Anzeichen einer ernsten Erkrankung. Der Betroffene benötigt eine medizinische Versorgung und sollte einen Arzt aufsuchen.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der hepatischen Enzephalopathie:

Die Symptomatik der hepatischen Enzephalopathie wird in der Medizin in vier Stadien eingeteilt.

Im ersten Stadium kommt es beim Patienten zu Konzentrationsschwächen, zu Reizbarkeit und einem erhöhten Schlafbedürfnis. Antriebsarmut und Geistesabwesenheit lässt Angehörige oft vermuten, es handle sich um eine depressive Verstimmung.

Stadium zwei der hepatischen Enzephalopathie ist gekennzeichnet durch Orientierungsstörungen und eine Verlangsamung der Bewegungen des Patienten, sowie durch ein feines Zittern der Hände. Auf Fragen antworten die Betroffenen verzögert und das Sprechen ist verlangsamt.

Im dritten Stadium der hepatischen Enzephalopathie kommt es zu stärkeren Bewusstseinsstörungen. Es kommt zu einem völligen Verlust der zeitlichen und räumlichen Orientierung und zu Verwirrtheitszuständen. Das Gehen fällt den Betroffenen schwer und auch die Sprache des Patienten ist nunmehr verwaschen, undeutlich und unzusammenhängend. Der Schmerzreiz wird verzögert wahrgenommen und die Muskeln des Patienten sind angespannt.

Im letzten, dem vierten, Stadium der hepatischen Enzephalopathie befindet sich der Patient im Leberkoma und reagiert nicht mehr auf Ansprache oder auf Schmerzreize. Zunächst kommt es zu einer Muskelsteife, später zu einem völligen Verlust der Muskelspannung.

Diagnose

Der hepatischen Enzephalopathie liegt immer auch eine hochgradige Funktionsstörung der Leber zugrunde. Da sich die Symptome der hepatischen Enzephalopathie zum Beginn der Erkrankung nicht von anderen Störungen des Gehirns (Enzephalopathien) unterscheidet, muss bei den genannten Symptomen immer auch eine Diagnostik der Leber erfolgen. Der Ammoniakspiegel im Blut kann ein Hinweis auf die Erkrankung sein, wobei aber auch darauf hingewiesen werden muss, dass bei 10% der Betroffenen selbst im Leberkoma noch normale Werte gemessen werden.

Des Weiteren ist eine umfangreiche Analyse des Blutes und derjenigen Leberwerte vorzunehmen, die auf eine Leberinsuffizienz hindeuten könnten. Um andere Erkrankungen des Gehirns auszuschließen, sollte ein Schädel-CT oder ein MRT, sowie ein EEG erfolgen. Auch psychometrische Testverfahren, wie Papier-Bleistift-Tests, spielen in der Diagnostik der hepatischen Enzephalopathie eine große Rolle, um die Symptomatik gegenüber anderen neurophysiologischen Störungen abzugrenzen.

Komplikationen

Da die hepatische Enzephalopathie sich aufgrund eines Leberversagens entwickelt, ist diese Störung der Gehirnfunktion an sich schon eine Komplikation. Am schnellsten kommt es dazu infolge eines akuten Leberversagens oder einer Lebertransplantation. Bei einer chronischen Enzephalopathie, die meist infolge eines jahrelangen exzessiven Alkoholkonsums auftritt, entstehen Komplikationen schleichend, sind jedoch, sollte nicht komplett auf Alkohol verzichtet werden, zwangsläufig. Hier steht die Alkoholtherapie im Vordergrund. Dennoch verhindert eine konsequente Abstinenz nicht immer das Fortschreiten der Erkrankung.

Die leberbedingte Enzephalopathie lässt sich in mehrere Stadien einteilen, so dass ein Stadium als Komplikation des vorhergehenden gesehen werden kann. Was mit leichten Schlafstörungen beginnt (Stadium 1) kann über Konzentrationsstörungen zu ständigem Zittern der Hände (Stadium 2), Desorientiertheit (Stadium 3) bis hin zum Leberkoma (Stadium 4) führen, aus dem der Patient nicht mehr erwacht.

Therapeutische Maßnahmen wie Flüssigkeitszufuhr, Lactulose oder Antibiotikagabe versuchen, die Vergiftung des Gehirns rückgängig zu machen. Nicht immer schaffen sie dies. Ohne Therapie führt die fortgeschrittene Form (ab Stadium 2) der hepatischen Enzephalopathie jedoch immer zum Tode.


Behandlung und Vorbeugung

Therapiert werden muss bei der hepatischen Enzephalopathie die zugrunde liegende Erkrankung, wie auch der erhöhte Ammoniakspiegel. Der häufigsten Ursache einer hepatischen Enzephalopathie, der Leberzirrhose, zugrunde liegende Erkrankungen können sein: Alkoholismus und Drogenkonsum, Medikamentenmissbrauch, übermäßige Eiweißaufnahme, wie oft von Bodybuildern betrieben, oder auch Infektionen und Magen-Darm-Blutungen.

Patienten mit einer Leberzirrhose wird im Allgemeinen eine ballaststoffreiche, vollwertige und ausgewogene Ernährung angeraten. Der Reduktion von Eiweiß in der täglichen Ernährung ist jedoch, entgegen früherer Meinungen, nicht förderlich, wie sich in Studien herausstellte. Der Verzicht auf Alkohol und andere Suchtmittel ist selbstverständlich und auch Sport kann der Leber hilfreich sein, um sich wieder zu regenerieren.

Um den Ammoniakspiegel im Blut zu senken, wird Lactulose, ein synthetischer Zucker, eingesetzt, um milchsäurebildende Bakterien in der Darmflora zu unterstützen. Die Zunahme von milchsäurebildenden Bakterien soll dazu führen, dass ammoniakbildende Bakterien in der Darmflora zurückgedrängt werden. Auch die Gabe von Antibiotika kann gegen die ammoniakbildenden Bakterien angezeigt sein.

Des Weiteren können Medikamente zur Unterstützung des Harnstoffzyklus eingesetzt werden, wie auch Medikamente, welche die Glutaminsynthese stimulieren. Die Einnahme von Elektrolyten kann eventuelle Mangelzustände ausgleichen.

Um einer Leberzirrhose vorzubeugen hilft in erster Linie eine gesunde Lebensweise, der Verzicht auf Drogen aller Art und der richtige Umgang und Genuss von Alkohol in Maßen. Eine gesunde vollwertige Ernährung sollte ebenso eine Selbstverständlichkeit sein, wie eine ausreichende sportliche Betätigung.

Quellen

  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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