Fanconi-Anämie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der folgende Artikel soll einen Überblick über die Fanconi-Anämie liefern und wird dabei insbesondere auf die Ursachen der Erkrankung, die angeborenen und erworbenen Krankheitszeichen und die Behandlungsmöglichkeiten der Fanconi-Anämie eingehen.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Fanconi-Anämie?
Bei der Fanconi-Anämie handelt es sich um eine sehr seltene und lebensbedrohliche Erbkrankheit, deren Vererbung autosomal rezessiv erfolgt und die durch eine erhöhte Chromosomenbrüchigkeit gekennzeichnet ist. Erstmals wurde die Fanconi-Anämie von dem Kinderarzt Guido Fanconi im Jahre 1927 geschildert: Er untersuchte drei Brüder, die alle unter einer erheblichen Blutbildstörung litten und verschiedene körperliche Anomalien aufwiesen.
Dabei waren insbesondere die Symptome Erschöpfung, Immunschwäche und eine erhöhte Neigung zu Blutungen zu beobachten. Symptome, die mit einer aplastischen Anämie zusammenhingen und eng mit der Fanconi-Anämie in Verbindung stehen.
Ursachen
Würde die Fanconi-Anämie autosomal dominant vererbt, so wäre es ausreichend, wenn ein Elternteil das Merkmal tragen würde. Die Chromosomen von Fanconi-Patienten weisen Brüche auf, deren Verursachung noch nicht genau geklärt werden konnte. Wahrscheinlich liegt bei der Erkrankung eine Störung der DNA-Reparatur vor. Die Folge sind Chromosomenbrüche und falsche Zusammenfügungen von beschädigten Chromosomen.
Hieraus resultieren zwangsläufig Störungen im Zellzyklus, deren Konsequenzen typisch für die Fanconi-Anämie sind: Störungen des Knochenmarks und der Blutbildung. Die Fanconi-Anämie ist also eine Erbkrankheit, die zu einer Schädigung der Chromosomen führt. Die fortlaufende Schädigung führt zu der Ausprägung von Symptomen.
Wann zum Arzt?
In den meisten Fällen wird die Fanconi-Anämie schon direkt nach der Geburt oder bei Kontrolluntersuchungen des Kindes erkannt, sodass der Arzt in der Regel nicht nochmals zusätzlich aufgesucht werden muss. Allerdings können die einzelnen Beschwerden und Symptome dieser Krankheit einzeln behandelt werden. Meistens leiden die Betroffenen an Fehlbildungen, die am gesamten Körper auftreten können. Vor allem Herzbeschwerden oder Nierenbeschwerden müssen dabei von einem Arzt untersucht werden. Der Minderwuchs kann bei der Fanconi-Anämie nicht behandelt oder korrigiert werden. Dasselbe gilt auch für den kleinen Kopf des Patienten.
In den meisten Fällen leiden die Betroffenen auch an Pigmentstörungen. Diese stellen in der Regel keine besondere Komplikation dar und müssen nicht zwingend behandelt werden. Weitere Beschwerden an den Extremitäten müssen ebenfalls durch einen Arzt untersucht und gegebenenfalls durch eine Therapie behandelt werden. Nicht selten leiden die Patienten und die Angehörigen an Depressionen und anderen psychischen Beschwerden. Diese sollten von einem Psychologen untersucht werden, damit es nicht zu Folgeschäden im Erwachsenenalter des Patienten kommt.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome der Fanconi-Anämie:
Da die Fanconi-Anämie eine voranschreitende Erkrankung darstellt, ist die Unterscheidung zwischen angeborenen und erworbenen Defekten sinnvoll. Bereits nach der Geburt eines Kindes kann man verschiedene Fehlbildungen und Wachstumsstörungen feststellen. Häufig sind Kinder mit Fanconi-Anämie kleinwüchsig. Daneben leiden viele Betroffene an Fehlbildungen des Skeletts – z. B. einer Hüftanomalie oder einer fehlgebildeten Wirbelsäule (etwa Skoliose).
Außerdem können Gliedmaßen betroffen und nicht voll entwickelt sein bzw. ganz fehlen. Betrachtet man die inneren Organe, so leiden Patienten mit Fanconi-Anämie teilweise unter Nierenproblemen, Problemen des Verdauungssystems und Herzfehlern. Oft ist eine Verfärbung der Haut zu beobachten.
Es folgen Knochenmarksversagen und aplastische Anämie (also eine Minderproduktion von roten und weißen Blutkörperchen sowie Blutplättchen) und im fortlaufenden Alter häufig ein myelodysplastisches Syndrom und eine myeloische Leukämie. Auch andere Krebserkrankungen sind bei der Fanconi-Anämie möglich und das Erkrankungsrisiko erhöht.
