Paralyse (Plegie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Schlag oder Lähmung bedeutet plegé im Griechischen; gemeint ist hier die Lähmung von Muskeln, genauer Skelettmuskeln. Die Griechen haben auch noch ein anderes Wort für Lähmung: parálysis, was sie auch für die Erstarrung verwenden. Insofern spricht auch der Begriff Paralyse noch etwas mehr an als die Plegie, nämlich zusätzlich auch noch Nervengruppen beispielsweise im Gehirn, die nicht direkt zuständig sind für Bewegungen des Skeletts.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Paralyse (Plegie)?

Da in der Folge der Paralyse eine Muskelatrophie eintreten kann, soll hier noch auf wichtige Merkmale und Unterscheidungen eingegangen werden. Bei der SMA, das ist die "Spinale Muskel-Atrophie" handelt es sich um einen (seltenen) angeborenen Muskelschwund durch ein ständig fortschreitendes Absterben der motorischen Nervenzellen, was sich im Vorderhorn des Rückenmarks abspielt. Zunehmend können deshalb die Impulse zu den Muskeln nicht mehr weiter geleitet werden bis es schließlich zu Lähmungen und Muskelschwund kommt.

Bei der SBMA, das ist die "Spinobulbäre Muskelatrophie Typ Kennedy" bzw. die "progressive Bulbärparalyse", kommt dann noch hinzu, dass auch Hirnnerven betroffen werden mit der Folge einer massiven Einschränkung beim Kauen und Schlucken sowie auch beim Sprechen.

Eine weitere, verbreitete Art der neurogenetischen Muskelatrophie ist der CMT, was "Morbus Charcot-Marie-Tooth" bedeutet. Stattdessen findet man heute aber eher die Bezeichnung HMSN-I, was für "Hereditäre motorisch-sensible Neuropathie Typ I" steht.

Ursachen

Ursache für die Neuropathie Typ I ist meistens eine Mutation auf dem 17. Chromosom, d.h. es gibt innerhalb einer Familie möglicherweise mehrere Fälle.

Die Ursache für eine Paralyse einzelner Muskeln oder auch ganzer Muskelgruppen liegt oft in einer Beschädigung des Nerves, mit dem diese angesteuert werden. Im Rückenmarksbereich starten diese Nervenzellen mit so genannten Wurzelzellen, die ebenfalls ursächlich in Frage kommen können.

Das "spinale Querschnittsyndrom" kann sich als so genannte "Monoplegie" ganzer Gliedmaßen (oder auch nur von Gliedmaßenabschnitte) äußern. Die umgangssprachliche Querschnittslähmung ist medizinisch eine "Paraplegie", also eine vollständige Lähmung beider Beine oder ggf. auch beider Arme.

Ist (nur) eine Körperseite komplett von einer Lähmung betroffen, spricht man von einer "Hemiplegie". Auch hierzu kann es wieder zu einer "erweiterten" Form bezogen auf Organe, die nicht direkt dem Bewegungsapparat angehören, kommen, beispielsweise gibt es eine halbseitige Lähmung des Kehlkopfes, ebenfalls eine Hemiplegie. Das Maximum der Tragik ist dann die "Tetraplegie" meistens als Folge einer Rückenmarksverletzung im Bereich der Halswirbelsäule; in diesem Fall sind alle vier Gliedmaßen gleichzeitig von einer totalen Lähmung betroffen.

Diagnose und Verlauf

Der Augenarzt Argyll Robertson (1837-1909) behandelte u.a. auch Patienten, die an Syphilis erkrankt waren. Im Spätstadium dieser Erkrankung wurde auch das Nervensystem befallen. In der Folge entwickelte sich oft eine reflektorische Pupillenstarre, die als Neurolues oder eben als "Argyll-Robertson-Syndrom/Phänomen/Paralyse" bezeichnet wurde. Kennzeichnend bei dieser Erkrankung sind sehr enge Pupillen (Miosis) und die Unfähigkeit, auf Änderungen der Lichtverhältnisse zu reagieren, d.h. die Pupillen weiten sich im Dunkel nicht mehr, es dringt zu wenig Licht in das Auge ein, und der Patient ist in der Dämmerung fast blind. Es ist ursächlich eine Läsion von Gehirngewebe, also eine Durchtrennung jenes Nervs, der die Pupillenverengung bei Licht steuert.

Behandlung und Therapie

FES steht für "Funktionale Elektro-Stimulation", mit deren Hilfe zwar nicht die Ursache, also die Schädigung der Nerven behandelt werden kann, aber doch zumindest eine sehr weit gehende Muskelatrophie, das ist der Muskelschwund auf Grund der Nichtverwendung bzw. fehlenden Trainings der Muskeln, verhindern.

Hemiplegie ist auch oftmals eine Folge eines Schlaganfalls. Durch einen möglichst raschen Beginn mit einer Physiotherapie (z. B. nach dem Bobath-Konzept) kann man erreichen, dass die betroffene Körperseite wieder etwas schneller aktiviert werden kann.

Durch zusätzliche Ergotherapien kann auch die Unterversorgung und Versteifung der Gelenke verhindert werden. Dahinter steckt immer der Glaube und die Hoffnung, deren Wichtigkeit für den Patienten nicht unterschätzt werden darf, dass die Funktionalität der Nerven eines Tages wenigstens teilweise wiederkehren kann.


Weitere Informationen

Zum Abschluss sei noch ein Hinweis erlaubt auf ein beispielhaftes Phänomen, das in Wirklichkeit keine Paralyse darstellt, obwohl man es im ersten Moment auch dafür halten könnte. Aus den USA stammt eine besondere Züchtung von Zwergziegen, die "Fainting Goats", was übersetzt in etwa bedeutet: in Ohnmacht fallende Ziegen.

Diesen armen Tieren wurde extra ein genetischer Defekt, eine besondere Form der Myotonie angezüchtet. Dies äußert sich in einem besonderen Spannungszustand der Muskulatur, der spontan durch Reize im Nervensystem der Tiere ausgelöst wird. Wenn sich diese kleinen Ziegen also erschrecken, was auch immer der Auslöser ist, dann tritt unmittelbar für kurze Zeit eine Muskelstarre ein, und die Ziegen fallen um.

Einen Moment später rappeln sie sich wieder auf, als wäre nichts gewesen. Sinn der Sache war und ist ein indirekter Schutz der Schafe der Farmer. Wenn beispielsweise Wölfe oder Koyoten kommen, dann fällt erst einmal die wertlosere Ziege sozusagen als "Opferlamm" um, die Angreifer beschäftigen sich mit ihr, und die Schafe können das Weite suchen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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