Kryotherapie (Kältetherapie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. September 2018
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Kryotherapie - auch als Kältetherapie bezeichnet – kommt bei der Behandlung von verschiedenen Erkrankungen in Frage. Egal ob kalte Wickel oder aber Ganzkörper-Kältetherapie – der Einsatz von Kälte erfolgt in einer recht großen Bandbreite.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Kryotherapie?

Kryotherapie: Eisbeutel oder Kältekompressen werden bei akuten lokalen Verletzungen (u.a. Prellungen, Zerrungen) zur Schmerz- und Entzündungslinderung eingesetzt.

Mit dem Begriff „Kryotherapie“ (kryos = Kälte) wird in der Medizin ein alternatives und nicht medikamentöses Behandlungsverfahren bezeichnet. Hierbei erfolgt die therapeutische Nutzung von Kälte. Die Maßnahmen der Kryotherapie kommen dabei in den verschiedensten medizinischen Fachgebieten (z. B. Rheumatologie, Dermatologie) zum Einsatz. Selbst bei der Behandlung von Tumoren findet die Kältetherapie inzwischen Anwendung.

Die Therapieform soll entzündungshemmend, schmerzlindernd, abschwellend, blutungsstillend (Verengung der Blutgefäße durch Kälte), zell- und gewebezerstörend und muskelentspannend wirken können.

Zum Einsatz kommt diese den Thermotherapien zugeordnete Behandlungsmethode schon seit der Antike. Dabei wird sich der Unterschied zwischen Körper- und Umgebungstemperatur zunutze gemacht.

Wann kommt die Kryotherapie zur Anwendung?

Anwendung findet die Kryotherapie vor allem in der Traumatologie, also der Behandlung von Verletzungen und bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Arthrose.

Zu den wichtigen Therapiebereichen gehören unter anderem Prellungen sowie Zerrungen oder auch Knochenbrüche und schwere Verletzungen der Muskeln. Nach Operationen kann die Kälte das Herz-Kreislauf-System beeinflussen und zu weniger Ödemen beitragen. Das Operationsergebnis kann aufgrund der schmerzlindernden Wirkung sowie der Verringerung der Muskelspannung positiv beeinflusst werden.

Eine positive Wirkung hat Kälte außerdem auf die Muskelspannung. Ist diese dauerhaft erhöht, dann sind Schmerzen die Folge. Diese lassen sich zunächst eindämmen, auch auf Kontrakturen (Muskelverkürzungen) hat die Kälte eine positive Wirkung.

Ähnlich sieht es mit Spastiken aus, die aufgrund von Schädigungen des zentralen Nervensystems entstehen. Durch die Kälte der Kryotherapie wird die Leitgeschwindigkeit der Nerven herabgesetzt, wodurch auch die Muskelspannung zurückgeht und bei Spastiken Besserung eintritt.

Die Kryotherapie wird zudem in der Dermatologie angewandt, wo Gewebe nicht nur gekühlt, sondern vielmehr auch gezielt zerstört wird. In diesem Fall sprechen Mediziner von Kryochirurgie, bei der die Hautveränderungen mit flüssigem Stickstoff behandelt werden und das Gewebe aufgrund der Vereisung abstirbt und verschwindet. Das Verfahren wird aus diesem Grund oft bei einem übermäßigen Narbenwachstum sowie bei Feigwarzen, weißem Hautkrebs und anderen Erkrankungen der Haut (z. B. Neurodermitis, Schuppenflechte) angewandt.

Auch innerlich kann die Kältetherapie zum Einsatz kommen. So werden verschiedene Krebserkrankungen (z. B. Lebertumore) behandelt. Das Tumorgewebe wird mit der Kälte abgetötet. Sogar Herz-Rhythmus-Störungen lassen sich durch das gezielte Vereisen von kleineren Herzmuskelbereichen deutlich verbessern.

Krankheiten & Beschwerden

Kryotherapie wird u.a. bei folgenden Krankheiten bzw. Beschwerden eingesetzt:

Was muss der Patient beachten?

Bevor Patienten mit der Kryotherapie behandelt werden, sollten bestimmte Erkrankungen ausgeschlossen werden. Bei einer Kälteallergie, bei Durchblutungsstörungen, bei einer akuten Nierenbeckenentzündung sowie bei einer akuten Blasenentzündung ist die Kältetherapie nicht angezeigt. Für die gesamte Zeit der Kältetherapie und auch danach ist es wichtig, den restlichen Körper zu wärmen.

Nach der Kryotherapie ist es notwendig, behandelte Stellen so sauber wie möglich zu halten und mit einem Pflaster oder Verband zu schützen. Sollten sich auf der behandelten Stelle Blasen bilden, dürfen diese nicht aufgestochen werden. Es könnte in diesem Fall sonst zu einer Keimbesiedlung kommen. Sofern der Arzt nicht auf die Blasenbildung hingewiesen hat, sollte er noch einmal konsultiert werden.

Auch sollten alle Ratschläge des Arztes zum Verhalten nach der Behandlung eingehalten werden. Dazu gehört beispielsweise der regemäßige Wechsel des Verbands oder auch das Auftragen einer antiseptisch wirkenden Salbe. So kann eine schnellere und auch unkompliziertere Wundheilung unterstützt werden.

Welche Formen der Kryotherapie gibt es?

Im Rahmen der Kryotherapie kommen verschiedene Anwendungsformen in Frage:

Kryochirurgie

Bei der so genannten Kryochirurgie wird durch gezielt sehr niedrige Temperaturen (- 70 Grad Celsius bis – 200 Grad Celsius) krankhaft verändertes Gewebe zerstört. Die Temperaturen werden lokal angewandt. Die Kryochirurgie kommt vor allem in der Dermatologie bei der Vereisung von Warzen, Dellwarzen oder auch Hauttumoren zum Einsatz.

