Fruchtwasseruntersuchung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Schwangere Frauen haben die Möglichkeit, mithilfe einer Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) bei ihrem Gynäkologen feststellen zu lassen, ob ihr Kind später einmal gesund auf die Welt kommt oder aber an einem genetischen Defekt oder einer erblich bedingten Stoffwechselerkrankung leidet. Spätgebärenden wird die Amniozentese ohnehin empfohlen, da bei ihnen das Risiko besonders hoch ist, ein missgebildetes Kind zur Welt zu bringen. Dasselbe gilt für Frauen, in deren Familien erbliche Defekte gehäuft auftreten.
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Was ist eine Fruchtwasseruntersuchung?
Die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) gehört zum Bereich der medizinischen Schwangerschaftsvorsorge und pränatalen Diagnostik. Sie kann von Frauen freiwillig in Anspruch genommen werden. In bestimmten Fällen liegt jedoch eine medizinische Indikation vor, beispielsweise wenn die zuvor durchgeführte Chorionzotten-Biopsie keine eindeutigen Ergebnisse erbrachte.
Die Vorsorgeuntersuchung wird meist zwischen der 15. und 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. In bestimmten Fällen kann der Arzt sie auch eine Woche früher oder nach diesem Zeitraum durchführen. Die Amniozentese dient der frühzeitigen Feststellung eventueller Erbschäden beim Kind.
Wird die Untersuchung ab der 30. Woche der Schwangerschaft durchgeführt, kann auch eine mögliche Blutgruppenunverträglichkeit zwischen der werdenden Mutter und ihrem Ungeborenen diagnostiziert werden. Die Fruchtwasseruntersuchung hat eine Sicherheit von maximal 99% bei Chromosomenstörungen und zirka 90% bei Neuralrohrdefekten.
Anwendung und Funktion
Bei drohender Frühgeburt kann auch die Lungenreife mithilfe einer Amniozentese festgestellt werden. Ist nämlich die Lunge des Embryos noch unterentwickelt, kann der Arzt versuchen, ihre Reifung mithilfe bestimmter Medikamente zu beschleunigen. Auch über mögliche Infektionen wie Toxoplasmose, das Amnion-Infektionssyndrom und eine Ansteckung mit dem Cytomegalie-Virus (CMV) gibt die ausführliche Untersuchung des Fruchtwassers Auskunft.
Vererbbare Stoffwechselerkrankungen und das Geschlecht des Kindes lassen sich damit ebenfalls schon im Vorfeld bestimmen. Das ist insbesondere im Hinblick auf mögliche Erbschäden wichtig, die nur bei einem Geschlecht oder bevorzugt bei einem Geschlecht auftreten.
Die Amniozentese wird häufig im Anschluss an die so genannte Chorionzottenbiopsie vorgenommen. Bei diesem Verfahren, das der Fruchtwasseruntersuchung ähnelt, werden durch die Bauchdecke oder durch Vagina und Gebärmutterhals 20 bis 30 ml Zellen aus dem Mutterkuchen entnommen.
Die Untersuchung, die in der 11. bis 13. Schwangerschaftswoche stattfindet, dient der Feststellung von erblich bedingten Defekten wie Trisomie 21 (Down-Syndrom), 18 (Edwards-Syndrom) und 13 (Pätau-Syndrom) leidet.
Methoden und Verfahren
Außer der herkömmlichen Fruchtwasseruntersuchung gibt es noch eine ähnliche Methode (Chorionzottenbiopsie), die jedoch in den meisten Fällen keine so genauen Ergebnisse liefert und in vielen Fällen noch durch eine anschließende Amniozentese überprüft werden muss.
Was muss der Patient beachten?
