Azidose (Übersäuerung)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einer Azidose liegt eine Störung des Säure-Basen-Haushalts vor, die zu einer Übersäuerung des Organismus führt. Eine Azidose ist allgemein auf Beeinträchtigungen des Stoffwechsels oder der Atmung zurückzuführen und kann in der Regel gut therapiert werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Azidose (Übersäuerung)?

Typische Anzeichen einer Azidose sind Atemnot und eine Blaufärbung der Lippen. Ein Arzt sollte aufgesucht werden.

Als Azidose wird eine Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts bezeichnet, die durch einen Abfall des arteriellen pH-Werts unter 7,36 gekennzeichnet ist. Im Normalfall liegt der pH-Wert im Blut zwischen 7,36 und 7,44.

Puffersysteme des Organismus gleichen über die Atmung (respiratorische Kompensation) oder Nierenausscheidung (renale Kompensation) den Säure-Basen-Haushalt aus, wenn dem Körper Säuren zugeführt werden oder diese als Stoffwechselprodukte vermehrt anfallen. Bei einer Azidose ist dieser Selbstregulierungsmechanismus gestört, so dass eine Übersäuerung des Organismus vorliegt.

Ursachen

Eine Azidose lässt sich nach metabolischen (stoffwechselbedingten) und respiratorischen (atmungsbedingten) Ursachen differenzieren.

Eine respiratorische Azidose ist durch einen Anstieg des arteriellen Kohlendioxid-Partialdrucks gekennzeichnet und kann auf eine eingeschränkte Atemaktivität (Hypoventilation) zurückgeführt werden, die eine verminderte Ausscheidung des sauren Kohlendioxids über die Atmung verursacht.

Eine Hypoventilation kann durch Lungenfunktionsstörungen wie Asthma bronchiale, Lungenfibrose oder ein Lungenemphysem verursacht werden. Rippenfrakturen und neuromuskuläre Erkrankungen können ebenfalls die körpereigene respiratorische Kompensationskapazität einschränken und zu einer Übersäuerung führen.

Eine metabolische Azidose kann zum einen mit einer vermehrten Zufuhr oder Bildung von Säuren (Additionsazidose) einhergehen. Ursachen einer Additionsazidose sind unter anderem Diabetes mellitus (diabetische Ketoazidose), übermäßige Muskelarbeit (Laktatazidose), Schocks oder Vergiftungen durch Methanol, Glykol oder Salicylate.

Zum anderen kann eine metabolische Übersäuerung auf eine Niereninsuffizienz zurückgehen, durch welche die Ausscheidung sauer Stoffwechselprodukte über die Nieren eingeschränkt ist (Retentionsazidose). Ferner können Diarrhoe oder Diuretika (harntreibende Medikamente) eine vermehrte Ausscheidung von Basen und somit eine Azidose (Subtraktionsazidose) bewirken.

Wann zum Arzt?

Eine Azidose (Übersäuerung) bringt zahlreiche gefährliche Symptome mit sich. Infolge einer Azidose entstehen zumeist Atemnot sowie blau gefärbte Lippen. Darüber hinaus sind Betroffene geschwächt und fühlen sich desorientiert. Eine Azidose macht sich überdies durch eine vermehrte Wasserausscheidung bemerkbar.

Je nachdem um welche Form der Übersäuerung es sich handelt, können Betroffene ebenso eine verstärkte Atmung wahrnehmen. Häufig riecht der Atem nach Aceton. Eine akute Azidose wirkt sich zumeist ebenso auf das Herz sowie auf die Blutgefäße aus. Bei diesen Anzeichen ist es stets ratsam, einen Mediziner zu konsultieren. Eine Übersäuerung verursacht vor allem im späteren Verlauf einen gesenkten Blutdruck, Herzrhythmusstörungen sowie eine schwere Bewusstlosigkeit. Bei Letzterem ist sofort ein Notarzt zu verständigen.

Scheinbar unbedeutende Symptome wie Abgeschlagenheit, Infektionsanfälligkeit sowie kräftige Kopfschmerzen können ebenso auf eine Azidose hinweisen. In einigen Fällen entstehen aufgrund einer Azidose Muskelschmerzen, Muskelkrämpfe sowie eine außergewöhnlich ausgeprägte Müdigkeit. Die Übersäuerung wird zumeist durch Sodbrennen begleitet. Bei den gesamten Symptomen ist stets ein Mediziner zu konsultieren.

Symptome und Verlauf

Die respiratorische Azidose geht in der Regel mit einer Hypoxie (verminderte Sauerstoffversorgung des Organismus) einher, die sich durch Atemnot und Zyanose (Blaufärbung von Lippen) anzeigt. Da über die renale Kompensation versucht wird, die überhöhte Säurekonzentration auszugleichen, ist eine vermehrte Wasserausscheidung feststellbar.

