Gehörknöchelchen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Gehörknöchelchen ist ein Sammelbegriff für die drei durch Gelenke verbundenen kleinsten Knochen im menschlichen Körper, die in der Paukenhöhle die Weiterleitung des Schalls ins Innenohr ermöglichen.

Inhaltsverzeichnis

Überblick: Was sind Gehörknöchelchen?

Anatomie des Ohrs. Amboss, Hammer und Steigbügel zählen zu den Gehörknöchelchen und leiten den Schall vom Trommelfell zum ovalen Fenster weiter.

Die Gehörknöchelchen sind drei winzige Knochen im Mittelohr, die eine entscheidende Rolle im Hörprozess spielen. Diese Knochen, genannt Hammer (Malleus), Amboss (Incus) und Steigbügel (Stapes), sind die kleinsten Knochen im menschlichen Körper und miteinander verbunden. Sie bilden eine Kette, die Schallwellen vom Trommelfell zum Innenohr weiterleitet.

Wenn Schallwellen auf das Trommelfell treffen, versetzt es den Hammer in Bewegung. Dieser überträgt die Schwingungen auf den Amboss, der sie wiederum an den Steigbügel weiterleitet. Der Steigbügel überträgt die Schwingungen schließlich auf das ovalen Fenster des Innenohrs, wo sie in Nervenimpulse umgewandelt werden, die das Gehirn als Töne interpretiert. Erkrankungen

Erkrankungen oder Verletzungen der Gehörknöchelchen, wie eine Otosklerose (eine Verknöcherung des Steigbügels), können zu Hörverlust führen. Solche Zustände erfordern oft medizinische oder chirurgische Eingriffe, um die Hörfunktion wiederherzustellen. Bedeutung

Die Gehörknöchelchen sind essentiell für das menschliche Hören. Ihre präzise und feine Mechanik ermöglicht es uns, Töne in einer Vielzahl von Lautstärken und Frequenzen wahrzunehmen.

Definition

Die Gehörknöchelchen sind in der Medizin auch bekannt als Ossicula auditiva, Ossicula auditus oder Ossicula auditoria. Es ist eine Sammelbezeichnung für die Knochen Stapes (Steigbügel), Malleus (Hammer) und Incus (Amboss).

Anatomie

Mit einem Gesamtgewicht von ca. 53 mg sind die Gehörknöchelchen die kleinsten Knochen im menschlichen Körper. Von einer Schleimhaut im Mittelohr umgeben, sind Steigbügel, Hammer und Amboss durch zwei Gelenke verbunden.

Vom Trommelfell ausgehend werden mechanische Schwingungen über die Knöchelchen an das Innenohr weitergegeben. Der Malleus ist dabei mit dem Trommelfell an seinem Stiel verwachsen. Der Musculus tensor tympani verbindet Hammer und Trommelfell. Durch seine Spannung werden zu starke Bewegung der Knöchelchen, wie z.B. beim Niesen verhindert.

Der Kopf des Hammers ist durch das Hammer-Amboss-Gelenk mit dem Incus verbunden. Der Linsenbeinfortsatz, ein schmaler Knochensteg und Teil des Amboss, ist mit dem Stapes durch das Amboss-Steigbügel-Gelenk verknüpft.

Der Steigbügel, der mit ca 3 mg Gewicht der kleinste der drei Miniaturknochen ist, hat seine Bezeichnung durch seine spezielle Form. Er besteht aus einer Fuß- oder Bodenplatte, von der aus zwei Schenkel zum Hals führen, der mit dem Steigbügelkopf abschließt. Die Bodenplatte ist mit dem ovalen Fenster verbunden und überträgt die Schwingungen auf die mit Flüssigkeit gefüllte Hörschnecke hinter dem Fenster.

Funktion

Die Knöchelchenkette von Malleus, Incus und Stapes leitet den Schall, der vom Trommelfell kommt zum ovalen Fenster weiter. Dabei findet am Trommelfell zunächst eine Umwandlung der akustischen Schwingungen in mechanische statt. Dabei entspricht die mechanische Impedanz von Trommelfell bis Innenohr etwa der akustischen Impedanz des Gehörgangs.

Das Fenestra ovales verbindet die Paukenhöle mit dem Labyrinthvorhof. Die Fußplatte des Stapes verschließt das ovale Fenster gewöhnlich. Durch die vom Schall ausgelösten Schwingungen, schwingt due Fußplatte mit, damit werden die Schallwellen weitergeleitet und etwa 30fach verstärkt.

Die Gehörknöchelchen, die zwischen der niedrigen mechanischen Impedanz am Trommelfell und der hohen am Innenohr liegen, wirken als eine Art Transformator. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Gehörknöchelchen das Innenohr vor zu lauten Schalleindrücken zu schützen.


Erkrankungen

Eine typische Erkrankung der Gehörknöchelchen ist die Otosklerose. Hierbei kommt es zu einer Verhärtung und Umbildung der Gehörknöchelchen und in Folge zu einer festen Anbindungen der Bodenplatte des Steigbügels am ovalen Fenster.

Durch die Verhärtung der Verbindung entsteht eine Schalleitungsschwerhörigkeit. Die Schallwellen können mechanisch nicht mehr vom Trommelfell in vollem Umfang übertragen werden. Bereiche innerhalb der Schnecke können ebenfalls von der Erkrankung betroffen sein, was dann außerdem zu einer Schwerhörigkeit des Innenohrs führt.

