Anlaufschmerz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Begriff Anlaufschmerz wird in der Medizin ein bestimmter Gelenkschmerz verstanden. Typisch ist das Auftreten des Anlaufschmerzes beim morgendlichen Aufstehen aus dem Bett, beim Loslaufen und nach längerem Sitzen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Anlaufschmerz?

Kommt es beim Loslaufen zu Schmerzen in den Gelenken, die nach etwas Bewegung wieder verschwinden, dann wird vom Anlaufschmerz gesprochen.

Der Anlaufschmerz ist definiert als eine Schmerzform, welche am Anfang von Bewegungsabläufen auftreten kann. In der Orthopädie handelt es sich beim Anlaufschmerz um ein sogenanntes Leitsymptom, welches gewisse diagnostische Rückschlüsse zulässt.

Jede degenerative Gelenkerkrankung kann zum Anlaufschmerz führen. Die Betroffenen kennen dieses individuelle Schmerzbild meist sehr genau und können dem Arzt genau schildern, in welcher Situation oder bei welchen Bewegungsabläufen ein Anlaufschmerz auftritt.

Häufig liegt dem Anlaufschmerz ein nachweisbares pathologisches Geschehen im Sinne einer Arthrose oder Arthritis zugrunde. Der Anlaufschmerz wird als spezieller Gelenkschmerz auch als Loslaufschmerz bezeichnet. Denn der typische Schmerzcharakter beinhaltet, dass sich die Beschwerden bei den meisten Patienten im weiteren Verlauf einer körperlichen Aktivität wieder bessern. Nicht selten verschwindet der Anlaufschmerz auch völlig, um dann am Folgetag wieder in unverminderter Härte aufzutreten.

Ursachen

Obwohl dem Loslaufschmerz als pathologisches Substrat stets eine arthrotische Gelenkveränderung zugrunde liegt, ist der genaue Mechanismus seiner Entstehung bis heute ungeklärt. Vor allem das von den meisten Patienten geschilderte Verschwinden des Schmerzes bei körperlicher Aktivität kann noch nicht erklärt werden.

Als feststehende Ursache für jede Form des Anlaufschmerzes gilt der Gelenkverschleiß, die Arthrose. Der Abnutzung, also Degeneration des Gelenkknorpels liegt eine dauerhafte Überlastung zugrunde. Die Arthrose kann aber auch Ausdruck angeborener Fehlstellungen sein. Überwiegend tritt der Loslaufschmerz aber bei älteren Menschen auf. Hier zeigt sich der Anlaufschmerz meist in Form einer Arthrose der Hüft- oder Kniegelenke.

Weil Menschen heute im Durchschnitt viel älter werden, als noch vor 100 Jahren, nehmen auch altersbedingte degenerative Erkrankungen und damit auch der Anlaufschmerz zu. Ursache einer Arthrose und des damit verbundenen Anlaufschmerzes kann aber auch der Leistungssport sein. Schon nach wenigen Marathonläufen auf hartem Asphalt können sich schwere Knorpelschädigungen noch Jahre später als Anlaufschmerz bemerkbar machen. Der Anlaufschmerz wird als Leitsymptom einer Arthose zu den rheumatischen Krankheitsbildern gezählt.

Krankheiten

Wann zum Arzt?

Bei einem Anlaufschmerz empfiehlt es sich, möglichst rechtzeitig einen Arzt zu konsultieren. Der Prozess der Beschwerden stellt sich bei vielen Menschen schleichend ein und wird daher in seiner Gesamtwirkung und dem weiteren Krankheitsverlauf unterschätzt. Der Anlaufschmerz tritt nur zu Beginn einer Bewegung auf. Dies wird fälschlicherweise oft von den Betroffenen als eine altersbedingte Erscheinung eingestuft, die sie nicht näher untersuchen lassen. In vielen Fällen vergisst der Betroffene das Schmerzerleben nach kurzer Zeit wieder und widmet sich anderen Dingen zu.

Das Übergehen der Beschwerden kann zu einer fatalen Fehleinschätzung mit entsprechenden Folgen führen. Der Anlaufschmerz weist auf einen Verschleiß der Gelenke und Knochen hin. Der Verschleiß wird sich nicht mehr selbstständig regenerieren. Er gilt als irreparabel und nimmt über die Zeit von mehreren Wochen, Monaten und Jahren stetig zu. Je fortgeschrittener das Stadium ist, desto weniger Behandlungsmöglichkeiten und Erfolge bei der Genesung sind vorhanden. Insbesondere für junge Menschen ist es ratsam, bei einem Anlaufschmerz möglichst frühzeitig einen Arzt aufzusuchen.

