Bulimie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bulimie (Bulimia nervosa) - manchmal auch als Ess-Brech-Sucht bekannt - kennzeichnet ein Krankheitsbild der Essstörung. Typisch für die Bulimie sind einerseits anfallsartige Nahrungszuführung, andererseits eine massive gewollte Nahrungsabgabe (erzwungenes Erbrechen).

Inhaltsverzeichnis

Was ist Bulimie?

Typisch für die Bulimie (Ess-Brech-Sucht) sind Essanfälle und anschließend das selbst herbeigeführte Erbrechen, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden.

Menschen die unter der Essstörung Bulimie leiden haben das Verlangen große Mengen Nahrung zu sich zu nehmen und diese anschließend wieder zu erbrechen. Als Mittel, die kurz vorher aufgenommene Nahrung möglichst rasch wieder abgeben zu können, werden von den an Bulimie Erkrankten („Purging-Typ“) üblicherweise künstlich verursachtes Erbrechen, Abführmedikamente oder harntreibende Wirkstoffe eingesetzt.

Menschen, die unter der selteneren „Non-Purging“-Variante der Bulimie leiden, fasten zwischen den Essanfällen und betreiben extrem viel Sport, um die aufgenommenen Kalorien möglichst schnell zu verbrauchen.

Ursachen

Durch den massiven Energieverlust bei dieser Form der gewillkürten Nahrungsabgabe, werden bei der Bulimie im Körper Defizite aufgebaut, die wiederum zu den für die Bulimie typischen Essattacken führen.

Die Ursache für Bulimie ist selten an einem einzigen Sachverhalt festzumachen. In der Regel spielen mehrere Faktoren für die Erkrankung einer Bulimie eine Rolle. Die Vorstellung, dass Bulimie immer ausschließlich psychologische Gründe hat, gilt als widerlegt.

In der Regel wird Bulimie im Zusammenhang mit dem Wunsch begründet, dem von der Gesellschaft angeblich vorgegebenen Schönheitsideal des Schlankseins zu entsprechen. Oft geht einer Bulimie eine kindliche oder frühjugendliche Magersucht-Phase voraus. Fast immer leiden die an Bulimie Erkrankten an einem gestörten Selbstwertgefühl, Versagensängsten und selbstzerstörerischem Verhalten.

Als psychologischer Auslöser für Bulimie als extremer Versuch, das angestrebte Schönheitsideal zu erreichen, wirken oft traumatische Erlebnisse wie sexueller Missbrauch, berufliche Überforderung oder Familienkonflikte. Auch kann Bulimie zum Teil erblich bedingt sein. Ferner kann auch genetisch vorgegebener besonders niedriger Energieverbrauch verantwortlich dafür sein, dass höheres Körpergewicht trotz normalen Essverhaltens aufgebaut wird und in Kombination mit anderen Faktoren zum Auslöser für Bulimie wird.

Teufelskreis Bulimie: Heißhungerattacken und Brechanfälle wechseln sich ab.

Wann zum Arzt?

Betroffene, die an Bulimie leiden, suchen nur in den seltensten Fällen einen Arzt auf. Sie verstecken und verleugnen ihre Essstörung meistens geschickt. Viele Menschen mit dieser Essstörung bekommen Refluxstörungen. Wegen der gravierenden Auswirkungen einer Bulimie ist medizinische oder psychologische Hilfe bei Bulimikern angezeigt. Hilfreich ist der Arztbesuch aber nur, wenn der Betroffene ehrlich zu seinem Problem steht. Der Arzt kann ohnehin anhand bestimmter Merkmale bei fortgeschrittener Erkrankung erkennen, dass eine Bulimie vorliegt. In den ersten Monaten oder Jahren können die untrüglichen Anzeichen einer Bulimie jedoch schwer auszumachen sein.

