Gerinnungshemmer

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Gerinnungshemmer sind medizinische Wirkstoffe, die die Fließeigenschaften des Blutes verbessern bzw. dessen Gerinnung verschlechtern. Sie spielen zum Beispiel bei der Behandlung von Thrombosen eine Rolle und dienen dazu, das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Lungenembolie und andere schwere Krankheiten zu verringern.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Gerinnungshemmer?

Gerinnungshemmer sind verschiedene Medikamente, welche die Gerinnung des Blutes behindern. Die Medizin bezeichnet sie auch als Antikoagulantien oder Antithrombotika. Der umgangssprachliche Begriff „Blutverdünner“ ist hingegen genau genommen falsch: Gerinnungshemmer verdünnen das Blut nicht im eigentlichen Sinne. Acetylsalicylsäure (ASS), wie sie zum Beispiel im Medikament Aspirin® enthalten ist, hat ebenfalls gerinnungshemmende Eigenschaften. Allerdings ist der Wirkmechanismus von ASS ein anderer. Fachleute betrachten es deshalb nicht als Gerinnungshemmer, sondern ordnen es den Cyclooxygenase-Hemmern zu.

Wirkung und medizinische Anwendung

Gerinnungshemmer kommen zur Behandlung und Vorbeugung verschiedener Krankheitsbilder zum Einsatz. Ein wichtiges Behandlungsfeld ist die Therapie und Vorbeugung von Thrombosen. Bei einer Thrombose handelt es sich um die Verengung eines Blutgefäßes durch einen Blutklumpen. Die Medizin bezeichnet diesen Blutklumpen auch als Thrombus. Der Thrombus entsteht zum Beispiel, wenn die Blutgefäße infolge einer Grunderkrankung verengen. Auch extremer Bewegungsmangel kann zur Entstehung eines Blutgerinnsels führen.

Je nach Lage des Thrombus sprechen Ärzte von einer venösen oder arteriellen Thrombose. Durch die Verengung oder gar vollständige Blockierung eines Blutgefäßes kann die Versorgung von Organen und Gewebe gefährdet sein. Besonders problematisch ist dabei die Versorgung von Zellen mit Sauerstoff: In relativ kurzer Zeit sterben die Zellen ab, wenn sie keinen weiteren Sauerstoff erhalten. Dadurch kann es zu Schlaganfall, Herzinfarkt oder Lungenembolie kommen – je nachdem, welches Organ von der Unterversorgung betroffen ist. Präventiv kommen Gerinnungshemmer unter anderem bei Vorhofflimmern oder Patienten mit künstlichen Herzklappen zum Einsatz.

Formen und Gruppen

Eine Gruppe von Gerinnungshemmern sind die Heparinoide. Zu ihnen gehört der Wirkstoff Danaparoid, der im Medikament Orgaran® vorkommt. Danaparoid spielt unter anderem für die Behandlung von venösen Thrombosen eine Rolle. Es hemmt den Gerinnungsfaktor X und reduziert dadurch die Gerinnungseigenschaften des Blutes. Heparine sind Gerinnungshemmer, die der menschliche Körper auch selbst produziert, um die Blutgerinnung zu regulieren. Eine weitere Gruppe sind die Cumarine bzw. Vitamin-K-Antagonisten. Zu ihnen gehört zum Beispiel Warfarin (Coumadin®).

Auch die Thrombinhemmer bilden eine eigene Gruppe von Gerinnungshemmern. Der Thrombinhemmer Dabigatran ist im Handel als Pradaxan® zu finden und hindert das Enzym Thrombin daran, die Blutgerinnung zu vollenden. Argatroban stellt einen weiteren Thrombinhemmer dar. Das Medikament Argatra® belegt das aktive Zentrum von Thrombin und stört dadurch dessen Funktion. Darüber hinaus existieren weitere Thrombinhemmer, die eine ähnliche Wirkung besitzen. Hirudine stellen eine weitere Gruppe von Gerinnungshemmern dar; aus ihnen entwickelten Forscher die Hirudin-Analoge. Sie besitzen ähnliche Eigenschaften, lassen jedoch einen kontrollierteren Einsatz zu als die ursprünglichen Hirudine.