Treten im weiteren Krankheitsverlauf zusätzlich Störungen wie Verspannungen oder Probleme der Motorik wie Gangunsicherheiten oder Fehlhaltungen auf, müssen Korrekturen vorgenommen und medizinische Maßnahmen ergriffen werden. Es kann zu dauerhaften Schäden kommen, die eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität nach sich ziehen.

Diagnose und Verlauf

Die Verdachtsdiagnose eines Anlaufschmerzes kann in der Arztpraxis oft schon anhand der recht eindeutigen Symptomschilderung eines Patienten erfolgen. Zur weiteren diagnostischen Abklärung dienen bildgebende Verfahren wie Röntgen und MRT, außerdem Gelenkspiegelungen. Da es sich bei jeder Form der Arthrose um eine stetig fortschreitende Krankheit handelt, nimmt auch das Leitsymptom des Loslaufschmerzes immer weiter an Intensität und Zeitdauer zu.

Von Anlaufschmerz betroffene Gelenke.

Bei entsprechender Gelenk- und Knorpelschädigung verläuft der Anlaufschmerz also chronisch-progredient. Am Krankheitsbeginn ist der Anlaufschmerz aber durchaus auch ein Frühsymptom, das von den Patienten oft weiter gar nicht beachtet wird, weil es schon Sekunden nach seinem Auftreten wieder vollständig verschwinden kann. Es wird angenommen, dass im Gelenk sich verteilende Gelenkschmiere anfangs schmerzende Knorpelschäden bei weiterer Bewegung noch abdämpfen kann. Schon in der nächsten Pause kann das Gelenk dann aber schon wieder wehtun. Mit der Zeit kann ein Loslaufschmerz auch durch muskuläre Verkrampfungen in einen Dauerschmerz übergehen. Erst an diesem Punkt suchen dann die meisten Patienten einen Arzt auf.

Komplikationen

Anlaufschmerzen können zu einer lebenslangen Beeinträchtigung für den Patienten werden. Da bei dieser Erkrankung die Mobilität des Betroffenen eingeschränkt wird, führt der Anlaufschmerz anfänglich zu einer Verschlechterung der Stimmung und des Wohlbefindens. Im weiteren Verlauf können auch Konflikte innerhalb des sozialen oder beruflichen Umfeldes auftreten. Der Betroffene geht meist zu einem Schonungsverhalten und Rückzug über. Je nach der Berufswahl kann der Anlaufschmerz bei einem chronischen Verlauf zu einem Verlust des Arbeitsplatzes führen.

Sportliche Aktivitäten müssen umgestellt oder eingeschränkt werden. Im näheren sozialen Umfeld kann es zu Problemen kommen, da die Erfüllung von Aufgaben und Pflichten von dem Betroffenen nicht übernommen werden kann. Entscheidet sich der Patient für die Einnahme von Medikamenten, so ist mit Nebenwirkungen zu rechnen. Üblicherweise sind Magenschmerzen oder die Gefahr einer Abhängigkeit zu berücksichtigen.

Handelt sich bei dem Anlaufschmerz um vorübergehende Entzündungserscheinungen, so sind meist keine weiteren Komplikationen zu erwarten. Sofern es jedoch eine chronische Ursache, wie die Arthrose gibt, wird der Betroffene seinen Lebensablauf umstellen müssen. Er wird sich dann therapeutischen Maßnahmen oder einem operativen Eingriff zuwenden. Je nach dem Lebensalter und den Lebensumständen des Betroffenen kann er den Anlaufschmerz als normal oder besonders belastend einstufen. Letzteres kann zu weiteren psychischen Erkrankungen, wie einer Depression führen.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung des Anlaufschmerzes richtet sich zunächst nach der zugrunde liegenden Ursache, nämlich der Arthose, der aktivierten Arthrose oder der Arthritis. Je nach Ausprägungsgrad und Schmerzcharakter ist in vielen Fällen auch eine Schmerztherapie zur Linderung des Anlaufschmerzes erforderlich. Jede Therapie zielt ab auf Gelenkentlastung sowie eine Stärkung der Gelenkstabilität und der umgebenden Muskulatur.