Diagnose
Die Fanconi-Anämie wird teilweise sofort nach der Geburt diagnostiziert, teilweise aber auch erst im Erwachsenenalter. Dies liegt überwiegend daran, dass sich bei der Fanconi-Anämie unterschiedlichste und unspezifische Symptome ausbilden können, die nicht direkt auf eine Fanconi-Anämie schließen lassen müssen. Heutzutage wird für die Diagnose der Erkrankung eine Chromosomenbruchanalyse vorgenommen. Dabei wird der zu untersuchenden Person Blut entnommen und die Lymphozyten (sie gehören zu den weißen Blutkörperchen) einer chemischen Substanz ausgesetzt.
Die Chromosomen eines von der Fanconi-Anämie betroffenen Patienten reagieren dabei empfindlicher auf die chemische Substanz und brechen. Bei gesunden Menschen weisen die Chromosomen demgegenüber eine viel höhere Beständigkeit auf. Außerdem können die Blutzellen des Patienten auf Mutationen untersucht werden, um die Erkrankung an der Fanconi-Anämie zu bestätigen.
Komplikationen
Durch die Fanconi-Anämie kommt es beim Patienten zu einer Reihe verschiedener Beschwerden und Komplikationen. Diese können dabei unter Umständen auch die Lebenserwartung des Betroffenen verringern. Die Patienten leiden dabei an starken Fehlbildungen, die am gesamten Körper und ebenfalls an den inneren Organen auftreten können. Dabei sind auch Nieren und Herz betroffen, sodass es zu einem plötzlichen Herztod oder auch zu einer Niereninsuffizienz kommen kann.
Weiterhin kommt es nicht selten zu einem Minderwuchs und zu einem verkleinerten Kopf des Betroffenen. Die Patienten leiden in vielen Fällen auch an starken Pigmentstörungen und auch an einem sich zurückbildenden Rückenmark.
Nicht selten sind Kinder aufgrund der Beschwerden von Mobbing und von Hänseleien betroffen. Die Beschwerden der Fanconi-Anämie schränken den Patienten in seinem Alltag stark ein, sodass dieser möglicherweise auf die Hilfe anderer Menschen in seinem Alltag angewiesen ist. Viele Beschwerden und Symptome der Fanconi-Anämie können ohne Komplikationen behandelt werden. Zudem ist ein Knochenmarkspender notwendig. Ebenso müssen auch die inneren Organe regelmäßig kontrolliert werden, unter Umständen sind hierbei operative Eingriffe notwendig. Ob es durch die Krankheit zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann in der Regel nicht vorausgesagt werden.
Behandlung und Therapie
Die Behandlung der Fanconi-Anämie gestaltet sich schwierig, weil immer nur Teilaspekte und Symptome behandelt werden können, zurzeit aber kein endgültiges Heilverfahren zur Verfügung steht. Die Hoffnung von Forschern und Patienten liegt auf neuen Verfahren der Gentherapie.
Heutzutage steht bereits die Knochenmarks- und Stammzelltransplantation zur Verfügung. Dabei können die Probleme, die mit dem Niedergang des eigenen Knochenmarks in Verbindung stehen, behandelt werden. Die Erkrankung anderer Organe kann jedoch nicht beseitigt werden. Vor der Transplantation muss ein geeigneter Spender gefunden werden. Danach muss das Knochenmark des Patienten zerstört werden, um Platz für das gespendete Knochenmark zu schaffen. Gleichzeitig muss das eigene Immunsystem unterdrückt werden, damit das Transplantat nicht abgestoßen wird.
Hierbei können schwerste Komplikationen (z. B. Infektionen) auftreten. Fanconi-Anämien können auch mit Medikamenten behandelt, nicht aber geheilt werden. Androgene werden etwa verabreicht, um das Blutbild des Patienten zu verbessern. Dabei wird insbesondere die Produktion von roten Blutkörperchen stimuliert, aber auch die der weißen Blutkörperchen und Blutplättchen.
Das Blutbild von Fanconi-Anämie Patienten kann so über längere Zeit stabilisiert werden. Das Knochenmark von Fanconi-Patienten kann außerdem mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren stimuliert werden, was die Produktion von Blutbestandteilen anregen kann. Derzeit beschäftigen sich einige Einrichtungen mit der Gentherapie von Fanconi-Anämien.
Vorbeugung
Da es sich bei der Fanconi-Anämie um eine Erbkrankheit handelt, hätte der Betroffene dieser logischerweise nicht vorbeugen können. Der Krankheit können Eltern nur vorbeugen, indem sie sich über ihre eigenen Genfaktoren bewusst sind. Haben beide Elternteile das kranke Gen und sind heterozygot, so besteht immerhin ein Erkrankungsrisiko für eine Fanconi-Anämie von 25 Prozent.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013
- Schellenberg, I. et al.: Kinderkrankheiten von A-Z: Wo Naturheilverfahren wirken - wann Schulmedizin nötig ist, 2. Auflage, TRIAS, 2012
- Stauber, M., Weyerstahl, T.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2014
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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