Akustisches Trauma (Knalltrauma)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bereits durch eine einmalige, kurze Schalleinwirkung auf den menschlichen Gehörgang kann im Extremfall eine Schädigung hervorgerufen werden, die unter Umständen dauerhaft bestehen bleiben kann. Eine solche Verletzung des Hörorgans bezeichnet man als akustisches Trauma bzw. Schalltrauma. Unter diesen Überbegriff fällt auch das Knalltrauma.
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Was ist ein akustisches Trauma (Knalltrauma)?
Ein Knalltrauma entsteht durch starke Schallreize (über 140 dB), die lediglich ein bis drei Millisekunden auf das Gehör einwirken und dieses überbelasten. Hierbei ist der Schalldruck so stark, dass er das Innenohr schädigt.
Es besteht somit ein akuter Defekt der Haarzellen (sensorische Zellen) des Corti-Organs, welches die Schnittstelle zwischen Signalen der Nerven in der Innenohrschnecke und den akustischen mechanischen Schwingungen darstellt. Ein menschliches Gehör besitzt in diesem Bereich etwa 15.000 solcher Haarzellen. Bei einem Knalltrauma werden Trommelfell und Gehörgang nicht beeinträchtigt.
Ursachen
Hierbei entsteht die Schädigung des cortischen Organs durch einen Sauerstoffmangel und infolgedessen einer Stoffwechselstörung der Haarzellen, wodurch bedingt deren Funktion gestört wird. Es ist jedoch ebenso möglich, dass eine mechanische Schädigung der Sinneszellen besteht, die durch das Zerreißen der Basilarmembran auftritt. Diese Membran ist widerum der Sitz des Corti-Organs, welches die Rezeptoren für die auditive Wahrnehmung enthält. Ein derartiger Schaden kann irreversibel sein, sodass das Gehör für die jeweiligen Frequenzbereiche, welche die betroffenen Haarzellen verarbeiteten, fortwährend eingeschränkt ist. Hinzukommend können unmittelbar nach dem Ereignis Ohrgeräusche auftreten.
Wann zum Arzt?
Ist nach einer lauten Knalleinwirkung das Hörvermögen dauerhaft reduziert, muss ein Arzt aufgesucht werden. In den meisten Fällen kommt es nach einem lauten Geräusch für einige Minuten zu einem Gefühl der Taubheit. Setzt bereits nach wenigen Minuten eine Linderung ein, stellt sich im Normalfall innerhalb der kommenden Stunden eine vollständige Regeneration des Hörvermögens ein. Ein Arzt muss nicht aufgesucht werden, wenn das Hörvermögen innerhalb weniger Tage vollständig vorhanden ist.
Bleibt das Gefühl der Taubheit oder starken Beeinträchtigung des Hörvermögens über mehrere Stunden unvermindert bestehen, sind Verletzungen im Gehörgang sehr wahrscheinlich und müssen untersucht werden. Eine Verletzung der inneren Haarzellen sind irreparabel und sollten daher von einem Arzt abgeklärt werden.
Ein akustisches Trauma kann zur Entstehung von Angst führen. Schafft es der Betroffene nicht, sich emotional zu beruhigen und die Angst zu minimieren, ist es ratsam, wenn er einen Arzt konsultiert. Erleidet der Betroffene eine Panikattacke durch das verminderte Hörvermögen, ist ein Arzt aufzusuchen. Atemnot, Schweißausbruch, hysterische Anfälle oder Aggressivität sind Anzeichen für eine emotionale Überforderung und sollten von einem Arzt behandelt werden. Stellen sich Probleme beim Halten des Gleichgewichts ein oder tritt ein andauerndes Schwindelgefühl auf, sollte ein Arztbesuch stattfinden, um Beschädigungen des Gleichgewichtsorgans im Ohr untersuchen zu lassen.
Symptome und Verlauf
Die Symptome eines Knalltraumas können verschiedener Natur sein. Hierzu zählt auch der Tinnitus. Bei einem Tinnitus nimmt der Betroffene Geräusche wahr, welche keine äußeren akustischen Reize besitzen. Ein weiteres Symptom ist der Hörverlust, der mit einer deutlichen Verringerung des Hörvermögens einhergeht. Weiterhin kommt es zu dem Gefühl, dass das betroffene Ohr verstopft wäre. Auch ein flüchtiger, stechender Ohrenschmerz kann bei einem Knalltrauma auftreten.
Die Hyperakusis, eine krankhafte Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, die von einem gesunden Hörorgan nicht als unangenehm laut empfunden werden, stellt ebenfalls ein Anzeichen eines vorhergegangenen akustischen Traumas dar. Auch Gleichgewichtsstörungen sowie Schwindel gelten als einschlägige Krankheitszeichen. Oftmals verbessert sich die Symptomatik bei einem Knalltrauma jedoch innerhalb der ersten Folgetage. Nur selten nehmen die Beschwerden nach dem Ereignis zu. Dennoch bestehen in etwa 50 Prozent der Knalltrauma-Fälle bleibende Schädigungen. In erster Linie betrifft dies den Hochtonbereich.