Es muss therapeutisch alles versucht werden, um dem Prozess des weiter voranschreitenden Gelenkverschleißes entgegenzuwirken. Neben dem Abbau von Übergewicht haben sich Kältetherapien, Physiotherapie und Massagen bewährt. Inaktivität hat sich bei jeder Form der Arthose als nicht zielführend im Sinne einer Schmerzlinderung herausgestellt.

Vielmehr ist jede Form der sanften Bewegung zu empfehlen, es sollten allerdings Sportarten ohne Stoßbelastung, wie beispielsweise Schwimmen oder Radfahren, gewählt werden. Gehstöcke oder Schuheinlagen haben als orthopädische Hilfsmittel ebenfalls das Potenzial, die Beschwerden eines Anlaufschmerzes deutlich abzumildern.

Ohne die Mitarbeit des Patienten geht es jedoch nicht, schlussendlich muss dieser im Laufe der Zeit selbst herausarbeiten, welche therapeutische Maßnahmen gegen den Anlaufschmerz am besten helfen.

In der Schmerztherapie werden zur Linderung der Schmerzen oft sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika, vor allem die Wirkstoffe Etoricoxib und Ibuprofen, verordnet.

Bei Dauergebrauch können allerdings schwere Nebenwirkungen durch die Schädigung der Magenschleimhaut auftreten. Intraartikuläre Injektionen mit Hyaluronsäure konnten in vielen Fällen der Kniegelenksarthose einen Anlaufschmerz ebenfalls mildern. Am Ende aller konservativ-therapeutischen Bemühungen kann auch der Gelenkersatz als operativer Eingriff stehen.


Aussicht und Prognose

Die Prognose des Anlaufschmerzes ist Abhängigkeit von der Ursache und der Behandlung zu betrachten. Unbehandelt ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Schmerzen dauerhaft verschwinden. Bei den kleinsten Anzeichen sollten Betroffene Entlastungsmaßnahmen oder Massagen in Anspruch nehmen. Dies kann bereits zu einer dauerhaften Linderung führen. Handelt es sich um eine Fehlhaltung oder falsche Belastung im Bewegungsablauf können Krankengymnastik und Sport helfen. Auf diesem Weg kann eine dauerhafte Heilung erfolgen.

Basiert der Anlaufschmerz auf einer Muskelschwäche, so kann auch diese Ursache durch gezieltes Muskeltraining behoben oder wenigstens gelindert werden. Sobald sich der Anlaufschmerz aufgrund einer chronischen Erkrankung einstellt, ist damit zu rechnen, dass die Schmerzen zwar durch die Gabe von Medikamenten gelindert, aber nicht beseitigt werden können. Die Medikamente gehen auf das aktuelle Schmerzempfinden ein. Zu berücksichtigen sind dabei weitere Nebenwirkungen, wie die Beschädigung der Magenschleimhaut oder die Abhängigkeit von den Präparaten.

Sobald die Medikamentenzufuhr beendet wird, kommt es erneut zu Schmerzen und Beeinträchtigungen. Der Anlaufschmerz ist dann wie gehabt vorhanden. Eine dauerhafte Linderung ist bei einem chronischen Schmerz meist nur über einen operativen Eingriff zu erzielen. Dieser ist mit den üblichen Risiken und Nebenwirkungen eines chirurgischen Eingriffs verbunden. Anschließend benötigt der Patient Therapien wie Krankengymnastik oder einen Aufenthalt in einer Reha-Klinik.

Vorbeugung

Schon im Säuglingsalter können mit einem Hüftultraschall angeborene Fehlstellungen aufgedeckt werden. Auch bei Heranwachsenden sollte darauf geachtet werden, dass sich keine Fehlstellungen, beispielsweise als X- oder O-Beine, einschleichen. Einseitige und eintönige Gelenkbelastungen gilt es auch im Leistungssport zu vermeiden. Ansonsten könnten die Gelenke dauerhaft und irreversibel geschädigt werden. Als gelenkschonende Sportarten eignen sich Radfahren, Schwimmen oder Joggen auf Moor- und Waldwegen statt auf Asphalt.

Quellen

  • Rüther, W. & Lohmann, C.H.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Urban & Fischer, 20. Auflage, 2014
  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
  • Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. August 2024

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