Leistenzerrung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Leistenzerrung, Adduktorenzerrung oder Leistendehnung bezeichnet eine Verletzung der Adduktoren an der Innenseite der Oberschenkel. Häufig tritt diese Muskelüberdehnung als Folge einer plötzlichen Fehl- bzw. Überbelastung im Sport auf. Vor allem Sportarten, die von schnellen Richtungswechseln (z.B. Fußball) geprägt sind, treten diese Verletzungen auf.
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Was ist eine Leistenzerrung?
Bei einer Leistenzerrung handelt es sich um eine Zerrung verschiedener Muskeln und Sehnen im Bereich der Adduktoren (Innenseite der Oberschenkelmuskulatur). Diese Verletzung wird meist durch eine Überdehnung bzw. Überbeanspruchung der Muskulatur beim Sport verursacht.
Diese typische Sportverletzung tritt insbesondere beim Fußball, ebenso aber etwa auch beim Hürdensprint oder Skilaufen auf. Eine Leistenzerrung äußert sich oft durch ziehende Schmerzen, Druckgefühl und Krämpfe der betroffenen Region.
Ursachen
Dabei werden die Adduktoren oftmals über ihre Belastbarkeit hinaus gedehnt und das Muskelgewebe entsprechend gezerrt.
Insbesondere ein plötzliches und unkontrolliertes Spreizen der Beine (wie zum Beispiel bei einer Grätsche beim Fußball) führt zu Überdehnungen oder sogar Zerrungen des Muskelgewebes.
Zudem können lange Ausdauerbelastungen (z.B. Marathon) zu einer Überbeanspruchung der Adduktoren führen.
Vereinzelt sind es aber auch angeborene Fehlfunktionen und Fehlstellungen des Hüftgelenks sowie eine falsche Lauftechnik oder unsauber ausgeführte Gymnastikübungen, die eine Leistenzerrung verursachen.
Konkret kann der Arzt eine Leistenzerrung mittels Röntgenuntersuchungen und Beckenübersichtsaufnahmen diagnostizieren. Dabei kann der Facharzt auch den Schweregrad der Verletzung sowie eine eventuelle Hüftgelenksfehlstellung feststellen.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome einer Leistenzerrung:
- ziehende Schmerzen und Druckgefühl in der Leistenregion
- Leistenschmerzen bei Rotationsbewegungen
- Adduktorenkrämpfe (Muskelkrämpfe)
Abhängig vom Ausmaß der Leistenzerrung lässt sich die Verletzung in drei verschiedene Schweregrade unterteilen.
Leistzerrung 1. Grades
Bei einer Leistenzerrung ersten Grades (Überdehnung) treten die Schmerzen während oder nach dem Sport auf, begleitet von Krämpfen oder Spannungen im inneren Oberschenkelbereich. Trotz der leichteren Schmerzen ist jedoch sogar Lauftraining noch möglich.
Leistenzerrung 2. Grades
Bei Verletzungen zweiten Grades (Zerrung) treten starke Schmerzen auch bei Belastungen wie Gehen oder Laufen auf. Eine solche Zerrung geht oft einher mit Muskelfaserrissen.
Leistenzerrung 3. Grades
Die Adduktorenverletzung dritten Grades beschreibt eine ausgeprägte Zerrung mit Muskelfaserrissen, die sich in stechenden Schmerzen äußert. Bei einer solchen Verletzung wird das Laufen und Gehen aufgrund von Schmerzen stark eingeschränkt. Eine Leistenzerrung kann Einblutungen verursachen, somit entsteht in der Leistengegend oftmals ein Hämatom (blauer Fleck).
Der Verdacht auf eine Leistenzerrung liegt nahe, wenn beim Laufen Krämpfe oder Engegefühl auftreten. Drehbewegungen mit den Beinen sind in diesem Fall außerdem mit Schmerzen verbunden, ebenso das Abspreizen der Beine, welches nur eingeschränkt möglich ist.
Bei schwereren Fällen sind in der Leistengegend zudem Hämatome und Schwellungen zu sehen. Ausgeprägte Leistenzerrungen machen sich auch beim Gehen durch Schmerzen bemerkbar, während bei leichteren Leistenzerrungen die Beschwerden nur unter Belastung auftreten.
Wann zum Arzt?
