Präimplantations­diagnostik (PID)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. Februar 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Begriff Präimplantationsdiagnostik werden genetische Untersuchungen an Embryonen zusammengefasst, die durch künstliche Befruchtung entstehen. Die Untersuchung findet vor der Übertragung des Embryos in die Gebärmutter statt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Präimplantationsdiagnostik (PID)

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ermöglicht die genetische Untersuchung auf schwere Erbkankheiten nach einer künstlichen Befruchtung. © Phonlamai Photo - shutterstock.com

Als Präimplantationsdiagnostik (PID) werden medizinische Untersuchungen an Embryonen bezeichnet, deren Zeugung durch künstliche Befruchtung erfolgt. Sie sind nur wenige Tage alt und werden erst nach der Untersuchung in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Durch die Präimplantationsdiagnostik ist es möglich, Fehler an den Chromosomen festzustellen, durch die es zu einer Fehl- oder Totgeburt kommen kann. Die Eltern entscheiden dann, ob der Embryo in den Mutterleib verpflanzt oder darauf verzichtet wird. In der Medizin ist die Präimplantationsdiagnostik schon seit Jahren höchst umstritten. In Deutschland darf das Verfahren seit 2011 eingeschränkt zur Anwendung kommen.

Unter welchen Voraussetzungen ist PID erlaubt?

Schwere Erbkrankheiten

Zielgruppe der Präimplantationsdiagnostik sind Paare, bei denen Erbanlagen für schwere Erkrankungen vorliegen. Es besteht bei ihnen ein hohes Risiko, dass eine Erbkrankheit auf ihre Nachkommen übertragen wird. Die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik dient dazu, genetische Veränderungen, die als Hinweise auf schwere Erkrankungen des Kindes gelten, zu erkennen. Zu diesem Zweck untersuchen die Ärzte das Erbgut von Eizellen, die künstlich befruchtet werden, um sie auf mögliche Erbkrankheiten zu überprüfen.

Zur Anwendung gelangt die Präimplantationsdiagnostik ausschließlich bei Risikogruppen, die einen begründeten Verdacht auf eine erblich bedingte Krankheit liefern. Als denkbares Beispiel gilt das wiederholte Auftreten der Erkrankung Chorea Huntington innerhalb einer Familie. Außerdem können der Frau schon einige gescheiterte künstliche Befruchtungen widerfahren sein.

Nicht immer sind die Ergebnisse der PID absolut sicher. Daher kommen mitunter Fehldiagnosen in Betracht. Um die Diagnose abzusichern, besteht jedoch die Option, zusätzlich eine Pränataldiagnostik (PND), zu der u. a. die Fruchtwasseruntersuchung oder Chorionzottenbiopsie gehören, durchzuführen.

Zu den wichtigsten Anwendungsgebieten der Präimplantationsdiagnostik zählen genetische Erkrankungen wie die Cystische Fibrose, das Marfan-Syndrom, die Beta-Thalassämie sowie die Sichelzellenanämie und Chorea Huntington. Als weitere Indikationen gelten die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne, Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) und die Monosomie 21.

"Rettergeschwister"

In einigen Ländern dient die Präimplantationsdiagnostik dazu, Rettergeschwister zu identifizieren. Bei den sogenannten Rettergeschwistern handelt es sich um Embryonen, die älteren schwer erkrankten Geschwistern durch eine Knochenmark- oder Nabelschnurblutspende Hilfe leisten sollen. Nach der künstlichen Befruchtung werden die passenden Gewebemerkmale selektiert.

PID und künstliche Befruchtung

Neben dem Nachweis von ungefähr 200 Erbkrankheiten lässt sich die Präimplantationsdiagnostik aber auch dazu nutzen, den Erfolg einer künstlichen Befruchtung zu erhöhen und die Geschlechter zu selektieren. Dabei muss nicht unbedingt ein Bezug zu einer Krankheit vorhanden sein. Des Weiteren können mit der PID Erkrankungen diagnostiziert werden, die auch durch die Pränataldiagnostik feststellbar sind.

PID und Ethik

Vor der Durchführung der Präimplantationsdiagnostik sind auch die ethischen Aspekte zu bedenken. So ist das medizinische Verfahren noch immer stark umstritten. Kritiker der PID fordern deren Verbot, weil sie ihrer Meinung nach die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt gefährden würde. Gleichzeitig erhöht sich der gesellschaftliche Druck auf die Eltern, unbedingt ein gesundes Kind bekommen zu müssen. Durch die Präimplantationsdiagnostik gerate die Werteordnung des Grundgesetzes auf denselben Anspruch auf Würde in Gefahr.