Bei einer metabolischen Azidose sind eine vertiefte (Kussmaulatmung) und beschleunigte Atmung (Hyperventilation) symptomatisch, da über ein vermehrtes Abatmen von Kohlendioxid das Säure-Basen-Ungleichgewicht kompensiert werden soll. Liegt einer metabolischen Azidose ein Diabetes mellitus zugrunde, weist der Atem des Betroffenen den charakteristischen Azetongeruch auf.

Im weiteren Verlauf führt eine Übersäuerung zu Tachykardie, Blutdruckabfall und schweren Bewusstseinsstörungen. Nicht therapiert kann Azidose langfristig unter anderem Osteoporose (Verminderung der Knochensubstanz und -struktur), koronare Herzkrankheiten, rheumatoide Arthritis sowie Arteriosklerose verursachen.

Diagnose

Eine akute Azidose wird mittels einer Blutgasanalyse, im Rahmen derer der arterielle pH-Wert sowie die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentration im Blut bestimmt werden, diagnostiziert. Zur Differenzialdiagnostik (Unterscheidung zwischen metabolischer und respiratorischer Übersäuerung) dienen die Bikarbonatwerte und der Kohlendioxid-Partialdruck (pCO2-Wert). So deutet ein erhöhter pCO2-Wert auf eine respiratorische und einer verminderter Bikarbonatwerte auf eine metabolische Azidose. Eine kompensierte Übersäuerung liegt vor, wenn der arterielle pH-Wert zwar im Normalbereich liegt, aber die übrigen Werte der Blutgasanalyse auf eine Störung der Pufferkapazität hinweisen. Zur Diagnose einer chronischen Azidose wird der pH-Wert des Urins anhand eines Teststreifens bestimmt.

Behandlung und Therapie

Bei einer Azidose zielen Therapiemaßnahmen zum einen auf die Kompensation des akuten Säureüberschusses (symptomatische Therapie) und zum anderen auf die Behandlung der zugrundeliegenden Ursachen bzw. Grunderkrankungen (z.B. kausale Behandlung des entgleisten Diabetes mellitus). Bei einer respiratorischen Azidose konzentriert sich die Therapie auf die Beseitigung der Ursachen für die Atemstörung sowie auf eine Steigerung der Ventilation (Atmung).

Bei akuter respiratorischer Azidose kann unter Umständen eine kontrollierte Beatmung erforderlich werden.

Bei Vorliegen einer respiratorischen Übersäuerung, die auf chronische Ventilationsstörungen zurückgeht, kommen Bronchospasmolytika, die zur Weitung der Bronchien eingesetzt werden, und/oder eine Sekretolyse-Therapie, die der Abtragung von zähem Bronchialschleim dient, infrage.

Liegt eine akute metabolische Azidose vor (Übersäuerung durch zu geringe CO2-Abatmung), werden Puffersubstanzen (Natriumbikarbonatlösung, Tris-Puffer) zur teilweisen Korrektur der Übersäuerung infundiert (mittels Infusion), die die Pufferkapazität des Körpers erhöhen. Bei zu starker Korrektur besteht allerdings die Gefahr einer Alkalose (Anstieg des ph-Werts im Blut).

Bei einer metabolischen Übersäuerung, die von einem Diabetes mellitus ausgeht (diabetische Ketoazidose), wird oftmals von Bikarbonaten abgesehen und versucht, das Säure-Basen-Ungleichgewicht im Rahmen einer Insulin-Therapie zu kompensieren.

Liegt einer metabolischen Azidose eine chronische Niereninsuffizienz zugrunde, kann eine Dialyse erforderlich werden.

Bei Vorliegen einer latenten metabolischen Azidose, bei welcher sich der arterielle pH-Wert im leicht sauren Normalbereich befindet, wird in der Regel eine Bikarbonatsubstitution (Bikarbonat-Infusion) empfohlen, wodurch mehr CO2 über die Lunge abgegeben werden kann.

Darüber hinaus sollte bei einer vorliegenden Übersäuerung die Flüssigkeitszufuhr erhöht und bei einer latenten Azidose von den Betroffenen gegebenenfalls eine Ernährungsumstellung in Erwägung gezogen werden.

Vorbeugung

Einer Azidose kann vorgebeugt werden, wenn Grunderkrankungen, die zu einer Übersäuerung führen können, wie Asthma bronchiale und weitere Lungenfunktionsstörungen sowie Diabetes mellitus und chronische Niereninsuffizienz frühzeitig diagnostiziert und konsequent therapiert werden. Ferner kann durch eine ausgewogene Ernährung, eine ausreichende Bewegung und Flüssigkeitszufuhr sowie einen Verzicht auf übermäßigen Alkohol- und Nikotinkonsum einer Azidose vorgebeugt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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