Haarzelle
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Haarzellen sind Sinneszellen, die zur Gruppe der Mechanorezeptoren gehören. Sie wandeln mechanische Schallwellen in der Hörschnecke und mechanisch-physikalische Beschleunigungsreize in den Vestibularorganen in elektrische Nervenimpulse um, die sie an den Nervus vestibulocochlearis abgeben.
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Haarzellen: Winzige Sensoren in unseren Ohren
Haarzellen sind spezielle Sinneszellen, die sich im Innenohr befinden und eine wichtige Rolle beim Hören und Gleichgewicht spielen. Sie haben ihren Namen, weil sie kleine, haarähnliche Fortsätze auf ihrer Oberfläche tragen, die „Stereozilien“ genannt werden. Diese winzigen Härchen reagieren auf Schallwellen oder Bewegungen des Körpers.
Wenn wir etwas hören, gelangen Schallwellen über das Außenohr und das Mittelohr ins Innenohr. Dort bewegen sie eine Flüssigkeit in der sogenannten Cochlea, einem schneckenförmigen Organ. Diese Flüssigkeitsbewegung bringt die Stereozilien der Haarzellen in Schwingung. Die Haarzellen wandeln diese mechanischen Schwingungen in elektrische Signale um, die dann über den Hörnerv an das Gehirn weitergeleitet werden. So können wir Geräusche wahrnehmen und verstehen.
Neben dem Hören sind Haarzellen auch für unser Gleichgewicht wichtig. Im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs registrieren sie Bewegungen des Kopfes und helfen uns dabei, das Gleichgewicht zu halten.
Leider sind Haarzellen sehr empfindlich und können durch laute Geräusche oder Alterung beschädigt werden. Einmal zerstört, können sie sich beim Menschen nicht regenerieren, was zu dauerhaften Hörschäden oder Schwindel führen kann. Daher ist es wichtig, unsere Ohren vor lauten Geräuschen zu schützen, um die Haarzellen zu erhalten.
Definition
Haarzellen sind in der Lage, mechanisch-physikalische Reize in elektrische Impulse umzuwandeln und werden deshalb als Sinneszellen zu der Gruppe der Mechanorezeptoren gezählt. Die Sinneshärchen – Stereozilien, Stereovilli und bei den Haarzellen der Vestibularorgane je eine Kinozilie – bestehen aus Mikrofilamenten, einer im Körper häufig verwendeten Proteinstruktur.
Die Umwandlung von mechanisch-physikalischen Reizen geschieht über das Abbiegen der Sinneshärchen, die je nach Richtung der Abbiegung Kalium-Ionenkanäle weiter öffnen oder schließen und die Zelle durch den Einstrom positiver Kalium-Ionen depolarisieren können.
Anatomie
Haarzellen bestehen aus dem Zellkörper (Soma), dem Zellkern und den Sinneshärchen, die sich am oberen Ende der Zelle befinden. Bei den Haarzellen in den Gleichgewichtsorganen setzen sich die Sinneshärchen aus einer Kinozilie und mehreren Mikrovilli zusammen.
Bei den Haarzellen in der Cochlea bilden sich die Kinozilien beim Menschen direkt im Anschluss an die Geburt wieder zurück, so dass nur Mikrovilli vorhanden sind. Die Mikrovilli sind in diesem Fall an ihren Spitzen über sogenannten Tip-Links miteinander verbunden.
Die Haarzellen in den Organen des Vestibularapparates verfügen jeweils über mehrere Mikrovilli, die nicht über Tip-Links miteinander verbunden sind und über eine Kinozilie, der eine Hauptaufgabe bei der Übersetzung mechanischer Impulse in nervliche Aktionspotenziale zukommt.
Bei den Haarzellen in der Cochlea muss zwischen inneren und äußeren Haarzellen unterschieden werden. Beide Typen der Haarzellen sind ähnlich aufgebaut und befinden sich im Corti-Organ in der Cochlea. Die beiden Typen von Haarzellen unterscheiden sich hauptsächlich über ihre nervliche Anbindung an den Nervus vestibulocochlearis.
