Frontallappen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Teil des Gehirns, der unter anderem für die Persönlichkeit, die Emotionen sowie für die Steuerung von Bewegungen zuständig ist, wird Frontallappen genannt. Der Frontallappen ist komplex aufgebaut; komplex sind auch die möglichen Beschwerden und Erkrankungen, die in Verbindung mit diesem auftreten können.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Gehirnlappen des Großhirns. Rot: Frontallappen. Grün: Parietallappen. Blau: Temporallappen. Gelb: Occipitallappen.

Der Lobus frontalis, Stirnlappen oder auch Frontallappen genannt, bildet einen der vier Teilbereiche des Neokortex. Der Frontallappen ist für die motorischen Funktionen sowie auch die Emotionen zuständig und liegt am vorderen Großhirn. Des Weiteren gilt der Frontallappen als Sitz für das Selbstbewusstsein und der menschlichen Persönlichkeit. Auf Grund jener Eigenschaften bezeichnen ihn Wissenschaftler sowie auch Autoren als sogenanntes "Organ der Zivilisation".

Anatomie

Der Stirnlappen bzw. Frontallappen liegt an der vorderen Schädelgruppe. Er beginnt am Hirnpol und reicht bis zum sogenannten Sulcus centralis, welche als Trennung zwischen dem Parietallappen und des Frontallappens dient. Unter dem Stirnlappen liegt die Inselrinde.

Der Frontallappen selbst wird in drei Teile untergliedert: So gibt es den prämotorischen, den motorischen und den präfrontalen Bereich. Der präfontale Bereich wird auch immer wieder als präfrontaler Cortex bezeichnet, während die erstgenannten Bereiche Motorcortex genannt werden.

Der Frontallappen verfügt über unterschiedliche Windungen. Jene sind für verschiedene Aufgaben zuständig. Der Frontallappen wird über die vordere sowie mittlere Hirnschlagader mit Blut versorgt; die vordere Hirnschlagader ist hingegen für die Blutversorgung des medialen Teils zuständig.

Funktion

Die Aufgaben des Frontallappens sind vielfältig. Vorwiegend ist er für die motorische Steuerung des Menschen verantwortlich. Dabei unterscheidet der Mediziner zwischen der primär-motorischen Rinde und der prämotorischen Rinde. Die primär-motorische Rinde ist für die Bewegungsausführung verantwortlich. Die prämotorische Rinde sorgt hingegen für die Bewegungsauswahl.

Beide Bereiche werden von der supplementär-motorischen Rinde synchronisiert - jene Synchronisation sorgt in weiterer Folge für die situationsgerechte Handlung des Menschen. Des Weiteren ist der Frontallappen für die Steuerung der Persönlichkeit, des Humors sowie auch für Emotionen verantwortlich. Auf Grund dieser Fähigkeit berichten Mediziner immer wieder von Persönlichkeitsänderungen, sofern der Frontallappen von einer Krankheit heimgesucht wird.

Der wohl wichtigste Bereich des Frontallappens wird Area 24 genannt. In jenem Bereich befinden sich pyramidenförmige Spindelzellen. Jene sind - in dieser Art und Weise - nur beim menschlichen Wesen vorhanden. Experten sind der Ansicht, dass die Area 24 der Grund ist, weshalb die menschliche Evolution - in der uns bekannten Weise - stattgefunden hat.

Welchen Einfluss hat der Frontallappen auf unsere Entscheidungen?

Der Frontallappen, der vordere Teil des Gehirns, ist ein Schlüsselbereich für die Entscheidungsfindung und spielt eine zentrale Rolle bei der Planung, dem Urteil und der sozialen Interaktion. Seine Bedeutung erstreckt sich auf viele Aspekte unseres täglichen Lebens und beeinflusst maßgeblich, wie wir Entscheidungen treffen.

