Familiäre Hypercholesterinämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einer familiären Hypercholesterinämie sind die Cholesterinwerte (LDL-Cholesterinspiegel) im Blut unabhängig von der Lebensweise stark erhöht. Wie der Name schon andeutet, ist diese Erkrankung erblich bedingt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist familiäre Hypercholesterinämie?

Zu viel Cholesterin im Blut führt dazu, dass sich Cholesterin in den Gefäßwänden einlagert. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt.

Die familiäre Hypercholesterinämie ist eine besonders schwere Form der Hypercholesterinämie und führt ohne dauerhafte Behandlung zum frühzeitigen Tod durch Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

Dabei ist der LDL-Wert stark erhöht, wobei der HDL-Wert normal oder sogar zu niedrig sein kann. Es gibt zwei Formen der familiären Hypercholesterinämie, die etwas häufigere heterozygote und die sehr seltene homozygote Form.

Ursachen

Die familiäre Hypercholesterinämie wird durch einen Gendefekt jenes Gens verursacht, welches für den Abbau von LDL in der Leber und den Gefäßzellen verantwortlich ist. Dabei kann der LDL-Rezeptor das LDL aus dem Blut nicht mehr aufnehmen, wobei sich der LDL-Wert im Blut auf das Zwei- bis Zehnfache erhöhen kann. Die meisten Formen der Hypercholesterinämie werden zwar durch eine ungesunde Lebensweise, bestimmte Grunderkrankungen oder Mischformen zwischen Lebensweise, Grunderkrankungen und erblichen Faktoren verursacht.

Bei der familiären Form der Hypercholesterinämie findet jedoch ein gestörter Abbau des LDL aufgrund defekter oder fehlender LDL-Rezeptoren statt. Allerdings hängt der Schweregrad dieser Erkrankung davon ab, ob das defekte Gen nur von einem Elternteil (heterozygote Form der Hypercholesterinämie) oder von beiden Elternteilen (homozygote Form der Hypercholesterinämie) vererbt wurde.

Während bei der heterozygoten familiären Hypercholesterinämie noch einige wenige intakte LDL-Rezeptoren vorhanden sind, findet bei der homozygoten familiären Hypercholesterinämie aufgrund fehlender LDL-Rezeptoren gar kein Abbau von LDL mehr statt.

Wann zum Arzt?

Besteht innerhalb der Familie eine Cholesterinerkrankung, empfiehlt es sich grundsätzlich, eine Kontrolluntersuchung bei einem Arzt vorzunehmen. Wurde der genetische Defekt an die Nachkommen weitergegeben, kommt es häufig zu den gleichen Symptomen wie bei dem Familienmitglied. Atemnot oder Kurzatmigkeit sind Hinweise, die untersucht und behandelt werden müssen. Treten durch die Atembeschwerden Ängste oder ein Gefühl der Enge im Brustbereich auf, ist ein Arztbesuch ebenfalls notwendig.

Haben Familienangehörige einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten, sollten Kontrolluntersuchungen eingeleitet werden, sobald Parallelen des eigenen Gesundheitszustand zu dem des Betroffenen vorhanden sind. Dies gilt insbesondere, wenn es in der Erbfolge eine direkte genetische Verbindung gibt. Schmerzen in der Region des Herzens gelten als besorgniserregend und sind von einem Arzt untersuchen zu lassen.

Halten die Beschwerden über mehrere Tage an, nehmen sie an Intensität zu oder kommt es zu einer Ausbreitung der Symptome, ist ein Arztbesuch schnellstmöglich notwendig. Bei Kopfschmerzen, Schwindel oder Beeinträchtigungen des Bewusstseins muss ein Arzt konsultiert werden. Ein allgemeines Unwohlsein und Schwäche sind ebenfalls abzuklären. Häufig wird die Erkrankung sehr spät bemerkt. Aus diesem Grund ist eine erhöhte Aufmerksamkeit gefragt, sobald ein Familienmitglied an einer Hypercholesterinämie erkrankt ist.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer familiären Hypercholesterinämien:

Genauso wie die häufigeren Formen der Hypercholesterinämie, führen auch die familiären Hypercholesterinämien längerfristig zu Arteriosklerose und den daraus folgenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Angina pectoris, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Wird das Cholesterin im LDL nicht abgebaut und erhöht sich dadurch dessen Konzentration im Blut, kommt es aufgrund von Oxidationsprozessen zu Ablagerungen an der Gefäßwand.

