Physiotherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. Dezember 2018
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Physiotherapie umfasst Behandlungsmaßnahmen bei Beschwerden am Bewegungsapparat. In Deutschland war sie in früheren Jahren auch als Krankengymnastik bekannt. Für die Durchführung einer Physiotherapie verantwortlich sind Physiotherapeuten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Physiotherpie?

Die Bezeichnung Physiotherapie entstammt den griechischen Begriffen „Physis“ (Körper) und „Therapeia“ (Heilung oder Pflege). Der Begriff kann auch „dem Natürlichen dienen“ bedeuten. Bis 1994 wurde die Physiotherapie in Deutschland Krankengymnastik genannt. Seit einer Änderung des Berufsrechts ist die Bezeichnung Physiotherapie auch hierzulande gebräuchlich, wenngleich im Alltag noch immer häufig von Krankengymnastik die Rede ist.

Die Physiotherapie befasst sich mit der Funktions- und Bewegungstüchtigkeit des menschlichen Körpers. Durch das Ausführen von aktiven oder passiven Bewegungen werden körperliche Verletzungen, Erkrankungen und sonstige Beeinträchtigungen behandelt. Dabei führt der Patient die aktiven Bewegungen selbstständig aus. Bei den passiven Bewegungsformen kommen verschiedene Hilfs- und Heilmittel zum Einsatz. Durch die Maßnahmen lassen sich Bewegung und Funktionen des Organismus bessern oder wiederherstellen.

Übungen mit dem Gymnastik- bzw. Physioband. Die Physiotherapie beinhaltet aktive und passive Therapieformen.

Ziele und Funktion

Bei der Physiotherapie handelt es sich um eine Behandlungsmaßnahme, die vom Arzt verordnet wird. Sie kann eine sinnvolle Ergänzung zu medikamentösen oder operativen Therapien bilden. Sie umfasst in erster Linie krankengymnastische Übungen, Massagen, physikalische Maßnahmen sowie manuelle Lymphdrainagen. Ihre Durchführung erfolgt sowohl ambulant in der Praxis eines Physiotherapeuten als auch stationär in einer Klinik.

Eine weitere Option stellt die mobile Physiotherapie dar, in deren Rahmen der Patient vom Therapeuten aufgesucht wird. Das hat den Vorteil, dass der Patient die Übungen in seinen eigenen vier Wänden durchführen kann. Mitunter sind die Betroffenen auch stark in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.

Die Physiotherapie beinhaltet zudem einige Spezialformen. Dazu gehören die Physiotherapie nach Bobath, die bei neurologischen Funktionsstörungen zur Anwendung gelangt, die Sportphysiotherapie, die sich mit Training und Betreuung von Sportlern befasst, die CMD-Physiotherapie bei Störungen der Kaufunktionen, die Physiotherapie nach Schroth bei Verformungen der Wirbelsäule, sowie die Physiotherapie nach Vojta, die mit gezieltem Druck arbeitet. Weitere Physiotherapieformen sind die Rückenschule und das Rückentraining, die speziell gegen Rückenbeschwerden vorgehen.

Anwendungsgebiete

Die Anwendungsgebiete der Physiotherapie sind sehr umfangreich. Sie erstrecken sich von der Orthopädie über die Neurologie bis hin zur psychiatrischen Behandlung. Sie alle haben miteinander gemeinsam, dass sie gegen akute oder chronische Beschwerden vorgehen. Am häufigsten greift die Orthopädie auf physiotherapeutische Maßnahmen zurück.

Als typische Indikationen gelten Rückenschmerzen, Gelenkverschleiß wie Arthrose, Bänder-, Muskel- und Sehnenverletzungen, Knochenfrakturen, Operationen an den Gelenken und der Wirbelsäule, rheumatoide Arthritis sowie Amputationen von Gliedmaßen.