Die werdende Mutter, die bei sich eine Amniozentese durchführen lassen möchte, wird vom Arzt genau über den Ablauf der Untersuchung und über ihren Nutzen bzw. die Risiken informiert, die damit verbunden sein können. Dazu ist der behandelnde Gynäkologe laut Gendiagnostikgesetz verpflichtet. Mit ihrer Unterschrift erklärt sich die Schwangere damit einverstanden, dass sie den bis zu 15 Minuten dauernden Eingriff durchführen lässt.
Auch wenn die Untersuchung mit nur geringen Risiken verbunden ist, kann es im Einzelfall zu Komplikationen kommen. In den meisten Fällen löst die Entnahme von Fruchtwasser Kontraktionen der Gebärmutter aus, die die Schwangere ängstigen können. Sie hören jedoch kurze Zeit später von allein wieder auf.
Daher sollte die werdende Mutter den Rat ihres Arztes befolgen und sich unmittelbar nach der Fruchtwasseruntersuchung einige Tage schonen. Dazu gehört beispielsweise, dass sie keine körperlich anstrengenden Bewegungen ausführt. Auch auf Geschlechtsverkehr sollte sie in dieser Zeit am besten verzichten.
Einige Tage danach wird sie von ihrem Frauenarzt ein weiteres Mal untersucht. Kommt es nach dem Eingriff zu Blutungen, Schmerzen, Abgang von Fruchtwasser oder gar Wehen, sollte sie schnellstens ihren Arzt aufsuchen. In manchen Fällen muss das Ergebnis der Amniozentese noch durch eine weitere Fruchtwasser-Untersuchung, einen Bluttest beim Fötus oder eine Untersuchung des elterlichen Blutes bestätigt werden.
Ablauf und Durchführung
Die Fruchtwasseruntersuchung wird in einer Klinik oder spezialisierten gynäkologischen Praxis vorgenommen. Nach der Markierung der Einstichstelle und der gründlichen Desinfektion der betroffenen Hautpartie sticht der Arzt mit einer Hohlnadel in die Bauchdecke der Schwangeren und entnimmt mit der Kanüle 15 bis 20 ml Fruchtwasser aus der Fruchtblase. Das geschieht unter Zuhilfenahme des Ultraschallgeräts, damit es nicht zu versehentlichen Verletzungen beim Fötus kommt.
Die Patientin kann bereits eine halbe Stunde nach der Entnahme des Fruchtwassers die Klinik wieder verlassen. Im Labor werden die im Fruchtwasser befindlichen kindlichen Zellen isoliert und in einer Zellkultur vermehrt. Etwa 14 Tage später sind genügend Zellen vorhanden, die dann auf Anzahl und Struktur der Chromosomen untersucht werden.
Das Labor bestimmt die Konzentration des Alpha1-Fetoproteins (AFP) und des Enzyms Acetylcholinesterase (AChE). Sind beide Werte deutlich erhöht, gilt das als Indiz für eine mögliche Bauchwand-Fehlbildung (Gastroschisis, Omphalozele) oder eine Spina bifida ("Offener Rücken", Neuralrohrdefekt).
Eigenleistung oder Krankenkasse - wer übernimmt die Kosten?
Die Fruchtwasseruntersuchung wird von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt, wenn die Schwangere bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehört beispielsweise, dass sie mindestens 35 Jahre alt ist, in ihrer Familie genetisch bedingte Erkrankungen oder Fehlbildungen vorkommen oder das Ultraschallbild oder Erst-Trimester-Screening Auffälligkeiten zeigen. Außerdem finanzieren die Kassen die Vorsorgeleistung, wenn die Patientin bereits eine Fehlgeburt mit einer Chromosomenstörung oder einem Neuralrohrdefekt hatte.
Risiken, Gefahren und Komplikationen
Ebenfalls möglich, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit, sind der Abgang von Fruchtwasser oder das Auftreten von Infektionen und Gebärmutter-Blutungen.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Ludwig, M.: Gynäkologische Endokrinologie. Ein Handbuch für die Praxis, 2.Auflage, optimist Fachbuchverlag, 2011
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Kirschbaum, M., et al.: Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2005
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
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