Oxidiertes Cholesterin ist durch Lipoproteine nicht mehr transportfähig und wird von sogenannten Makrophagen (Fresszellen) umschlossen, wobei sich großvolumige Schaumzellen bilden, welche die Vorstufe der Plaques darstellen. Die Schaumzellen äußern sich durch sichtbare Cholesterinablagerungen in Form von Xanthomen an Haut und Sehnen und Xanthelasmen an den Augen. Ständige Entzündungsreaktionen führen letztlich zur Erstarrung der Gefäße mit den bekannten Folgen.

Lange Zeit treten jedoch keine Symptome auf. Erst wenn die Beweglichkeit und Flexibilität der Blutgefäße nachhaltig eingeschränkt ist, kommt es zu Beklemmungsgefühlen in der Brust, Herzschmerzen, Atemwegsproblemen, Kopfschmerzen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit und in Extremfällen zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Bei einer unbehandelten familiären Hypercholesterinämie treten diese Symptome schon sehr frühzeitig in Erscheinung, wobei die homozygote Form der Hypercholesterinämie bereits im Kindesalter Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen kann.

Diagnose

Ein frühzeitiger Beginn schwerwiegender Herz-Kreislauferkrankungen, die jedoch erst für das Alter typisch sind, deutet auf eine familiäre Hypercholesterinämie hin. Wenn der Arzt extrem hohe Cholesterinwerte ab 200 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) feststellt, wird er die entsprechende Verdachtsdiagnose aufstellen.

Eine umfassende Anamnese der Krankengeschichte, der Eruierung ähnlicher Krankheitsverläufe in der Verwandtschaft und der Einfluss der Veränderung der Lebensweise auf die Cholesterinwerte dienen dem Arzt zur Bestätigung oder zum Ausschluss der erblichen Form der Hypercholesterinämie. Liegen die Cholesterinwerte jedoch im Bereich von 500 mg/dl bis 1200 mg/dl, kann er davon ausgehen, dass der Patient an einer homozygoten familiären Hypercholesterinämie leidet.

Behandlung und Therapie

Die Therapie der familiären Hypercholesterinämie richtet sich nach ihrem Schweregrad. Ihre seltenere homozygote Form kann beispielsweise nicht allein medikamentös behandelt werden. Denn hier existieren keine LDL-Rezeptoren. Folglich zeigen Medikamente, die die Aufnahme des LDL in die Zellen erhöhen sollen, keine Wirkung. Die einzige Möglichkeit besteht hier in einer lebenslangen LDL-Apherese (Blutwäsche). Dabei wird das Blut des Patienten außerhalb des Körpers in einer Maschine gereinigt, indem unerwünschte Blutbestandteile entfernt werden. Die Blutwäsche muss wöchentlich durchgeführt werden.

Begleitend können Medikamente gegeben werden, die die Bildung von Cholesterin einschränken. So hat sich die Gabe von Austauschharzen bewährt, die Gallensäuren im Darm binden. Die Leber benötigt nämlich Gallensäure als Ausgangsstoff zur Synthese von Cholesterin. Die häufigere heterozygote familiäre Hypercholesterinämie kann medikamentös behandelt werden. Dabei ist auch hier zu beachten, dass die Therapie mit Medikamenten lebenslang erfolgen muss.

Zur Behandlung werden sogenannte Statine eingesetzt. Die Statine hemmen die Synthese von Cholesterin in der Leber. Dadurch wird die Leber gezwungen, vermehrt LDL über die LDL-Rezeptoren aufzunehmen, wobei dessen Konzentration im Blut sinkt. Bei der heterozygoten Form der Hypercholesterinämie ist das möglich, weil hier noch einige wenige intakte LDL-Rezeptoren vorhanden sind. Zusätzlich können Cholesterin-Aufnahme-Hemmer, die die Cholesterin-Aufnahme im Darm hemmen, appliziert werden. Begünstigend für die Behandlung dieser Form der familiären Hypercholesterinämie ist natürlich auch eine cholesterinarme Ernährung.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung vor einer familiären Hypercholesterinämie ist nicht möglich, da sie auf einem Gendefekt beruht. Zur Einschränkung schwerwiegender Folgeerkrankungen sollte möglichst frühzeitig mit der Therapie begonnen werden. Die Behandlung einer familiären Hypercholesterinämie wird jedoch durch eine gesunde Lebensweise positiv beeinflusst.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
  • Bieber, C. et al.: Duale Reihe Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2012
  • Böhm M, Hallek M, Schmiegel W (Hrsg): Innere Medizin, begr. von Classen M, Diehl V, Kochsiek K, 6. Auflage, München Elsevier Urban & Fischer Verlag 2009

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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