Der zwanghafte Wechsel zwischen Fressattacken und Erbrechen ist grundsätzlich immer behandlungsbedürftig. Ihm liegt eine Essstörung zugrunde, die therapiert werden kann. Oft erschweren Medikamentenmissbrauch, exzessiver Bewegungsdrang oder der Missbrauch von Abführmitteln das Leben. Ohne ärztliche Hilfe kommen die Betroffenen nicht aus dem entstandenen Teufelskreis heraus. Depressionen oder Schlafstörungen, häufige Unterzuckerung oder Infektanfälligkeit können Gründe für einen Arztbesuch darstellen.

Auch Zahnprobleme, die durch häufiges magensäurehaltiges Erbrechen entstehen, sind ein guter Anlass zu einem Arzt zu gehen. Das zwanghaft herbeigeführte Erbrechen führt häufig zu Störungen im Salz- und Mineralhaushalt des Körpers, zur Ösophagitis, zu Schäden an der Zahnsubstanz, zu Nierenschäden, Ödemen oder zu Herzrhythmusstörungen.

Symptome und Verlauf

Bei der Bulimie handelt es sich um eine massive Essstörung, die von Außenstehenden nur sehr schwer erkannt werden kann. Dabei wird der oder die Betroffene von einer unbändigen Esssucht befallen, wobei alles wahllos auf einmal gegessen wird. Danach wird heimlich auf der Toilette ein Erbrechen herbeigeführt, indem der Finger in den Hals gesteckt wird. Auf diese Weise kommt der Mageninhalt wieder zutage, bevor er verdaut werden konnte.

Durch dieses Verhalten entsteht eine ernste Magersucht mit zahlreichen Mangelerscheinungen. Von einem derartigen Essverhalten sind sehr häufig junge Mädchen aufgrund von falschen Vorbildern betroffen. Aber auch unter dem älteren Personenkreis, wozu auch Männer zählen, können unter dieser Krankheit leiden, die schließlich bis zum Tod führen kann.

Um aus diesem Teufelskreis wieder herauszukommen, benötigt der Magersüchtige unbedingt die Hilfe von Außen. Die Krankheit zu erkennen, ist selbst für nahestehende Angehörige sehr schwierig, denn es findet ja in der Öffentlichkeit eine Nahrungsaufnahme statt. Dass diese wieder heimlich entsorgt wird, bekommt in den seltensten Fällen jemand mit. Es ist ein sehr langer Weg, wieder in die normale Essgewohnheit einzutreten. Der Magersüchtige fühlt sich selbst zu dick, auch wenn er schon sehr abgemagert ist. Deshalb sollten sich ernsthaft kranke Personen mit Bulimie für eine gewisse Zeit in die Obhut von Fachpersonal begeben.

Diagnose

Während sich andere Essstörungen wie Magersucht durch ein anormales Körpergewicht auszeichnen, ist Bulimie äußerlich nicht zwangsläufig erkennbar. Die Diagnose einer Bulimie-Erkrankung erfolgt durch das Gespräch mit Ärzten oder Psychologen.

Die Diagnose gilt als gesichert, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: Zum einen kommen mindestens zwei Essattacken pro Woche über eine Zeitspanne von mindestens drei Monaten vor, bei denen jeweils mehrere tausend Kalorien verzehrt werden. Zum anderen müssen diese Episoden mit einem Gefühl der Scham und des Kontrollverlustes verbunden. Es ist also ein Leidensdruck vorhanden.

Ein weiteres Kriterium ist die Tatsache, dass versucht wird sich der aufgenommenen Kalorienmenge wieder zu entledigen. Dies geschieht meist über selbstinduziertes Erbrechen, die Einnahme von Abführmittel, stark kalorienreduzierte Diäten oder übermäßige sportliche Aktivität. Wobei Erbrechen die am häufigsten durchgeführte Variante darstellt.

Im Zuge der Differentialdiagnose werden weitere mögliche Gründe für die vorliegenden Symptome ausgeschlossen. Dies sind unter anderem die Einnahme bestimmter Medikamente, die Heißhungerattacken auslösen können, Schilddrüsenfunktionsstörungen oder psychische Erkrankungen wie Borderline-Syndrom und Depressionen.

