Abgekaute Fingernägel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Stress, Angst und Neurosen können viele verschiedene Ticks und Gewohnheiten verursachen. Eines der häufigsten ist das Kauen von Fingernägeln wodurch abgekaute Fingernägel entstehen. Es ist eine seltsame, jedoch häufig verbreitete Art und Weise, auf Angst und Stress zu reagieren; zudem ist es eine der häufigsten Arten, wie Kinder und Erwachsene mit Spannungen und Stress umgehen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind abgekaute Fingernägel?

Nervosität, Stress oder psychische Störungen sind häufig der Grund für abgekaute Fingernägel.

Menschen jedes Alters beißen ihre Nägel. Etwa die Hälfte aller Kinder im Alter zwischen 10 und 18 Jahren leidet einmalig oder häufig unter abgekauten Nägeln. Zudem tritt es während der Pubertät auf. Auch junge Erwachsene im Alter von 18 bis 22 Jahren beißen ihre Nägel. Danach sinkt die Häufigkeit mit zunehmendem Alter. Die meisten Menschen legen dieses Verhalten nach dem 30. Lebensjahr ab. Jungen kauen ihre Nägel häufiger als Mädchen nach dem 10. Lebensjahr.

Abgekaute Nägel können auch mit anderen körperfokussierten repetitiven Verhaltensweisen wie Haareziehen oder selbstinduzierten Hautschädigungen auftreten. Onychophagie ist das zwanghafte Beißen der Nägel und ist ein körperfokussiertes, sich wiederholendes Verhalten, welches die Zerstörung der einzelnen Fingernägel sowie der Haut um die Nagelhaut und Nägel herum verursacht. Das Beißen der Nägel ist weit verbreitet, kann jedoch bei einigen Individuen mehr als nur eine schlechte Angewohnheit sein. Es kann sehr ernst werden, da diese Personen unter dem Drang zum zwanghaften Nagelbeißen leiden und als Folge Prellungen, Blutungen und dauerhafte Schäden an den Fingern sowie Infektionen erleiden können. Onychophagie wird als eine Art von Impulskontrollstörung klassifiziert.

Ursachen

Die Gründe für abgekaute Fingernägel sind möglicherweise eine Vermischung von umweltbezogenen sowie biologischen Faktoren. So wurde zwanghafte Fellpflege bereits bei nahezu allen Tierarten beobachtet, wobei das Verhalten unter steigender Stressbelastung zunimmt. In der Regel betrifft es diejenigen Personen, die ohnehin schon unter Zwangsstörungen sowie körperdysmorphen Störungen leiden. Es gibt zahlreiche Erklärungsansätze für dieses selbstschädigende Verhalten; die häufigsten sind Selbstberuhigung, Perfektionismus und Stimulation.

Unter hohem Stress verspüren viele Individuen die Notwendigkeit, für Beruhigung zu sorgen; das Beißen der Nägel ist dazu ein Mittel. Es hat einige beruhigende Wirkung und reduziert die äußeren Einflüsse. Im Gegensatz dazu gilt, dass für Individuen, welche inaktiv oder gelangweilt sind, das Nagelbeißen dabei hilft wach zu bleiben, oder einen anderweitigen Zustand der Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, auch wenn die Umgebungsbedingungen mangelnde Anreize dafür bieten.

Als dritte Ursache gilt häufig ein Zwang zum Perfektionismus. Einige Nagelbeißer können enorme Zeit mit der Prüfung und Reinigung der Nägel verbringen. Ironischerweise ziehen diese übereifrigen Versuche zumeist einen schlechteren Zustand der Nägel nach sich, als vor der Behandlung. Das Kauen der Fingernägel kann einen Zyklus verursachen, der sich selbst verewigt und schließlich zu einem Dauerzustand von Angst und Scham führt.

Krankheiten

  • Onychophagie
  • Impulskontrollstörung

Diagnose und Verlauf

Typisches Erscheinungsbild der Onychophagie: Bis auf das Nagelbett abgebissene Nägel.

