Nervenzellen (Neuronen)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Nervenzellen bilden gemeinsam mit den Gliazellen das Nervengewebe des menschlichen Körpers. Sie finden sich vor allem im Rückenmark, im Gehirn und in den Nerven außerhalb des Gehirns, den sogenannten peripheren Nerven. Auch im enterischen Nervensystems des Darms gibt es zahlreiche Nervenzellen. Aufgabe der Nervenzellen ist die Reizaufnahme und die Erregungsweiterleitung.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Über Nervenzellen können Signale aufgenommen und weitergegeben werden.

Das Nervengewebe gehört zu den vier Grundgewebearten des Körpers. Im Körper erscheint das Nervengewebe rötlich bis weiß. Trotzdem spricht man nicht von der rosafarbenen und der weißen Substanz, sondern von der grauen und der weißen Substanz.

Der Grund ist, dass in Formalin präpariertes Nervengewebe gräulich erscheint. In der weißen Substanz finden sich überwiegen Gliazellen, die die Nervenleitungsbahnen ummanteln. Die graue Substanz besteht hingegen zum großen Teil aus Nervenzellen.

Anatomie

Nervenzellen bestehen aus einem Zellkörper, dem Zellsoma, und Zellfortsätzen. Diese Zellfortsätze bezeichnet man je nachdem in welche Richtung sie Erregung weiterleiten als Dendriten oder Axone. Bei den Dendriten handelt es sich um verzweigte Fortsätze des Nervensomas. Sie nehmen die elektrische Ladung mit ihren baumartigen Verzweigungen auf und leiten die Signale zum Zellkörper fort. Dendriten sind in der Regel eher kurz.

Axone können hingegen eine Länge von bis zu einem Meter erreichen. Die Fortsätze des Axons nehmen die elektrische Ladung des Zellkörpers auf und leiten sie vom Zellkörper weg. Das Axon teilt sich in viele Endverzweigungen auf und tritt über Synapsen mit anderen Zellen in Kontakt.

Synapsen sind Umschaltstellen, an denen verschiedene Zellen mit Nervenzellen verbunden sind. Über diese neuronale Verknüpfung werden Erregungen von einer auf die andere Nervenzelle übertragen. Auch eine Signalübertragung auf Zielzellen wie Sinneszellen, Muskelzellen oder Drüsenzellen ist mithilfe der Synapsen möglich. Für die neurochemische Übertragung der Erregung werden Neurotransmitter benötigt. Über sogenannte gap junctions kann die Erregung aber auch ohne Neurotransmitter übertragen werden.

Funktion

Aufgaben der Nervenzelle sind die Reizaufnahme, der Erregungsbildung, die Weiterleitung von Erregung und die Verarbeitung von aufgenommenen Reizen. Die Reizaufnahme erfolgt durch die Dendriten. Diese leiten die Erregung an den Zellkörper weiter.

Am sogenannten Axonhügel, also an der Stelle, an der der Zellkörper in das Axon übergeht, bewirkt die weitergeleitete Erregung eine Änderung des Membranpotentials. Dadurch wird ein Aktionspotential ausgelöst. Dieses wird über das Axon von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergeleitet.

Dieser Vorgang lässt sich mit einer Reihe Dominosteine vergleichen. Wird der erste Stein gekippt, so fallen auch alle nachfolgenden Steine. Dadurch wird die Erregung bis zum gewünschten Zielort weitergeleitet. Die Geschwindigkeit der Erregungsleitung wird von mehreren Faktoren bestimmt.

Zum einen spielt die Dicke des Axons eine Rolle. Je größer der Durchmesser, desto schneller werden die Aktionspotentiale weitergeleitet. Eine wichtige Rolle bei der Geschwindigkeit spielen auch die Myelinscheiden. Myelinscheiden werden von den Gliazellen des Nervengewebes gebildet und ummanteln die Axone. Dabei wirken sie wie eine Kabelisolierung. Zwischendurch sind die Myelinscheiden eingebuchtet. An diesen sogenannten Ranvierschen Schnürringen ist die Isolierung also unterbrochen.

Die Aktionspotentiale werden bei den myelinisierten Axonen nicht durchgehend weitergeleitet, sondern hüpfen von einem Schnürring zum nächsten Schnürring. Man spricht hier auch von einer saltatorischen Reizweiterleitung. Myelinisierte Nervenzellen erreichen bei der Erregungsweiterleitung Geschwindigkeiten von bis zu 120 Metern pro Sekunde.

Die einzelnen Nervenzellen sind in einem gigantischen Netzwerk miteinander verbunden. So können Reize und Erregungen quer durch den Körper von einer Körperachse zur anderen geschickt werden.


Erkrankungen

  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine unheilbare Erkrankung des Nervengewebes. Bei der Erkrankung werden die Motoneurone irreversibel und fortschreitend geschädigt. Motoneurone sind Nervenzellen, die Muskelbewegungen steuern. Durch diesen Verschleiß von Nervenzellen kommt es zu einer Schwäche der Muskeln mit Lähmungen und Muskelschwund. Auch Spastiken können auftreten. Die Betroffenen leiden unter Gangstörungen und durch die Beteiligung sämtlicher Muskeln auch unter Sprach- und Schluckstörungen.

Nach Diagnosestellung leben die Betroffenen in der Regel nicht länger als fünf Jahre. Die Lähmungen der Atemmuskulatur und die Schluckstörungen begünstigen die Entstehung von Lungenentzündung]en. Lungenentzündungen sind die deshalb die Haupttodesursache bei ALS.

Die Parkinson-Erkrankung wird verursacht durch den Untergang der dopaminproduzierenden Nervenzellen im Mittelhirn. Dopamin fungiert im Körper als Neurotransmitter. Ohne diesen Botenstoff können viele Funktionen im Körper nicht mehr aufrechterhalten werden. Charakteristische Symptome der Parkinsonschen Krankheit sind Bewegungsverlangsamung (Bradykinese), Bewegungslosigkeit (Akinese), Muskelzittern (Tremor) und Haltungsinstabilität.

Bei der Multiplen Sklerose sind nicht die Nervenzellen direkt, sondern die Gliazellen betroffen. Aus ungeklärter Ursache greifen bei der Multiplen Sklerose Immunzellen die Gliazellen der Markscheiden an. Dadurch kommt es zu Entzündungen und sogenannten Entmarkungen.

Die Folge ist eine gestörte Reizweiterleitung, sodass auch die Nervenzellen indirekt beeinträchtigt sind. Die Symptome der Erkrankung sind sehr vielschichtig. Es kann zu Sehstörungen, Missempfindungen, Schmerzen oder Bewegungsstörungen kommen. Die Multiple Sklerose ist zwar behandel- aber nicht heilbar.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021

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