Die inneren Haarzellen verfügen hauptsächlich über afferente Fasern zur Meldung ihrer empfangenen Schallreize, während die äußeren Haarzellen über efferente Fasern verbunden sind, also auch Meldungen aus dem ZNS empfangen können.
Funktion
Die Hauptaufgabe der Haarzellen im Innenohr in der Cochlea im Corti-Organ und in den Vestibularorganen besteht darin, mechanische Schwingungen in elektrische Nervenimpulse umzuwandeln, die über den Nervus vestibulocochlearis an das ZNS weitergeleitet werden.
Gleichzeitig fungieren die äußeren Haarzellen in der Cochlea als Empfänger von Informationen und „Anweisungen“ vom ZNS. Während die inneren Haarzellen hauptsächlich zur Meldung der „übersetzten“ Hörimpulse über afferente Fasern mit dem Nervus vestibulocochlearis verbunden sind, verfügen die äußeren Haarzellen auch über eine Vielzahl efferenter Fasern, über die Meldungen vom ZNS an die Haarzellen gelangen.
Die äußeren Haarzellen können ihr Funktionsprinzip umkehren. Sie wandeln die elektrischen Impulse unter Energieaufwand in mechanisch-motorische Bewegung um und fungieren als eine Art selektiver Verstärker für bestimmte Geräusche oder Töne.
Die afferenten Nervenfasern der Haarzellen in den Vestibularorganen laufen ebenfalls im Nervus vestibulocochlearis zusammen und verzweigen sich später wieder, weil eine sehr komplexe Verschaltung mit anderen Gehirnkernen und Hirnzentren sowie zu den Augenmuskeln besteht, um beschleunigungsabhängige Reflexe wie den vestibulären Augenreflex auslösen und steuern zu können.
Erkrankungen
Symptome, die auf eine funktionelle Störung der Haarzellen hindeuten, können im Falle des Hörens auch auf einer Störung der vorgelagerten „mechanischen Stufe“ beruhen. Der oder die äußeren Gehörgänge können durch Fremdkörper blockiert oder das Trommelfell beschädigt sein. Auch kann eine Mittelohrentzündung zu ähnlichen Hörproblemen führen wie Haarzellen, die in ihrer Funktion beeinträchtigt sind.
Beeinträchtigungen der Haarzellen selbst und/oder nachgeordneter Stellen, die die Nervenimpulse verarbeiten und zu virtuellem Hörempfinden oder zu gefühlten Beschleunigungsempfindungen verarbeiten, können durch Nervenentzündungen, durch benigne oder maligne Hirntumore oder durch Neurotoxine verursacht werden.
Die Beschwerden, die dadurch entstehen, werden wie eine Schwerhörigkeit empfunden oder es werden Geräusche oder Pfeiftöne wahrgenommen wie z. B. Tinnitus. Im Bereich des Gleichgewichtssinns können sich Schwindelgefühle, Drehschwindel, Lagerungsschwindel und andere unangenehme Bewegungsempfindungen einstellen mit Unwohlsein, das bis zum Erbrechen führen kann.
Schädigungen der Haarzellen: Ursachen, Symptome und Therapie
Haarzellen sind spezialisierte Zellen im Innenohr, die für die Umwandlung von Schallwellen in elektrische Signale verantwortlich sind, die dann vom Gehirn als Töne interpretiert werden. Es gibt zwei Arten von Haarzellen: innere Haarzellen, die für die eigentliche Schallwahrnehmung zuständig sind, und äußere Haarzellen, die die Empfindlichkeit des Gehörs anpassen. Schädigungen dieser Zellen können zu Hörverlust und Gleichgewichtsstörungen führen, da sie sich nicht regenerieren.
Ursachen
- Lärmbelastung: Häufigste Ursache. Laute Geräusche, wie sie bei Konzerten, durch Kopfhörer oder an lauten Arbeitsplätzen auftreten, können die Haarzellen irreversibel schädigen.
- Alterung (Presbyakusis): Mit zunehmendem Alter verlieren Haarzellen ihre Funktionstüchtigkeit.