Wenn die Leistenmuskeln gezerrt werden, treten charakteristische Symptome auf, bei denen Sie einen Arzt konsultieren sollten:
- Schwellung der Leistenzone an der Seite der Läsion;
- keine Möglichkeit, das Bein unabhängig von der Position zur Seite zu bewegen;
- Zunahme oder Abnahme des Muskeltonus;
- das Abtasten ist schmerzhaft (Tast- oder Berührungsschmerz);
- ein lokaler Temperaturanstieg von Muskelfasern oder -bändern;
- ein leichtes Knirschen beim Versuch, Bewegungen durchzuführen.
Bei Sportlern kann eine Zerrung der Leistenmuskulatur mit einem falschen Ansatz bei der Organisation des Trainings auftreten. Meistens ist der Grund das Fehlen einer Aufwärmphase und das Aufwärmen dieser Muskelgruppen. Sie sollten deshalb den Sportmediziner konsultieren.
Diagnose
Der Arzt, normalerweise ein Orthopäde oder Sportmediziner, stellt die Diagnose im Normalfall nach einer umfassenden körperlichen Untersuchung. Durch ein Gespräch mit dem Patienten, indem die Umstände der Beschwerden geklärt werden, und eine Prüfung von Leisten- und Oberschenkel-Funktion kann bereits eine erste Verdachtsdiagnose gestellt werden. Ultraschall-, Röntgen- oder Kernspin-Untersuchung festigen die Vermutung und geben Aufschluss über die Schwere der Zerrung und etwaige Begleitschäden. Eine umfassende Untersuchung via Kernspintomographie gibt außerdem Informationen zur Ursache preis und kann dem Arzt beispielsweise aufzeigen, ob ein Beckenschiefstand oder eine Hüftgelenkfehlstellung vorliegt.
Die Ultraschall-Untersuchung dient dazu, Form und Struktur des betroffenen Körperbereichs genau zu untersuchen. Dadurch können sowohl größere Zerrungen als auch kleine Verletzungen zuverlässig festgestellt werden. Um dem Schweregrad der Leistenzerrung zu ermitteln, muss der Mediziner den Patienten in der Regel auch auf einen Muskelfaserriss hin untersuchen.
Ob eine Zerrung mit oder ohne Muskelfaserriss vorliegt, hat entscheidenden Einfluss auf die Therapie und Prognose des Patienten. Darum werden meist weitere Untersuchungsmethoden hinzugezogen, um den Schaden in allen Details feststellen zu können. Im Patientengespräch wird unter anderem geklärt, seit wann die Beschwerden auftreten und wie intensiv etwaige Schmerzen und Funktionsstörungen ausfallen. Anhand dieser Informationen kann der Arzt eine eindeutige Diagnose stellen und den Patienten gegebenenfalls an einen Facharzt verweisen.
Komplikationen
Eine ärztliche Behandlung vorausgesetzt, heilt eine Leistenzerrung meistens ohne größere weitere Beschwerden aus. In den ersten Tagen können die meist starken Schmerzen jedoch Probleme wie Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen hervorrufen. Die Erkrankung kann außerdem mit Schwellungen und Blutergüssen einhergehen, die ihrerseits mit einer Reihe von Komplikationen verbunden sind. Die Beweglichkeit des Betroffenen ist durch eine Leistenzerrung sehr stark eingeschränkt.
Damit einhergehend ist auch die Lebensqualität reduziert, wodurch sich gerade bei chronischen Beschwerden Komplikationen wie zum Beispiel depressive Verstimmungen ergeben können. Die Leistenzerrung kann außerdem Krämpfe und damit starke Schmerzen hervorrufen. Plötzliche Krämpfe sind mit einem erhöhten Unfallrisiko verbunden. Die Behandlung einer Leistenzerrung ruft meist keine Komplikationen hervor.
Allenfalls kann es durch die verordneten Schmerzmittel und Entzündungshemmer zu Nebenwirkungen und Wechselwirkungen kommen. Im Falle eines operativen Eingriffs können Blutungen, Infektionen und Wundheilstörungen nicht ausgeschlossen werden. Eine unsachgemäße Selbstbehandlung der Zerrung kann zu einer Verzögerung der Genesung führen. Im schlimmsten Fall nehmen die Beschwerden zu.
Behandlung und Therapie
Abhängig von der Schwere der Leistenzerrung (Grad der Verletzung) kann der Heilungsprozess unterschiedlich lang andauern. Eine typische Zerrung der Bänder und Muskeln der Leiste kann konservativ behandelt werden.