Auch in der Neurologie spielt die Physiotherapie eine bedeutende Rolle. So helfen Verfahren wie die Vojta-Methode oder die Bobath-Methode dabei, alltägliche Fähigkeiten wie Greifen, Stehen und Gehen zu erhalten. Liegt ein Schlaganfall oder ein Schädel-Hirn-Trauma vor, lassen sich die motorischen Fähigkeiten durch Krankengymnastik weitgehend wiederherstellen. Die Kinderheilkunde (Pädiatrie) setzt auf physiotherapeutische Maßnahmen bei Kindern, die unter körperlichen oder geistigen Fehlentwicklungen leiden, sodass sie die Bewegungen ihres Körpers besser koordinieren können. Die Innere Medizin wendet die Physiotherapie bei Atemwegserkrankungen wie COPD, Asthma bronchiale und Mukoviszidose an. Dabei erlernen Patienten zum Beispiel hilfreiche Atemtechniken. Als sinnvoll gelten physiotherapeutische Maßnahmen außerdem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Inkontinenz.

Sogar in der Psychiatrie ist die Physiotherapie von Wichtigkeit. So verhilft sie den Patienten zu mehr Bewegungsfreiheit, was ihnen eine aktivere Gestaltung ihres Alltags ermöglicht.

Grundsätzliches Ziel der Physiotherapie ist es, die Funktions- und Bewegungsfreiheit der Patienten zu bessern. Zu diesem Zweck werden bestimmte Nah- und Fernziele festgelegt, die sich u. a. nach der Erkrankung und dem Lebensalter der Betroffenen richten. Um diese Ziele zu erreichen, gelangen verschiedene natürliche physikalische Impulse wie Druck, Kälte, Wärme, Elektrizität oder Strahlung zur Anwendung. Darüber hinaus werden die Leistung der Muskeln und deren Aufbau gefördert. Am Ende der Physiotherapie soll der Patient schmerzfrei sein oder weniger Schmerzen haben.

Sinnvoll kann eine Physiotherapie zudem sein, um die Beweglichkeit des Patienten nach Knochenbrüchen zu verbessern, motorische Störungen zu behandeln oder um ältere Menschen in ihren Bewegungen zu trainieren. Weitere Einsatzfelder sind Trainings nach inneren Erkrankungen, Beckenbodengymnastik für Frauen und Schwangerschaftsgymnastik. Ebenso kommt die Physiotherapie im Wellnessbereich zur Anwendung.

Typische Krankheitsbilder, die eine Krankengymnastik (Physiotherapie) notwendig machen:

Wie findet man einen guten Physiotherapeuten?

Was der Patient vor einer Physiotherapie beachten muss, ist überaus unterschiedlich und hängt von den jeweiligen Ursachen seiner Beschwerden ab. Wichtig ist jedoch, einen geeigneten Physiotherapeuten zu finden, der die verordneten Maßnahmen korrekt durchführt. Erkennen lässt sich ein guter Therapeut daran, dass er sich Zeit für einen ausführlichen Befund nimmt und sich nach der Lebensweise seines Patienten erkundigt. Den Ablauf der Therapie bespricht er zusammen mit dem Patienten und dem Arzt. Bei Bedarf sollte er dem Patienten auch Übungen für Zuhause auftragen, die dieser selbstständig vornehmen kann.

Bessern sich die Beschwerden trotz der Physiotherapie nicht, ist es ratsam, sich an einen anderen Krankengymnasten zu wenden. Als Hinweise auf eine unzureichende Physiotherapie gelten sehr kurze Behandlungszeiten, lange Wartezeiten, kurzfristige Terminänderungen, der Verzicht auf einen Befund zu Beginn der Behandlung und das Ausüben von Therapiemaßnahmen, die nicht zugelassen sind.

Wie läuft eine Therapiesitzung ab?

Eine Physiotherapie findet nach einer ärztlichen Verordnung statt. Ihr Gebrauch ähnelt also dem Verschreiben eines Medikaments. Wie viele Therapiesitzungen nötig sind, hängt von Art und Ausmaß der Beschwerden ab.

