Morbus Meulengracht (Gilbert Syndrom)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Morbus Meulengracht, auch Gilbert Syndrom oder Icterus intermittens juvenilis genannt, ist eine Stoffwechselstörung, die sich durch eine leicht erhöhte Konzentration indirekten Bilirubins im Blut äußert, ohne dass sie einen Krankheitswert besitzt. Es handelt sich um eine Abbaustörung von Bilirubin, die genetisch bedingt ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Morbus Meulengracht (Gilbert Syndroms)?

Morbus Meulengracht ist durch erhöhte Werte von indirektem Bilirubin im Blut gekennzeichnet, sodass unter bestimmten Bedingungen die Augen leicht gelb gefärbt sind. Indirektes Bilirubin ist schwer wasserlöslich. Um im Blut transportiert werden zu können, bindet es sich an sogenannte Albumine, die als Lösungsvermittler fungieren. Das direkte Bilirubin ist wasserlöslich und kann ausgeschieden werden.

Allgemein kann man Morbus Meulengracht als eine Stoffwechselstörung definieren, bei der es durch verzögerte biochemische Umwandlungsprozesse zu einer leichten Anreicherung von indirektem Bilirubin im Blut mit der Folge einer leichten Gelbfärbung der Augen kommt. Morbus Meulengracht ist harmlos und bei ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung anzutreffen, wobei Männer häufiger als Frauen betroffen sind.

Ursachen

Ursächlich ist Morbus Meulengracht durch eine genetisch bedingte Minderaktivität des Enzyms UDP-Glucuronosyltransferase (UDP-GT) bedingt, welches allgemein für die Überführung von fettlöslichen Stoffwechselzwischenprodukten zu wasserlöslichen Endprodukten verantwortlich ist. Bei dieser Reaktion werden die Stoffwechselendprodukte für die Ausscheidung aus dem Körper vorbereitet. Das gilt sowohl für den Abbau körpereigener als auch körperfremder Stoffe (z. B. Medikamente).

Beim Morbus Meulengracht tritt konkret in der Abbaukette vom Häm, dem roten Blutfarbstoff, bis zum ausscheidungsfähigen direkten Bilirubin eine Störung auf. Zunächst wird der Blutfarbstoff Häm über das Zwischenprodukt Biliverdin mittels Biliverdin-Reduktase zum unkonjugierten Bilirubin, also dem wasserunlöslichen indirekten Bilirubin, abgebaut. Dieses koppelt sich an Albumin als Lösungsvermittler und wird in dieser Form zur Leber transportiert.

Dort findet normalerweise mittels des Enzyms UDP-Glucuronosyltransferase durch Bindung von indirektem Bilirubin an Glucuronsäure die relativ schnelle Umwandlung in das wasserlösliche direkte Bilirubin (konjugiertes Bilirubin) statt. Dieses wird dann mit der Galle in den Darm überführt und dort zu Urobilinogen reduziert. Dabei werden 80 Prozent über den Stuhl ausgeschieden und 20 Prozent über den enterohepatischen Kreislauf wieder zur Leber transportiert.

Bei Morbus Meulengracht ist jedoch die Aktivität des Enzyms UDP-Glucuronosyltransferase auf 30 Prozent der normalen Aktivität reduziert. Das bedeutet, dass die Umwandlung von unkonjugierten in konjugiertes Bilirubin verzögert abläuft. Die Anreicherung von wasserunlöslichem Bilirubin im Blut führt zu Morbus Meulengracht.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome des Gilbert Syndroms:

Morbus Meulengracht ist meist symptomlos. Die meisten Betroffenen wissen nichts von ihrer Stoffwechselstörungen. Unter bestimmten Bedingungen, besonders beim Fasten oder unter Stress, kann es jedoch zur Gelbfärbung der Augen kommen. Für Viele ist das ein dramatisches Zeichen, weil eine Gelbfärbung der Augen und der Haut (Ikterus bzw. Gelbsucht) auch auf eine ernste Lebererkrankung oder eine Hämolyse des Blutes hindeuten könnte.

Andere Symptome treten aber meist nicht auf. Höchstens im Zusammenhang mit Infektionen kann es zu Unwohlsein, Übelkeit und Beschwerden im Bereich der Leber kommen. Ob das allerdings mit Morbus Meulengracht zusammenhängt, ist die Frage. Ansonsten ist Morbus Meulengracht harmlos und unbedenklich.

Diagnose

Ein Morbus Meulengracht (Gilbert Syndroms) wird schnell diagnostiziert durch die Bestimmung der Bilirubin-Werte im Blut. Sind nur diese Werte leicht erhöht und alle anderen Blutwerte normal, kann man von der Diagnose Morbus Meulengracht ausgehen.

Das ist dann eine Ausschlussdiagnose für andere viel ernstere Erkrankungen, wie Lebererkrankungen, Hämolyse oder auch andere seltenere Hyperbilirubinämiesyndrome mit einem hohen Krankheitswert. Auch ein Gentest könnte die Diagnose erhärten. Allerdings ist das meist nicht notwendig. Morbus Meulengracht ist außerdem leicht zu erkennen, wenn beim Fasten oder bei fettarmer Ernährung höhere Bilirubinwerte auftreten.

Behandlung und Therapie

Morbus Meulengracht (Gilbert Syndroms) kann und muss auch nicht behandelt werden. Es ist eine harmlose Stoffwechselstörung, welche noch nicht einmal einen Krankheitswert besitzt. Wenn jedoch erstmalig die Symptome auftreten, sind viele Betroffene verunsichert. Nach Ausschluss ernsterer Erkrankungen hilft in diesem Fall Aufklärung über die Harmlosigkeit der Erkrankung.

Allerdings gibt diese Stoffwechselstörung auch Hinweise auf die Nichtverträglichkeit von bestimmten Medikamenten, wie z. B. Paracetamol, die durch die verminderte Enzymaktivität auch schlechter abgebaut werden. Aber das sind nur Ausnahmen. Es ist auch zu fragen, ob es gerechtfertigt ist, Morbus Meulengracht als Krankheit zu bezeichnen, denn neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass die erhöhten Bilirubinwerte sogar vorbeugend gegen Arteriosklerose, Darmkrebs und Lungenkrankheiten wirken.


Vorbeugung

Da Morbus Meulengracht keinen Krankheitswert besitzt, gibt es auch keine Empfehlung vor dessen Vorbeugung. Fastenkuren und fettarme Ernährung sollte man meiden. Das kann die Bilirubinwerte erhöhen und zu einer Gelbfärbung der Augen führen. Andererseits ist es auch wichtig, dass bei Morbus Meulengracht Medikamente gegen andere Erkrankungen nur mit Rücksprache des Arztes eingenommen werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kleine, B. et al.: Hormone und Hormonsystem. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010
  • Usadel, K.-H., Wahl, P.: Diabetologie und Stoffwechsel. In: Bob, A. u. K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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