Geräuschüberempfindlichkeit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Wie angenehm die Lautstärke eines Geräuschpegels empfunden wird, variiert stark von Mensch zu Mensch. Weicht die subjektive Lautstärken-Toleranzschwelle jedoch signifikant von der Norm ab, spricht man von einer Geräuschüberempfindlichkeit. Betroffene empfinden bereits leise bis normal laute Umgebungsgeräusche als unangenehm – häufig wird das psychische Unbehagen von körperlichen Stressreaktionen begleitet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Geräuschüberempfindlichkeit?

Unter einer Geräuschüberempfindlichkeit wird eine Überempfindlichkeit gegenüber Schall verstanden, die normalerweise nicht als unangenehm laut empfunden werden sollte.

Die Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis) tritt bei etwa 8 Prozent der Bevölkerung auf. Sie geht mit einer Störung der akustischen Reizaufnahme, -weiterleitung oder -verarbeitung einher.

Dies führt dazu, dass bei Betroffenen bereits in Frequenzbereichen unter 100 dB, die normalerweise nicht als unangenehm empfunden werden, heftige Symptome einer Geräuschüberempfindlichkeit auftreten können. Durch Hörtherapien und gegebenenfalls gezielte Behandlungen zugrunde liegender Erkrankungen kann eine Geräuschüberempfindlichkeit gut behandelt werden.

Ursachen

Die Ursachen einer Geräuschüberempfindlichkeit sind vielfältig und noch nicht vollständig geklärt. Generell fördern eine laute Wohn- und Arbeitsumgebung, sowie ein hektischer Lebensstil die Entstehung der Störung. Am häufigsten tritt die Geräuschüberempfindlichkeit im Zusammenhang mit Erkrankungen auf, die die normale Reizverarbeitung stören können:

  • Organische Erkrankungen/Verletzungen des Ohres, des Gehörgangs oder des Gehirns
  • Bei Innenohrschwerhörigen: „Recruitment“ (krankheitsbedingt fehlender Lautstärkenausgleich)

Psychische Erkrankungen – insbesondere Angststörungen – stellen die häufigsten Ursachen dar. Sie versetzen den Körper durch erhöhte Ausschüttung von Stressbotenstoffen (Adrenalin, Dopamin) in dauerhafte Alarmbereitschaft. Dieser nervöse Erregungszustand kann bereits bei leichten Reizen, wie normalen Umgebungsgeräuschen, zu starken psychischen und körperlichen Überreaktionen führen.

Nervenschädigungen durch neurologische Erkrankungen können in einigen Fällen ebenfalls zu einer Störung wichtiger Filtermechanismen bei der Reizweiterleitung führen. Schließlich können nach Unfällen (insbesondere mit Schädel-Hirn-Trauma) organische Verletzungen auftreten, die eine Geräuschüberempfindlichkeit verursachen können.

Wann zum Arzt?

Eine Geräuschüberempfindlichkeit sollte stets von einem Arzt untersucht und abgeklärt werden, auch wenn diese gering ausgeprägt ist und im Alltag nur zu wenigen Beeinträchtigungen führt. In einigen Fällen liegen Erkrankungen vor, die einen chronischen Verlauf haben und damit zu einer Zunahme der Beschwerden führen. Hier ist das frühzeitige Erkennen wichtig, damit die optimalen Behandlungsschritte eingeleitet werden können. Darüber hinaus ist ein Arzt aufzusuchen, sobald Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder ein Druckgefühl im Kopfinnern auftreten. Kommt es zu einem ziehenden oder stechenden Gefühl in den Ohren oder im Kopf, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Bei Änderungen des Verhaltens ist ein Arztbesuch ebenfalls ratsam. Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit oder ein aggressives Auftreten belasten den Betroffenen und das nahe Umfeld. Daher sind Untersuchungen durchzuführen und eine Behandlung einzuleiten. Kommt es zu einer inneren Unruhe, Unausgeglichenheit oder durch die Beschwerden zu einem Gefühl der stetigen Überforderung, ist ein Arztbesuch notwendig.

Bei Konzentrationsstörungen oder Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit muss ein Arzt aufgesucht werden. Ist das allgemeine Leistungsniveau herabgesetzt oder steigt das Unfallrisiko, bringt eine medizinische Versorgung Linderung. Kommt es zu Gangunsicherheiten oder dem Verlust des Gleichgewichts, wird ebenfalls ein Arzt benötigt. Leidet der Betroffenen unter Ohrgeräuschen, sollte er einen Arzt aufsuchen, da dieses Symptom als besorgniserregend einzustufen ist.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome:

Die Begleitsymptome einer Geräuschüberempfindlichkeit entsprechen zumeist typischen Stresssymptomen, wie innere Unruhe, Nervosität, beschleunigter Puls, Reizbarkeit und Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Unwohlsein bis hin zu depressiven Verstimmungen und häufig tritt Tinnitus als häufiges Begleitsymptom auf.

Der Verlauf der Störung hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Psychische Erkrankungen und Störungen der Stressregulation sind bei rechtzeitigem Therapiebeginn in der Regel gut behandelbar. Da Betroffene aus Selbstschutz dazu neigen, laute Umgebungen zu meiden, ist frühzeitige Hilfe auch deshalb wichtig, da die Gefahr sozialer Isolation besteht. Bei organischen Verletzungen und neurologischen Erkrankungen hängt die Prognose vom Schweregrad der Schädigung ab.