Beim ersten Besuch des Physiotherapeuten befasst dieser sich in der Regel mit der Krankengeschichte des Patienten. Außerdem nimmt er eine gründliche Untersuchung vor. In deren Verlauf überprüft der Therapeut die Beweglichkeit des Körpers sowie die Muskelkraft. Ferner stellt er fest, an welchen Stellen die Schmerzen genau auftreten. Durch die verschiedenen Informationen kann der Physiotherapeut einen Behandlungsplan erstellen. Die individuellen Ziele, die es zu erreichen gilt, werden mit dem Patienten besprochen.

Im Verlauf der Behandlung führt der Patient entweder aktive, passive oder assistierte Übungen durch. Um passive Übungen handelt es sich, wenn die Gelenke des Patienten vom Physiotherapeuten bewegt werden, ohne dass eine Mitarbeit der Muskeln erfolgt. Auf diese Weise lässt sich die Durchblutung fördern und die Beweglichkeit verbessern. Außerdem ist das Verhindern von Versteifungen möglich. Aktive physiotherapeutische Behandlungen führt der Patient selbst durch, ohne dass dabei eine Mithilfe des Therapeuten stattfindet. Dieser beschränkt sich auf Kontrolle und eventuelle Korrekturen.

Der Patient kann mit unterschiedlichen Geräten, gegen den Widerstand von Wasser oder mit Muskelkraft arbeiten. Viele dieser Übungen lassen sich auch in den eigenen vier Wänden durchführen.

Bei Übungen, die assistiert werden, wendet der Patient selbst Muskelkraft auf. Der Physiotherapeut oder spezielle Geräte unterstützen ihn dabei. Mitunter finden die Übungen auch im Wasser statt, um den Auftrieb als Hilfskraft zu nutzen.

Die Physiotherapie setzt unterschiedliche Werkzeuge und Materialien zu Behandlungszwecken ein. Dazu gehören vor allem Gehhilfen, Bodenmatten, Seile, Bälle, Sandsäckchen, Stützmieder, Wickel, Massageöle und Infrarotstrahler.


Eigenleistung oder Krankenkasse - wer übernimmt die Kosten?

Wird die Physiotherapie von einem Arzt verordnet, erfolgt in der Regel die Übernahme der Behandlungskosten durch die gesetzlichen Krankenkassen. Dabei dürfen allerdings nicht mehr als sechs Anwendungen pro Jahr erfolgen. Bei zuzahlungspflichtigen Versicherten wird ein Eigenanteil fällig. Im Falle einer privaten Krankenversicherung trägt die Krankenkasse die Therapiekosten nach Einreichung der Rechnung. Dabei empfiehlt sich eine genaue Abklärung, welche Kosten von der privaten Krankenversicherung auch tatsächlich übernommen werden.

Zu den physiotherapeutischen Leistungen, die die gesetzliche Krankenkasse übernimmt, gehören krankengymnastische Übungen, die manuelle Therapie, um Gelenke zu mobilisieren, sowie die Therapie nach Bobath und Vojta. Gleiches gilt für Ergänzungsleistungen wie Massagen, Wärmepackungen, Lymphdrainagen und die Elektrotherapie.

Dagegen muss der Versicherte die Kosten für Präventionskurse der Physiotherapie wie beispielsweise eine Rückenschule selbst übernehmen. Allerdings besteht bei einigen Kassen eine Beteiligung an den Kursgebühren im Rahmen von Vorbeugeprogrammen.

Risiken, Gefahren und Komplikationen

Die Physiotherapie ist arm an Risken, sofern sie korrekt durchgeführt wird. Ist dies jedoch nicht der Fall, drohen Verletzungen, Entzündungen oder Hämatome (Blutergüsse). Bei Übungen, bei denen Schwindelgefühle behandelt werden, besteht das Risiko von Stürzen. Um die Gefahren zu vermindern, sollte der Physiotherapeut im Vorfeld einen sinnvollen individuellen Behandlungsplan für den Patienten erstellen.

Quellen

  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Berg, F.: Physiotherapie für alle Körpersysteme. Thieme Verlag. Stuttgart 2016.
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. Dezember 2018

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