Komplikationen

Eine Bulimie kann zu verschiedenen medizinischen Komplikationen führen. Als medizinische Komplikation gelten unerwünschte Entwicklungen oder erschwerte Krankheitsverläufe jedweder Art. Es handelt sich also um verschiedene sekundäre Ereignisse, die in einem inneren Zusammenhang mit einer Erkrankung stehen. Bei einer Bulimie entstehen vor allem starke Zahnbeschwerden. Dadurch, dass die Zähne vermehrt mit Magensäure in Kontakt kommen, wird der Zahnschmelz dauerhaft geschädigt. Hierdurch kommt es zu vermehrtem Kariesbefall und Zahnausfällen. Weiterhin stellen anhaltende und zum Teil schwere Entzündungen der Speiseröhre eine typische medizinische Komplikation einer Bulimie dar. Daneben kommen auch Kreislaufregulations- und Herzrhythmusstörungen in Betracht.

Außerdem sind Durchblutungsstörungen möglich, die zu kalten Extremitäten (Hände und Fuße) führen können. Darüber hinaus kommt es immer wieder zu Sodbrennen, Verdauungsstörungen, hormonellen Fehlfunktionen und Schädigungen der Nerven. Insbesondere bei einer langanhaltenden Bulimie leiden die Betroffenen immer wieder an Geschwüren im Magen oder dem Zwölffingerdarm. Diese Symptome können zu Funktionsstörungen des Magens und einem andauernden Völlegefühl führen. Unter Umständen geraten die Patienten aufgrund der beschriebenen medizinischen Komplikationen in lebensbedrohliche Lagen.

Behandlung und Therapie

Der Therapie zur Heilung von Bulimie muss eine differenzierte Diagnose vorausgehen. Den Ursachen der Erkrankung kann oft über Gesprächsanalysen auf die Spur gekommen werden. Wichtig ist es für den behandelnden Arzt, sich ein genaues Bild über Essverhalten und Persönlichkeitsstruktur des Patienten machen zu können. Körperlich erkennbare Hinweise auf eine Bulimie sind u.a.: geschwollene Speicheldrüsen, durch Magensäure hervorgerufene Zahnschäden und durch Kaliummangel verursachte Herzprobleme.

Normalerweise umfasst die Bulimie-Therapie einerseits die Beseitigung der durch die Bulimie verursachten körperlichen Beschwerden, etwa durch Elektrolyt-Beigaben, andererseits zielt die Therapie auf eine Behebung der Ursachen ab. Arzneimittel spielen in diesem Zusammenhang lediglich eine zweitrangige Rolle. Von zentraler Bedeutung sind dagegen die Unterstützung beim Ändern des Essverhaltens und der psychologischer Aufbau des Selbstwertgefühls. Entsprechende verhaltenstherapeutische Strategien haben bei der Behandlung von Bulimie oft nachhaltigen Erfolg.


Vorbeugung

Zwar kann Bulimie nicht in dem Sinn vorgebeugt werden, dass eine Immunisierung gegen diese Krankheit zwingend möglich ist, aber es gibt durchaus eine Reihe von nützlichen vorbeugenden Verhaltensvorgaben.

Bei ersten Anzeichen von Bulimie, ist es wichtig, fachliche Beratung einzuholen. Techniken, das eigene Selbstwertgefühl oder das Selbstbewusstsein von Betroffenen zu stärken, können Bulimie ebenso verhindern wie das Vermitteln eines entspannten, sich nicht an fremdbestimmten Schönheitsidealen orientierenden Körperbewusstseins und Ernährungsverhaltens.

Wichtig für die Verringerung des Risikos, an Bulimie zu erkranken, kann aber auch der fachlich überwachte Abbau von Übergewicht sein. Besonders förderlich ist aber vor allem das offene, individuelle Eigenarten respektierende Gespräch, um Bulimie vorzubeugen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Payk, T.R.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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