- Ototoxische Substanzen: Bestimmte Medikamente (z. B. einige Antibiotika, Chemotherapeutika) und chemische Substanzen können die Haarzellen schädigen.
- Trauma: Schläge auf den Kopf oder direkte Verletzungen des Innenohrs.
- Genetische Faktoren: Einige Menschen haben eine erbliche Veranlagung zu empfindlicheren Haarzellen.
- Infektionen: Virale oder bakterielle Infektionen wie Meningitis oder Masern können das Innenohr schädigen.
- Krankheiten: Krankheiten wie Menière, Autoimmunerkrankungen oder Tumore im Ohrbereich können die Haarzellen beeinträchtigen.
Symptome und Verlauf
- Hörverlust: Schleichend oder plötzlich auftretender Verlust der Hörfähigkeit, oft erst bei hohen Frequenzen.
- Tinnitus: Ohrgeräusche, die als Rauschen, Pfeifen oder Summen wahrgenommen werden.
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen: Da Haarzellen auch für das Gleichgewicht zuständig sind, kann es zu Unsicherheiten beim Gehen oder Stehen kommen.
- Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen: Auch leise Geräusche können als unangenehm laut empfunden werden.
Der Verlauf der Schädigung hängt von der Ursache ab. Bei akuten Schädigungen, wie durch Lärm, kann der Hörverlust sofort auftreten, während er bei Alterung langsam voranschreitet.
Komplikationen
- Verschlechterung der Lebensqualität: Kommunikationsprobleme und soziale Isolation sind häufige Folgen.
- Berufliche Einschränkungen: Menschen, die auf gutes Gehör angewiesen sind, können berufliche Nachteile erfahren.
- Psychische Belastungen: Ständiger Tinnitus oder Hörverlust können zu Stress, Schlafstörungen und Depressionen führen.
Wann zum Arzt?
- Bei plötzlichem Hörverlust oder starken Ohrgeräuschen sofort einen HNO-Arzt aufsuchen.
- Wenn der Hörverlust schleichend fortschreitet oder Tinnitus und Schwindel auftreten.
- Bei Symptomen nach einer Lärmbelastung oder Einnahme ototoxischer Medikamente.
Diagnose
- Anamnese: Abklärung von Symptomen, Lärmbelastung und möglichen Medikamenten.
- Audiometrie: Hörtests zur Bestimmung des Hörverlusts.
- Otoakustische Emissionen (OAE): Test der Funktion der äußeren Haarzellen.
- Hirnstammaudiometrie (BERA): Überprüfung der Funktion der Hörbahn.
Behandlung
- Medikamentös: Kortison kann in akuten Fällen helfen, die Schädigung zu reduzieren.
- Hörgeräte: Kompensation des Hörverlusts durch Verstärkung des Schalls.
- Cochlea-Implantate: Bei schwerem Hörverlust, der nicht durch Hörgeräte ausgeglichen werden kann.
- Tinnitus-Therapie: Geräuschtherapie oder kognitive Verhaltenstherapie zur Linderung der Symptome.
- Gleichgewichtstraining: Bei Schwindel und Gleichgewichtsstörungen.
Prognose
Die Prognose hängt von der Ursache und Schwere der Schädigung ab. Während akute Lärmschäden oft irreversibel sind, können andere Ursachen behandelt oder gemildert werden. Hörgeräte und Cochlea-Implantate können die Lebensqualität verbessern, jedoch ist eine vollständige Wiederherstellung der Haarzellen nicht möglich.
Prävention
- Lärmschutz: Gehörschutz bei lauten Aktivitäten und in der Arbeit.
- Vermeidung ototoxischer Substanzen: Medikamente nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen.
- Regelmäßige Gehörtests: Besonders bei Lärmbelastung oder ab dem mittleren Lebensalter.
- Gesunder Lebensstil: Vermeidung von Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum, da diese die Durchblutung des Innenohrs beeinträchtigen können.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Zenner, H.P.: Praktische Therapie von Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Schattauer Verlag, 2008 3
- Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2013
- Trautmann, A.: Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 19. September 2024
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