Neurohypophyse

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Neurohypophyse ist Teil der Hirnanhangsdrüse und wird auch als Hypophysenhinterlappen bezeichnet. Die im Hypothalamus gebildeten Hormone Adiuretin und Oxytocin werden zur Neurohypophyse transportiert und von dort in die Blutbahn abgegeben.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Die Neurohypophyse ist der hintere Teil der Hypophyse, der Hirnanhangsdrüse. Entwicklungsgeschichtlich betrachtet ist die Neurohypophyse ein Teil des Gehirns. Da sie topographisch hinter der Adenohypophyse, dem Hypophysenvorderlappen liegt, heißt die Neurohypophyse auch Hypophysenhinterlappen (HVL). Sie gibt zwei der Hormone, die im Hypothalamus gebildet, werden ins Blut ab.

Die Neurohypophyse speichert Hormone des Hypothalamus und gibt diese nach Bedarf in die Blutbahn ab.

Anatomie

Die Hypophyse selber ist etwa haselnussgroß. Sie sitzt an der Schädelbasis im sogenannten Türkensattel (Sella turcica), einer Knochenstruktur auf der Innenseite des Keilbeins. Der Hypophysenhinterlappen unterteilt sich in einen Hypophysenstiel und einen Neurallappen.

Das Gewebe der Neurohypophyse besteht zum einen aus Axonen, also aus Nervenfasern, und zum anderen aus Pituizyten. Pituizyten sind spezielle Stützgewebezellen, die die Freisetzung der Hormone aus dem Hypophysenhinterlappen beeinflussen. Über den Hypophysenstiel (Infundibulum) ist die Neurohypophyse mit dem Hypothalamus verbunden.

In der Nähe des Hypophysenstiels befindet sich auch die sogenannte Eminentia mediana. Es handelt sich dabei um eine gefäßreiche Region, die eine wichtige Rolle bei der Freisetzung der Regulationshormone des Hypothalamus spielt. Sie bildet den Schnittpunkt zwischen Nerven- und Hormonsystem.

Über den Tractus hypothalamopysialis, eine Nervenfaserbahn, die durch den Hypophysenstiel zieht, gelangen die Sekrete des Hypothalamus gebunden an Trägereiweiße zur Neurohypophyse. Hier werden sie im Neurallappen gespeichert, bei Bedarf von ihrem Transporteiweiß abgespalten und ins Blut ausgeschüttet.

Funktion

Die Neurohypophyse dient als Speicher- und Transportmedium für die Hormone des Hypothalamus. Beide Hormone werden im Hypothalamus zu Transportzwecken zunächst an sogenannte Neurophysine gebunden. Im Hypophysenhinterlappen erfolgt die Speicherung der Hormone im Verbund mit den Neurophysinen. Besteht nun ein Bedarf an einem der beiden Hormone, sorgen die Pituizyten der Neurohypophyse für die Abspaltung der Neurophysine und veranlassen damit die Freisetzung der benötigten Hormone.

Das antidiuretische Hormon, auch als Vasopressin oder Adiuretin bekannt, ist an der Regulation des Wasserhaushalts beteiligt. ADH besitzt eine antidiuretische Wirkung, das heißt, es fördert die Wasserrückresorption an der Niere. Zudem führt das Hormon an den arteriellen Gefäßen zu einer Verengung derselben. Man spricht hier auch von einer Vasokonstriktion.

Durch die Wasserrückresorption und die Vasokonstruktion sorgt Adiuretin für eine Steigerung des Blutdrucks. Gemeinsam mit anderen Hormonen wie Aldosteron oder Angiotensin II hat ADH auch einen Einfluss auf das Trinkverhalten.

Oxytocin ist auch als Bindungshormon bekannt. Es beeinflusst die Bindung zwischen Mutter und Kind, zwischen Geschlechtspartnern und hat auch einen Einfluss auf normale soziale Interaktionen. Die Forschung bescheinigt einen Zusammenhang zwischen Oxytocin und Gefühlen wie Liebe, Ruhe und Vertrauen. Zudem wurde dem Hormon eine luststeigernde Wirkung nachgewiesen. Nach dem Orgasmus bewirkt Oxytocin angenehme Müdigkeit und Entspannung. Vor allem bei angenehmen Berührungen wie Streicheln, Umarmungen oder Massagen wird vermehrt Oxytocin ausgeschüttet.

Während der Geburt bewirkt Oxytocin eine Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur und löst damit Wehen aus. Oxytocin wird im Rahmen der Geburtshilfe auch als Wehentropf eingesetzt. Nach der Geburt sorgt Oxytocin für die Nachwehen. Diese sind wichtig um Nachblutungen zu vermeiden und fördern zudem die Rückbildung der Gebärmutter.

Des Weiteren stimuliert das Hormon gemeinsam mit Prolaktin die Milchbildung und die Milchentleerung. Oxytocin senkt den Blutdruck und den Cortisolspiegel. Auch Gewichtszunahme und Müdigkeit können durch Oxytocin hervorgerufen werden. Forschungen zeigen zudem, dass Oxytocin eine regulierende Wirkung bei bösartigen Gewebeneubildungen hat.


Erkrankungen

Erkrankungen der Neurohypophyse gehen meistens mit einer verminderten Freisetzung von Adiuretin einher. Zu Störungen in der Hormonregulation von Oxytocin kommt es eher selten. Hauptursache für Fehlregulationen der Neurohypophyse sind Tumore des Hypothalamus und der Hypophyse.

Aber auch Entzündungen oder Verletzungen am Hypophysenstiel können einen Adiuretinmangel bedingen. Ebenso kann die Hypophyse durch Schlaganfälle, Hirnblutungen oder Bestrahlungen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Der Adiuretinmangel führt zu vermehrtem Wasserverlust und somit zu einer erhöhten Urinmenge. Um den Wasserverlust über die Nieren auszugleichen, entsteht ein starkes Durstgefühl. Die betroffenen Patienten trinken mehrere Liter Wasser pro Tag, scheiden aber genau dieselbe Menge wieder aus. Urinmengen von zehn bis zwanzig Litern pro Tag sind bei dieser Erkrankung, dem Diabetes insipidus, keine Seltenheit.

Typische Symptome des Diabetes insipidus sind neben den hohen Urinmengen und dem vermehrten Durstgefühl Müdigkeit, trockene Haut und niedriger Blutdruck. Durch den ständigen Wasserverlust kommt es zudem zu Störungen im Elektrolythaushalt.

Insbesondere steigt die Natriumkonzentration im Blut an. Die Folge dieser Hypernatriämie sind Krampfanfälle, Koma und Desorientierung. Bei einem Mangel an ADH erhalten die Erkrankten eine synthetische Form des Hormons in Form von Tabletten, Injektionen oder auch als Nasenspray.

Quellen

  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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