Zirbeldrüse

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Zirbeldrüse wird in der medizinischen Fachsprache auch als Epiphyse bezeichnet. Sie ist ein kleiner Teil des Zwischenhirns und spielt eine Rolle bei der zirkadianen Rhythmik.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Die Zirbeldrüse verdankt ihren deutschen Namen wohl ihrer Form. So ähnelt die kleine Drüse dem Zapfen der Zirbelkiefer. Sie ist Teil des Epithalamus, welcher wiederum Teil des Zwischenhirns (Diencephalon) ist.

In den Zellen der Zirbeldrüse wird das Hormon Melatonin produziert. Bei Störungen in der Melatoninproduktion kann es zu einem gestörten Tagesrhythmus, zu sexueller Frühreife oder zu Verzögerungen der Geschlechtsentwicklung kommen.

Die Zirbeldrüse gehört zu den acht Hormondrüsen des Körpers. Sie produziert das Hormon Melatonin.

Anatomie

Die Zirbeldrüse liegt im Gehirn an der hinteren Wand des dritten Ventrikels und unmittelbar über der Vierhügelplatte. Sie ist eingebettet in das Gewebe des Epithalamus. Einige Mediziner vertreten aber die Ansicht, dass sie vielmehr ein unabhängiges Organ sei.

Die Epiphyse ist etwa 5 bis 8 Millimeter lang und wiegt zwischen 80 und 500 Milligramm. In ihrer Gesamtheit ist die Epiphyse von einer bindegewebigen Kapsel umhüllt. Die Drüse selber besteht zum überwiegenden Zeil aus sekretorischen Nervenzellen und Gliazellen. Die sekretorischen Nervenzellen werden auch als Pinealozyten bezeichnet. Die neuroendokrinen Pinealozyten werden von bindegewebigen Trennhäuten in Läppchen unterteilt.

Im Gewebe der Zirbeldrüse befinden sich zudem konzentrisch geschichtete Kalkablagerungen. Die heißen auch Hirnsand. Mit dem Alter steigt die Anzahl dieser Kalkkonkremente. Zur Zirbeldrüse ziehen afferente Fasern aus dem sympathischen Grenzstrang des Halses. Diese stehen über indirekte Verbindungen mit dem Hypothalamus und der Retina in Verbindung.

Funktion

Diese Verbindungen spielen eine Rolle bei der lichtabhängigen Stimulation der Epiphyse. Bei fehlenden Lichtreizen produzieren die Pinealozyten der Epiphyse aus der Aminosäure Tryptophan das Hormon Melatonin. Melatonin ist aber nicht nur Hormon, sondern auch Neurotransmitter. Es steuert den Tag-Nacht-Rhythmus und wird auch fast ausschließlich nachts produziert.

Tageslicht hemmt die Melatoninproduktion. Rezeptoren für Melatonin finden sich im Hypothalamus, im Hirnstamm, in den Blutgefäßen des Gehirns und in bestimmten Zellen des Immunsystems. Melatonin ist der Zeitgeber des Körpers. Es koordiniert sämtlich circadian-rhythmischen Vorgänge im Körper.

Doch das Hormon wirkt auch als Antioxidans. Es schützt den Körper also vor den gefährlichen freien Radikalen. Freie Radikale entstehen bei vielen Stoffwechselprozessen. Auch Umwelteinflüsse wie Rauchen, UV-Strahlung oder Stress fördern die Entstehung der Moleküle.

Freie Radikale sind stets auf der Suche nach einem Elektron, das ihnen fehlt. Dabei greifen sie die Körperzellen an und zerstören Zellwände und andere Zellstrukturen. Freie Radikale stehen in Verdacht eine Rolle bei der Entstehung von Krebs und anderen schwerwiegenden Erkrankungen zu spielen.

Melatonin hat zudem eine antigonadotrope Wirkung. Das bedeutet, dass es hemmend auf das Wachstum der Geschlechtsdrüsen wirkt. Auch viele biologische und oxidative Prozesse werden durch Melatonin heruntergeregelt.


Erkrankungen

  • Hydrocephalus
  • Melatoninmangel

Beeinträchtigungen der Epiphyse entstehen entweder durch Störungen im endokrinen Gewebe der Drüse oder durch gutartige oder bösartige Tumore, die sich in unmittelbarer Nähe der Epiphyse befinden und auf die Drüse drücken.

Sehr häufig finden sich gliale Pinealiszysten. Dabei handelt es sich um eine gutartige Veränderung der Zirbeldrüse. Die meisten dieser Zysten verursachen allerdings keine Symptome und sind daher klinisch irrelevant. Große Zysten können Abflussstörungen des Nervenwassers verursachen. In der Folge kann sich ein Hydrocephalus entwickeln. Dieser äußert sich durch Symptome wie Kopfschmerzen, schwallartiges Erbrechen oder Epilepsie.

Deutlich seltener tritt das Pinealoblastom auf. Das Pinealoblastom ist ein bösartiger Hirntumor, der von den Pinealozyten der Zirbeldrüse ausgeht. Hier kommt es schon sehr früh zu einem Hydrocephalus mit den typischen Hirndruckzeichen. Zusätzlich tritt oft eine Blicklähmung nach oben auf. Eventuell ist die Lichtreaktion der Pupillen abgeschwächt oder die Pupillen sind dauerhaft vergrößert.

Tumore der Zirbeldrüse können auch die Melatoninproduktion beeinflussen. Aus einer inadäquaten Melatoninproduktion resultieren Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus.

Generell kann ein Melatoninmangel die Ursache für Schlaflosigkeit sein. Nur in wenigen Fällen ist ein Tumor dafür verantwortlich. Die maximale Melatoninproduktion ist im Kindesalter erreicht. Danach nimmt die Produktion immer weiter ab. Dies ist die Ursache, warum Menschen im Alter nicht mehr so gut schlafen können. Insbesondere zu Beginn des Einschlafens benötigt der Körper viel Melatonin. Bei zu niedrigen Melatoninspiegeln treten Einschlafstörungen auf.

Häufig ist auch ein erhöhter Cortisolspiegel die Ursache der Schlafstörungen. Cortisol ist der Gegenspieler des Melatonins. Liegen nachts stressbedingt erhöhte Cortisolspiegel vor, spricht man von einem relativen Melatoninmangel. Bei Schlaflosigkeit empfiehlt sich deshalb immer ein Hormontest, bei dem sowohl der Melatonin- als auch der Cortisolspiegel bestimmt werden.

Ein absoluter Melatoninmangel beeinflusst aber nicht nur den Tag-Nacht-Rhythmus, sondern auch die Funktion der Geschlechtsdrüsen. Zu wenig Melatonin führt bei Kindern und Jugendlichen zu Entwicklungsstörungen in der Geschlechtsreife. Erhöhte Melatoninspiegel können hingegen eine frühzeitige Reifung zur Folge haben.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021

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