Diagnose

Häufig sind der Hausarzt oder der Hals-Nasen-Ohren Arzt die ersten Anlaufstellen bei Beschwerden einer Geräuschüberempfindlichkeit. Durch Hörtests kann sich der Arzt ein Bild über die Lautstärken-Toleranzschwelle des Patienten verschaffen. Sofern eine Untersuchung des Ohres und des Gehörganges keine Hinweise auf organische Ursachen oder Verletzung ergibt, können zunächst anhand einer gründlichen Anamnese Anzeichen weiterer Krankheiten überprüft werden, die als Ursachen in Betracht kommen.

Verdachtsdiagnosen, die Erkrankungen des Nervensystems betreffen, können gegebenenfalls durch MRTs und weitere neurologische Untersuchungsmaßnahmen abgeklärt werden. In einigen Fällen können auch Blutuntersuchungen (z.B. bei Borreliose-Verdacht) aufschlussreich sein. Besondere Aufmerksamkeit kommt jedoch vor allem den Lebensumständen des Patienten zu, da sich in den meisten Fällen eine psychische Ursache hinter der Geräuschüberempfindlichkeit verbirgt.

Komplikationen

Eine Geräuschüberempfindlichkeit ist für den Betroffenen in jedem Fall sehr unangenehm und kann zu einer deutlichen Einschränkung und Verringerung der Lebensqualität führen. Nicht selten führt diese Beschwerde auch zu psychischen Beschwerden oder sogar zu Depressionen und wirkt sich dabei sehr negativ auf den Alltag des Betroffenen aus. Die Betroffenen leiden dabei an einem Bluthochdruck und weiterhin auch an Herzrasen. Es kommt zu einer deutlich vergrößerten Reizbarkeit und zu einer Verspannung. Auch eine innere Unruhe und Schweißausbrüche oder Panikattacken können durch die Geräuschüberempfindlichkeit auftreten und den Alltag erschweren.

Vor allem in stressigen Situationen sind die Beschwerden sehr unangenehm. Nicht selten leiden die Patienten auch an einem Tinnitus oder an anderen dauerhaften Gedroschen, die in den Ohren auftreten. Durch die Geräuschüberempfindlichkeit können die Patienten in einigen Fällen auch ihrem Beruf nicht mehr nachkommen.

Eine kausale Behandlung der Geräuschüberempfindlichkeit ist in den meisten Fällen nicht möglich. Die Beschwerden können allerdings mit Hörgeräte oder durch verschiedene Therapien gelindert werden. Dabei kommt es nicht zu Kompilationen. Allerdings kann ein positiver Krankheitsverlauf nicht garantiert werden. Die Geräuschüberempfindlichkeit selbst führt nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung des Betroffenen.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung der Geräuschüberempfindlichkeit richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Erweisen sich psychische Störungen als auslösende Faktoren, wird in der Regel eine Psychotherapie empfohlen, in schwereren Fällen kann eine zusätzliche Behandlung mit Psychopharmaka angezeigt sein. Hierbei können stimmungsstabilisierende, beruhigende und angstlösende Medikamente zum Einsatz kommen.

Auch rezeptfreie pflanzliche Mittel zur Beruhigung des vegetativen Nervensystems können zu einer besseren Stressregulation beitragen. Grundsätzlich empfiehlt es sich bei einer Geräuschempfindlichkeit, die in erster Linie als Stresssymptom gedeutet werden kann, die eigene Lebenssituation zu überdenken und belastende Stressfaktoren möglichst zu beseitigen.

Insbesondere, wenn die Geräuschüberempfindlichkeit zusammen mit einem Tinnitus auftritt, für den keine organische Ursache gefunden werden kann, gestaltet sich eine Behandlung mit dem Ziel der Symptom-Eliminierung oft schwierig. Hier wird stattdessen auf spezielle Hörtherapien gesetzt, die darauf abzielen, den Umgang mit störenden Geräuschen zu verändern.

Insbesondere sollen die Betroffenen lernen, ihren Aufmerksamkeitsfokus von den unangenehmen Störreizen wegzulenken. Hyperakusis-Patienten mit starken Vermeidungstendenzen werden langsam wieder an lautere Geräuschumgebungen herangeführt. Dies kann z.B. durch einen sogenannten „Noiser“ – ein Gerät das Rauschgeräusche erzeugt – erreicht werden. Durch das Tragen dieser Geräte wird das Gehör darauf trainiert, Störgeräusche wieder besser herauszufiltern.

Häufig tritt durch den Gewöhnungseffekt zugleich eine deutliche Besserung der Symptomatik einer Geräuschüberempfindlichkeit ein. Der Teufelskreis der Fokussierung auf die Störreize – und deren somit verstärkte Wahrnehmung – wird durchbrochen.


Vorbeugung

Grundsätzlich kann einer Geräuschüberempfindlichkeit vor allem durch Vermeidung einer Stress-verursachenden Lebensweise vorgebeugt werden. Bei einer generell reizempfindlichen Veranlagung kann sich etwa eine ruhige Wohnlage sehr wohltuend auswirken. Auch sollte die eigene Reiztoleranzschwelle ernstgenommen werden.

Bei unbehaglich lautem Geräuschpegel (z.B. bei Konzerten) sollte gegebenenfalls auf Gehörschutz zurückgegriffen werden. Diese Maßnahme schützt nicht nur vor Geräuschüberempfindlichkeit, sondern ist auch generell sinnvoll, um die störanfälligen Funktionen des Gehörs zu schützen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Zenner, H.P.: Praktische Therapie von Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Schattauer Verlag, 2008 3
  • Probst, R.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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