Auch wenn die Erkrankung häufig beide Ohren betrifft, sind erste Symptome in der Regel einseitige Schwerhörigkeit. Die Ursache der Erkrankung ist bisher unbekannt, betrifft Frauen aber statistisch häufiger als Männer. Eine Behandlung ist operativ möglich. Im fortgeschrittenen Stadium müssen Teile der Gehörknöchelchen entfernt und durch künstliche Bausteine ersetzt werden.

Eine weitere die Gehörknöchelchen betreffende Erkrankung ist das Cholesteatom. Hierbei handelt es sich um eine Wucherung von Plattenepithelzellen, also Zellen der oberflächlichen Hautschicht, die aus dem äußeren Gehörgang ins Mittelohr wuchern. Dadurch wird der Flüssigkeitsabfluss des Mittelohres verhindert.

Durch die Hautwucherungen können die vorhanden Strukturen von Malleus, Incus und Stapes empfindlich gestört werden. Es kommt zu einer chronischen Mittelohrentzündung. In diesem Fall kann nur eine operative Intervention helfen, begleitet von einer Antibiotikatherapie.

Otosklerose

Otosklerose ist eine Erkrankung des Mittel- und Innenohrs, die zu einer fortschreitenden Hörminderung führt. Sie entsteht durch eine abnormale Knochenneubildung im Bereich der Gehörknöchelchen, insbesondere am Steigbügel (Stapes). Diese Knochenveränderungen behindern die Schallübertragung vom Mittelohr ins Innenohr, was letztlich zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit führt.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen der Otosklerose sind nicht vollständig geklärt, doch genetische Faktoren spielen eine bedeutende Rolle, da die Krankheit häufig familiär gehäuft auftritt. Hormonelle Veränderungen, wie sie beispielsweise während der Schwangerschaft auftreten, können das Fortschreiten der Otosklerose begünstigen. Auch virale Infektionen, insbesondere mit Masernviren, wurden als mögliche Auslöser diskutiert.

Symptome Das Hauptsymptom der Otosklerose ist ein allmählich zunehmender Hörverlust, der oft in einem Ohr beginnt und später beide Ohren betreffen kann. Viele Betroffene klagen auch über Tinnitus (Ohrgeräusche) oder Schwindel. Charakteristisch für Otosklerose ist die sogenannte „Paracusis Willisii“, bei der Betroffene Sprache in geräuschvoller Umgebung besser verstehen als in Ruhe.

Diagnose Die Diagnose erfolgt durch eine gründliche HNO-ärztliche Untersuchung. Audiometrische Tests zeigen typischerweise einen Schallleitungs- oder kombinierten Hörverlust. Ein Stapediusreflex-Test kann ebenfalls Hinweise auf Otosklerose geben. Bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) des Schläfenbeins werden eingesetzt, um die Diagnose zu bestätigen und das Ausmaß der Knochenveränderungen zu beurteilen.

Behandlung Die Behandlung der Otosklerose kann sowohl operativ als auch konservativ erfolgen, je nach Ausmaß der Erkrankung und individuellen Patientenfaktoren.

  • Operative Behandlung

Die häufigste und effektivste Behandlungsmethode bei fortgeschrittener Otosklerose ist die Stapedotomie oder Stapedektomie. Bei diesem chirurgischen Eingriff wird der versteifte Steigbügel entweder teilweise oder vollständig entfernt und durch eine winzige Prothese ersetzt. Diese Prothese übernimmt die Funktion des Steigbügels und stellt die Schallübertragung wieder her. Der Eingriff wird in der Regel unter lokaler Betäubung oder Vollnarkose durchgeführt und dauert etwa 1-2 Stunden. Die meisten Patienten erfahren eine deutliche Verbesserung ihres Hörvermögens nach der Operation.

  • Konservative Behandlung

In frühen Stadien oder bei Patienten, die sich keiner Operation unterziehen möchten oder können, kann eine konservative Behandlung in Betracht gezogen werden. Diese umfasst vor allem die Anpassung eines Hörgeräts, das den Hörverlust kompensiert. Hörgeräte verstärken die Schallwellen und verbessern so die Hörwahrnehmung, ohne die zugrunde liegende Knochenveränderung zu behandeln. Zusätzlich kann in einigen Fällen die Einnahme von Natriumfluorid oder Bisphosphonaten erwogen werden, um das Fortschreiten der Otosklerose zu verlangsamen. Diese medikamentöse Therapie ist jedoch umstritten und wird nicht routinemäßig empfohlen.

Die Wahl der Behandlung hängt vom Schweregrad der Otosklerose, den individuellen Bedürfnissen und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab. Während die Stapedotomie bei geeigneten Kandidaten eine hohe Erfolgsrate hat, bieten Hörgeräte eine nicht-invasive Alternative, insbesondere für Patienten, die eine Operation vermeiden möchten. Eine frühzeitige Diagnose und regelmäßige HNO-ärztliche Kontrollen sind wichtig, um die bestmögliche Therapie zu gewährleisten.

Prognose Mit einer rechtzeitigen und geeigneten Behandlung ist die Prognose bei Otosklerose in der Regel gut. Operationen führen in den meisten Fällen zu einer deutlichen Verbesserung des Hörvermögens. Unbehandelt kann die Krankheit jedoch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen, weshalb eine frühzeitige Diagnose und Therapie wichtig sind.

Quellen

  • Zenner, H.P.: Praktische Therapie von Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Schattauer Verlag, 2008 3
  • Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2013
  • Probst, R.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008
  • Trautmann, A.: Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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