Dosierung

Gerinnungshemmer in der richtigen Dosierung einzunehmen ist von hoher Bedeutung. Tabletten und Spritzen können unterschiedlich starke Wirkstoffe enthalten. Es ist von enormer Wichtigkeit, dass Patienten dazu bereit sind, die Gerinnungshemmer wie verschrieben zu sich zu nehmen. Sie dürfen die Dosierung auf keinen Fall eigenmächtig erhöhen oder verringern. Sollten sie dabei eine Einnahme vergessen, dürfen sie ohne ausdrückliche Erlaubnis des behandelnden Arztes auch bei der nächsten Einnahme nicht die doppelte Dosis zu sich nehmen. Die individuelle Dosierung der Gerinnungshemmer hängt unter anderem davon ab, welche Wirkstoffe zum Einsatz kommen, ob Kontraindikationen oder andere Einschränkungen vorliegen und wie groß die angestrebte Wirkung ist.

Alternative Gerrungshemmer

Patienten sollten Gerinnungshemmer nicht eigenmächtig gegen pharmazeutische Alternativen austauschen. Nicht in jedem Fall ist ein solcher Austausch möglich, auch nicht auf ärztliche Verordnung und unter genauer Beobachtung. Möglicherweise komm eine Behandlung mit Cyclooxygenase-Hemmern wie Acetylsalicylsäure in Betracht. Das wohl bekannteste Medikament aus dieser Gruppe ist Aspirin®. Vorsicht ist auch bei der Einnahme von Acetylsalicylsäure zusätzlich zu Gerinnungshemmern geboten, da unerwünschte Wechselwirkungen auftreten können. Einige Nahrungsmittel stehen möglicherweise im Zusammenhang mit der Blutgerinnung. So soll beispielsweise Bärlauch Eigenschaften besitzen, die die Entstehung von Thrombose verhindern. Derartige mögliche Effekte sind jedoch bislang nicht ausreichend erforscht.


Wechselwirkungen und Nebenwirkungen

Die Neben- und Wechselwirkungen von Gerinnungshemmern sind davon abhängig, welche Wirkstoffe im jeweiligen Präparat vorkommen. Sie können sich deshalb von Medikament zu Medikament unterscheiden. Potenzielle Wechselwirkungen müssen Ärzte und Patienten individuell für alle Medikamente ausschließen, die der Patient nimmt. Nebenwirkungen, die bei vielen verschiedenen Gerinnungshemmern möglicherweise auftreten, sind Blutungen und Hämatome.

Vor allem bei einer zu hohen Dosis besteht die Gefahr, dass sich Blutungen bilden, die nur schwer zu stoppen sind. Bei akuten Blutungen sind Gerinnungshemmer deshalb in der Regel kontraindiziert. Alkohol kann die Wirkung von Gerinnungshemmern beeinflussen. Auch andere Neben- und Wechselwirkungen sind möglich. Der Wirkstoff Danaparoid kann zum Beispiel Schmerzen, Schwellungen sowie Hautreaktionen (zum Beispiel Nesselsucht) hervorrufen. Dabigatran aus der Gruppe der Thrombinhemmer kann unerwünscht Blutarmut (Anämie) auslösen. Heparine können langfristig das Risiko für Knochenschwund (Osteoporose) erhöhen und die Thrombozyten im Blut zu stark reduzieren.

Patienten sollten unbedingt jeden Arzt, der sie behandelt, über die Einnahme der Gerinnungshemmer informieren. Vor allem wegen des erhöhten Blutungsrisikos ist es außerdem sinnvoll, wenn Patienten einen Ausweis oder Notizzettel gut auffindbar bei sich tragen, zum Beispiel in der Brieftasche. Dadurch können Ärzte im Falle eines Unfalls lebensrettende Antagonisten verabreichen – sonst besteht ein erhöhtes Risiko für Tod oder schwere Schädigungen durch hohen Blutverlust.

Quellen

  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 12. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017
  • E. Burgis: Allgemeine und spezielle Pharmakologie. 3. Auflage, Elsevier GmbH, München 2005
  • Lüllmann, H. et al.: Pharmakologie und Toxikologie: Arzneimittelwirkungen verstehen - Medikamente gezielt einsetzen. 18. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 2016

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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