Auch überschießende Narben können mittels Kryochirurgie entfernt werden. Diese Form der Kryotherapie wird neueren Ansätzen zufolge auch bei der Therapie von Tumoren an anderen Organen angewandt.

Zur Schmerzlinderung kommt oft eine lokale Kälteanwendung zum Einsatz. Dies ist meist nach Sportverletzungen der Fall, durch die Kühlung des Gewebes zeigt sich eine abschwellende und entzündungshemmende Wirkung.

Kältekammer

Bekannt sind zudem so genannte Kältekammern. Bei dieser Form der Kryotherapie wird der gesamte Körper der Kälte ausgesetzt. In einer Kältekammer herrschen etwa – 110 Grad Celsius. Mit einer Ganzkörper-Kältetherapie können sich verschiedene Stoffwechselvorgänge positiv beeinflussen lassen. So kommt dieses Behandlungsverfahren unter anderem bei chronisch rheumatischen Erkrankungen oder auch bei psychischen Problemen zum Einsatz.

Die Hypothermie – also eine erniedrigte Körpertemperatur – wird auch in der Intensivmedizin genutzt. So kann beispielsweise nach Schlaganfällen oder Herzinfarkten der Energiebedarf der jeweiligen Organe durch eine geringere Temperatur vermindert werden. Organschäden lassen sich so durch die kurzzeitig verminderte Durchblutung verringern.

Bestimmte kryotherapeutische Verfahren kommen dabei nur in bestimmten medizinischen Bereichen zum Einsatz:

Kryoablation

So wird in der Kardiologie die Kryoablation eingesetzt. Hier werden durch Vereisung die Herzmuskelzellen ausgeschaltet, welche Herz-Rhythmus-Störungen verursachen. Die Kryoablation wird mikroinvasiv während einer Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, kommt aber auch in der offenen Herzchirurgie zum Einsatz. Verglichen mit der Radiofrequenzablation (Hitzebehandlung) sind die Erfolgsquoten ähnlich, die Kryoablation scheint aber weniger schmerzhaft zu sein.

Kryoextraktion

In der Augenheilkunde wird mit Hilfe der Kryoextraktion beim grauen Star die Augenlinse komplett entfernt.

Kryostripping

Die Angiologie setzt das so genannte Kryostripping zur Behandlung von Krampfadern ein. In das erkrankte Gefäß wird dabei mit einer Kältesonde ein Katheter geführt und dann tiefgefroren. Innerhalb kürzester Zeit lässt sich das Gefäß so entfernen und das Rezidiv-Risiko sinkt.

Wer übernimmt die Kosten?

Die Kryotherapie hat als so genanntes komplementäres Verfahren eine Zulassung und wird deshalb auch von den Krankenkassen übernommen, sofern eine Indikation und die entsprechende ärztliche Verordnung vorliegen. Sobald die Kältetherapie also von einem Arzt als Heilmittel verordnet wird, werden die Kosten ganz oder zumindest teilweise von der gesetzlichen Krankenkasse gezahlt. Entsprechend den in der Heilmittel-Richtlinie geregelten Einzelheiten müssen Patienten lediglich den gesetzlich vorgeschriebenen Eigenanteil selbst zahlen.

Risiken und Komplikationen

Zwar hat die Kryotherapie bei verschiedensten Beschwerden viele Vorteile und die Nebenwirkungen werden auch als gering eingestuft, denn sind mit der Kältebehandlung auch Risiken verbunden.

Sämtliche kryotherapeutische Maßnahmen gelten bislang als alternative Heilverfahren. Nicht immer kann die Wirksamkeit auch wissenschaftlich belegt werden. Wichtig ist, dass durch den behandelnden Arzt immer eine Beratung hinsichtlich möglicher Risiken erfolgt.

Zu den allgemeinen Risiken einer Kryotherapie gehören vor allem Erfrierungen. Bereits bei einer Kälteanwendung auf der Hautoberfläche kann es schon nach wenigen Minuten zu Erfrierungserscheinungen kommen, bei denen das Gewebe abstirbt. Soll tieferes Gewebe gekühlt werden, dann darf Eis nie direkt auf die Haut gelegt werden. Sinnvoll ist es, Eiskompressen in ein Tuch zu wickeln.

Im Bereich des abgestorbenen Gewebes kann es bei der Kryotherapie zudem zur Bildung von Blasen kommen. Diese sind mit einer Gewebeflüssigkeit gefüllt und können sich öffnen. Dann stellen sie eine optimale Eintrittspforte für Keime und Bakterien dar, was zu einer entzündlichen Infektion führen kann. Bis zur vollständigen Heilung sollten behandelte Stellen deshalb immer abgedeckt werden. Weiterhin kommt es zu einer Zerstörung von pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) im behandelten Bereich, wodurch sich die Hautfarbe auch langfristig verändern kann.

Patienten sollten zudem wissen, dass es während des „Auftauvorgangs“ zu einem Stechen kommt, welches aber nach etwa ein bis zwei Minuten von allein wieder verschwindet.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
  • Kindermann, W., et al.: Sportkardiologie. Steinkopff, Darmstadt 2007
  • Furter, S., Jasch, K.C.: Crashkurs Dermatologie. Urban & Fischer, München 2007
  • Dirschka, T., Hartwig, R., Oster-Schmidt, C. (Hrsg.): Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2010

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 23. September 2018

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