Bei Verletzungen ersten Grades tritt bereits nach bis zu zehn Tagen eine Besserung ein, bei denen zweiten Grades nach bis zu sechs Wochen.
Bei Verletzungen dritten Grades kann die Heilung bis zu zehn Wochen andauern, bei ausgeprägten Leistenzerrungen ist eine Operation mit einer anschließenden Rehabilitationsphase von bis zu drei Monaten mitunter unausweichlich. Wichtig für den Heilungsprozess ist, sämtliche sportliche Aktivitäten unmittelbar nach dem Zuziehen der Verletzung zu unterlassen.
Als hilfreich erweisen sich dagegen Kühlung durch Eiskompressen, da diese schmerzlindernd wirken und die Einblutung ins Gewebe stoppen. Dies wiederum entlastet den Druck auf die Adduktoren.
Im Falle einer akuten Verletzung kann es zudem helfen, die Beine hochzulegen, um die Oberschenkelmuskulatur zu entspannen.
Im weiteren Heilungsprozess werden Leistenzerrungen meist mit Reizstrom, Salben- und Kompressionsverbände, Lymphdrainagen und krankengymnastischen Übungen behandelt.
Nach der Regeneration ist es wichtig, die sportlichen Aktivitäten nur langsam anzugehen und über einen Zeitraum von etwa sechs Wochen zur Vollbelastung zu steigern.
Ohne richtige Behandlung führt das Zerren der Muskeln und Bänder der Leiste zu unangenehmen Konsequenzen. Zu ihnen gehört die Leistenhernie, die nach einiger Zeit durch partielle Diskontinuitäten im Bereich der Aponeurosen des Band- und Muskelapparates auftreten kann. Einige Athleten, die diese Art von Verletzung erhielten, bemerkten das Vorhandensein einer Verlängerung des Leistenbandrings. Dieser Zustand ist ein Faktor mit einem hohen Risiko der Protrusion von Hernien.
Ab dem Beginn der Therapie sollten spezielle Studien durchgeführt werden, um solche Schäden an Knochen, Gelenken, Sehnen und dem Muskelgewebe auszuschließen, die einen sofortigen chirurgischen Eingriff erfordern.
Einer Leistenzerrung kann vorgebeugt werden, indem die Adduktoren regelmäßig beim Aufwärmen gedehnt werden. Hilfreich können zudem Wärme- oder Kompressionshosen sein.
Aussicht und Prognose
Die Prognose einer Leistenzerrung ist insgesamt günstig. Je nach Schweregrad wird die Heilungsphase bestimmt. In leichten Fällen ist der Patient meist innerhalb von zwei bis vier Wochen beschwerdefrei. Werden die Vorgaben des Arztes eingehalten, erfolgt eine ausreichende Schonung des Körpers und werden sportliche Aktivitäten in der Behandlungszeit vermieden, lindern sich die Beschwerden kontinuierlich.
Bei einer schweren Leistenzerrung müssen drei bis sechs Monate für eine Genesung einkalkuliert werden. Anschließend ist ein regulierter Aufbau der Muskulatur sowie der Belastungen notwendig, damit es zu keinem Rückfall kommt. Mit Folgeschäden ist im Normalfall nicht zu rechnen. Die Zerrung heilt meist ohne weitere Komplikationen oder Störungen vollständig aus.
Treten mehrere Erkrankungen in einer Kombination aufgrund eines Unfalls oder Sturzes ein, kann es zu Verzögerungen oder einer schlechteren Prognose kommen. Die Heilungsphase wird länger und die Beeinträchtigungen der Bewegungsmöglichkeiten sind stärker. Es besteht die Möglichkeit, dass es zu lebenslangen Störungen der Mobilität kommt. Ebenfalls ist mit einer Abnahme der körperlichen Belastbarkeit zu rechnen.
Leistungssportler fallen für mehrere Monate vollständig aus oder können ihre Sportart nicht mehr auf dem gewohnten Niveau ausüben.
Psychische Folgeerkrankungen oder emotionale Unregelmäßigkeiten sind möglich. Die Gesamtprognose verschlechtert sich, obgleich die meisten alltäglichen Tätigkeiten nach Beendigung der Behandlung wieder ausgeführt werden können.
Quellen
- Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
- Wülker N. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag. 2. Auflage 2010.
- Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2012
- Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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