Die Anhänger der PID vertreten dagegen die Auffassung, dass die Eltern mithilfe der Untersuchung ihr späteres Kind vor schweren physischen und psychischen Belastungen schützen können. Auch Schwangerschaftsabbrüche, Fehlgeburten und Totgeburten sind mit der Präimplantationsdiagnostik zu vermeiden.

Seit einer Abstimmung des Deutschen Bundestages am 7. Juli 2011 ist die PID in Deutschland seit November 2011 beschränkt zugelassen. Prinzipiell ist die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland noch immer verboten. Allerdings bestehen Ausnahmen, wenn eine schwere Erbkrankheit zu befürchten ist oder sich mit der PID lebensgefährliche Schädigungen des Embryos entdecken lassen.

Wie laüft die PID ab?

Bevor die Präimplantationsdiagnostik durchgeführt werden kann, ist eine künstliche Befruchtung notwendig. Dabei bilden sich mehrere Embryonen heran. Die Technik, die im Vorfeld der PID erfolgt, trägt die Bezeichnung In-vitro-Fertilisation (IVF). Dabei erfolgt u. a. eine Hormonstimulation der Frau durch die Einnahme von Tabletten. Unter Narkose findet im weiteren Verlauf ein Eingriff statt, in dessen Rahmen die Eizellen behutsam aus dem Eierstock abgesaugt werden. Im Anschluss an die Befruchtung gehen aus den Eizellen mehrere Embryonen hervor, die sich durch die Präimplantationsdiagnostik untersuchen lassen.

In Deutschland gilt die sogenannte Dreierregel. Das bedeutet, dass bei einer künstlichen Befruchtung höchstens drei Embryonen innerhalb eines Zyklus entstehen dürfen. Mit dieser Regelung ist zu verhindern, dass mehr Embryonen geschaffen werden, als sich in einem Zyklus in die Gebärmutter einbringen lassen. Mit einem Katheter werden daher im Rahmen der künstlichen Befruchtung höchstens drei Embryonen in die Gebärmutter übertragen. Wer dagegen versucht, mehr Embryonen auf eine Frau zu übertragen, als sich während eines Zyklus einbringen lassen, begeht einen Gesetzesverstoß.


Wie hoch sind die Kosten?

Die Kosten für die Präimplantationsdiagnostik müssen von den Eltern selbst bezahlt werden. Diese fallen mit 5000 bis 10.000 Euro derart hoch aus, dass nur wenige Paare sich das Verfahren leisten können. Ohnehin kommen in Deutschland nur etwa 150 Paare im Jahr für eine PID infrage. Die Kosten für das Verfahren fallen sehr variabel aus und hängen u. a. von der Erkrankung ab, die es zu diagnostizieren gilt.

Im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik sind auch Risken und Nebenwirkungen im Bereich des Möglichen, die mit der künstlichen Befruchtung zusammenhängen. So besteht bei diesem Eingriff die Gefahr von Übelkeit, Atemproblemen, Blutgerinnungsstörungen und Schmerzen.

Risiken und Komplikationen

Eine Komplikation, die während der PID häufiger auftritt, ist das ovarielle Hyperstimulationssyndrom (OHSS), das sowohl leichte als auch schwere Verlaufsformen nehmen kann. Die schwere Ausprägung erreicht in seltenen Fällen sogar lebensgefährliche Ausmaße.

Da die Frau während der Präimplantationsdiagnostik eine hohe Menge an Hormonen erhält, damit die Eizellen innerhalb der Eierstöcke heranreifen können, ergibt sich das Risiko einer Eierstock-Überstimulation. Dabei vergrößern sich die Eierstöcke erheblich. Außerdem können sich in ihnen Zysten bilden. Bemerkbar machen sich die Komplikationen durch eine Bauchvergrößerung und es kommt zu Durchblutungsstörungen in den Nieren, was eine Niereninsuffizienz hervorrufen kann.

Quellen

  • Ludwig, M.: Gynäkologische Endokrinologie. Ein Handbuch für die Praxis, 2.Auflage, optimist Fachbuchverlag, 2011
  • Weyerstahl, T., Stauber, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kirschbaum, M., et al.: Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2005

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 8. Februar 2021

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