Zwar gibt es keinen anerkannten Leitfaden zur Diagnose von Onychophagie, doch lassen sich mithilfe von Fragebögen eine Vielzahl von emotionalen und Verhaltensproblemen, einschließlich Unaufmerksamkeit und hyperaktives Verhalten, emotionale Symptome, Verhaltensprobleme und prosoziales Verhalten identifizieren und bewerten. Im Umgang mit Onychophagie kann es nützlich sein, diesen Fragebogen als einen Weg zu betrachten, um Beziehungen, die Einfluss auf die individuellen Gewohnheit bezüglich abgekauter Fingernägel haben können, zu prüfen.

Die folgenden Symptome und Zeichen der Onychophagie sind bekannt: kurze Nägel, blutende Stellen an der Haut rund um die Nägel, zwanghaftes Nagelbeißen, Schwielen an den Händen sowie schmerzende Nägel. Zwanghaftes Nagelbeißen kann auch zu weiteren körperlichen Problemen führen, einschließlich Mageninfektionen durch das Verschlucken der abgebissenen Nägel, Pilzinfektionen der Nagelplatte (Onychomykose) und der umgebenden Haut (Paronychien), Schäden an den Zahnwurzeln, alveolare Schäden, Darmparasiteninfektionen sowie Schmerzen im Kiefergelenk.

Behandlung und Therapie

Der erste Ansatzpunkt zur Behandlung von Zwangsstörungen sind in der Regel Antidepressiva. Die verordneten Dosierungen zur Behandlung von Zwangsstörungen sind jedoch meist höher als diejenigen, welche zur Behandlung von Depressionen verschrieben werden. Medikation ist jedoch keine vollständige Heilungsmethode, sondern dient zur Linderung der Symptome. Zusammen mit den Medikamenten muss eine kognitive Verhaltenstherapie erfolgen. Diese wird verwendet, um evidenzbasierte Behandlungen zu beschreiben, die sich darauf konzentrieren, das aktuelle Verhalten einer Person durch die Anwendung von Lerntheorien und Psychotherapie positiv zu beeinflussen.


Vorbeugung

Das Aufpassen auf die Nägel kann helfen, schädigendes Nagelkauen zu verringern und ermutigt dazu, die Nägel attraktiv zu halten; hierzu gehört auch eine regelmäßige professionelle Maniküre sowie die Verwendung von Nagellack. Männer können eine klare Politur verwenden. Das Tragen von künstlichen Nägeln kann zudem das Kauen verhindern und schützt zudem das Wachstum der gesunden Nägel. Auch eine bitter schmeckende, lebensmittelechte Politur erfüllt den Zweck.

Abgekaute Fingernägel sind oft die Folge unbewussten Handelns. Es kann deshalb helfen, die Fingerkuppen abzudecken oder anderweitig unzugänglich zu machen. Im Idealfall mit etwas, das kaum über die Finger reicht, z.B. ein Pflaster. Damit lässt sich die Gewohnheit schon im Ansatz bekämpfen. Auch das Ersetzen durch eine andere Gewohnheit kann helfen.

Manchmal brauchen die Hände einfach etwas Beschäftigung; dies kann das Spielen mit einem Stift, eine Übung zur Fingerfertigkeit oder eine andere Tätigkeiten sein. Es ist grundsätzlich schwierig, einen unbewussten Drang zu stoppen; jedoch lässt sich durch die Ersatzhandlung zumindest eine schädigende Art der Stressbewältigung, zum Beispiel in der Form abgekauter Fingernägel, vorbeugen.

Technologie ist gemeinhin kein guter Begleiter für Zwangsstörungen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht auch zum eigenen Vorteil verwendet werden kann. Wenn man feststellt, dass der Drang zum Nägelkauen zu bestimmten Tageszeiten oder an bestimmten Orten stärker ist als sonst, kann man Alarme oder Benachrichtigungen einrichten, welche einen daran erinnern, nicht zu kauen.

Psychologen geben den Ratschlag, dass es grundsätzlich vorteilhaft ist, die Hände und den Mund konstant zu beschäftigen. Wer sich in einer stressigen Situation findet und dabei vielleicht sogar alleine ist, also keine Möglichkeit hat, sich durch ein Gespräch oder andere Interaktionen abzulenken, muss andere Lösungen finden. Das Ausfüllen eines Kreuzworträtsels oder Kaugummikauen sind dabei nur zwei von vielen bekannten und erfolgreichen Methoden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Faller, H. & Lang, H.: Medizinische Psychologie und Soziologie, Springer Verlag, 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021

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