Diagnose
Eine Beschreibung des auslösenden Ereignisses als auch des zeitlichen Verlaufs, sind häufig klare Indikatoren zur Diagnose eines akustischen Traumas. Zur Untersuchung der konkreten Auswirkungen auf das Hörorgan, wird der HNO-Arzt eine Otoskopie (Ohrenspiegelung) vornehmen. Anschließend folgen verschiedene diagnostische Verfahren zur Quantifizierung des Hörschadens.
Besteht nach diesen Verfahren ein unklarer Befund, werden weitere Untersuchungen eingeleitet. So geben die otoakustischen Emissionen, welche anhand einer kleinen Sonde innerhalb des Gehörgangs gemessen werden, Aufschluss über die Übertragbarkeit von Schwingungen eines akustischen Reizes. Bei der Hirnstammaudiometrie können zudem die elektrischen Reaktionen spezifischer Hirnregionen erfasst werden, wenn der Patient bestimmte Töne wahrnimmt.
Komplikationen
Nach einem akustischen Trauma können vielgestaltige Komplikationen auftreten. So können bereits während des Traumas Entzündungen und größere Verletzungen am Basilarmembran und den Haarzellen entstehen. Das Hörvermögen ist in der Folge mitunter eingeschränkt und stellt sich nur langsam wieder. Selten bleibt auch nach erfolgreicher Traumabehandlung eine gewisse Schwerhörigkeit bestehen. Bei Schalldruckwellen von 140 Dezibel und mehr besteht die Gefahr schwerer Frakturen im Innenohr. Insbesondere die Gehörgänge, das Corti-Organ und die Schnecke sind gefährdet und können sich in Folge eines Knalltraumas entzünden.
Die Behandlung eines akustischen Traumas ist ebenfalls nicht risikofrei. Komplikationen gehen vor allem von verordneten Arzneimitteln wie Hydroxyethylstärke und Procain aus, die Juckreiz und schwere Nierenschäden hervorrufen können. Wird Kortison verschrieben, kann es zu einem Blutdruckanstieg und einer Erhöhung der Blutfettwerte kommen. Außerdem nimmt die Infektanfälligkeit zu. Bei der operativen Behandlung via Tympanoplastik kann es zu Verletzungen in Außen-, Mittel- oder Innenohr kommen. Mögliche Komplikationen sind unter anderem Ohrensausen, Schwindel, einseitige Lähmungserscheinungen und eine Veränderung des Geschmackssinnes.
Behandlung und Therapie
Die Behandlung eines akustischen Traumas ist stets vom Grad der Schädigung abhängig. Zumeist werden Infusionen, welche durchblutungsfördernde Wirkstoffe sowie Kortison enthalten, verabreicht. Das Kortison wirkt hierbei eventuellen Entzündungen entgegen. Vereinzelt kann hochdosiertes Kortison auch direkt ins Innenohr eingegeben werden. Schlägt diese Therapieform nicht an, so kann Sauerstoff, welcher unter Überdruckbedingungen verabreicht wird, Erfolg versprechen.
Das operative Verfahren bei einem Knalltrauma besteht in einer Tympanotomie. Dabei wird unter Lokalnarkose das Trommelfell zur Seite geklappt, sodass das Mittelohr auf einen Riss in der Membran hin untersucht werden kann. Beobachtet der behandelnde Arzt eine entsprechende Schädigung, wird die betroffene Membran mit Bindegewebe abgedichtet.
Findet eine frühe Behandlung statt, so erholt sich das Gehör bei einem Großteil der Betroffenen wieder. Viele Patienten leiden jedoch trotz Therapie oftmals weiterhin unter Ohrgeräuschen. Sind nach einigen Wochen nach einem Knalltrauma nach wie vor derartige Geräusche vorhanden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese dauerhaft verbleiben.
Vorbeugung
Einem akustischen Trauma kann man vorbeugen, indem man Orte meidet, an denen eine hohe Lärmbelästigung stattfindet. Bei Besuchen in der Diskothek, bei Konzerten oder Berufen, die einem erhöhtem Lärmaufkommen ausgesetzt sind, sollte stets ein entsprechender Schutz getragen werden (Ohrstöpsel, Gehörschutz-Kopfhörer).
Quellen
- Zenner, H.P.: Praktische Therapie von Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Schattauer Verlag, 2008 3
- Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2013
- Suttorp, N. et al.: Infektionskrankheiten: verstehen, erkennen, behandeln, Georg Thieme Verlag, 1. Auflage, 2003
- Probst, R.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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