Funktionen des Frontallappens bei der Entscheidungsfindung

  • Planung und Organisation: Der Frontallappen ist entscheidend für die Fähigkeit, langfristige Ziele zu setzen und strategische Pläne zu entwickeln. Er hilft uns, verschiedene Handlungsoptionen abzuwägen, die Konsequenzen jeder Option zu bewerten und einen klaren Plan für die Umsetzung zu erstellen.
  • Bewertung von Risiken und Belohnungen: Dieser Bereich des Gehirns ermöglicht es uns, Risiken gegen mögliche Belohnungen abzuwägen. Durch die Analyse von Vor- und Nachteilen können wir informierte Entscheidungen treffen, die sowohl kurzfristige als auch langfristige Konsequenzen berücksichtigen.
  • Impulssteuerung: Der Frontallappen spielt eine wesentliche Rolle bei der Kontrolle von Impulsen und der Regulation von Verhalten. Er hilft uns, spontane, emotionale Reaktionen zu zügeln und überlegte Entscheidungen zu treffen, indem er emotionale und rationale Aspekte der Situation ausbalanciert.
  • Soziale und ethische Überlegungen: Entscheidungen werden oft durch soziale Normen und ethische Überlegungen beeinflusst. Der Frontallappen hilft uns, die sozialen Erwartungen zu verstehen und Verhaltensweisen entsprechend anzupassen, um in sozialen Interaktionen angemessen zu reagieren.
  • Fehlerkorrektur und Lernen: Der Frontallappen ist auch für die Anpassung und das Lernen aus früheren Erfahrungen verantwortlich. Wenn eine Entscheidung nicht wie erwartet verläuft, helfen uns die Funktionen des Frontallappens, aus Fehlern zu lernen und zukünftige Entscheidungen entsprechend zu verbessern.

Einfluss auf Entscheidungsfindung bei Störungen

Schäden oder Fehlfunktionen im Frontallappen können die Entscheidungsfindung erheblich beeinträchtigen. Personen mit Frontallappen-Dysfunktionen können Schwierigkeiten haben, rationale Entscheidungen zu treffen, da sie möglicherweise:

  • Schwierigkeiten bei der Planung und Organisation haben: Ohne die Fähigkeit, komplexe Pläne zu entwickeln, können Betroffene Schwierigkeiten haben, langfristige Ziele zu verfolgen.
  • Impulsives Verhalten zeigen: Fehlende Impulskontrolle kann zu unüberlegten Entscheidungen führen, die ohne Berücksichtigung der langfristigen Folgen getroffen werden.
  • Schwierigkeiten beim Abwägen von Risiken und Belohnungen haben: Die Fähigkeit, Risiken realistisch einzuschätzen und die Konsequenzen abzuwägen, kann beeinträchtigt sein, was zu unvernünftigen Entscheidungen führt.
  • Soziale Normen und ethische Überlegungen missachten: Eine gestörte Fähigkeit, soziale und ethische Kontexte zu verstehen, kann zu unangemessenem Verhalten oder Fehlentscheidungen führen.

Der Frontallappen ist von zentraler Bedeutung für den Entscheidungsfindungsprozess, da er komplexe Aufgaben wie Planung, Bewertung von Risiken, Impulssteuerung und soziale Anpassung steuert. Seine Funktionen ermöglichen es uns, informierte und überlegte Entscheidungen zu treffen, die sowohl persönliche als auch soziale Aspekte berücksichtigen. Störungen oder Schäden in diesem Bereich können erheblich die Fähigkeit beeinträchtigen, rationale und angepasste Entscheidungen zu treffen, was zu verschiedenen kognitiven und verhaltensbezogenen Herausforderungen führen kann.


Erkrankungen

  • Pick-Krankheit
  • Astrozytom

Der Frontallappen ist nicht vor Krankheiten oder Beschwerden gewappnet. Die wohl bekannteste Einschränkung ist die Pick-Krankheit, die auch als frontotemporale Demenz bekannt ist. Die Krankheit tritt im Regelfall vor dem 60. Lebensjahr auf und sorgt im Krankheitsverlauf für eine geänderte Persönlichkeit.

Die Betroffenen leiden unter Antriebslosigkeit, Apathie, Euphorie sowie einer Verflachung der Emotionen sowie Triebhaftigkeit. Im weiteren Krankheitsverlauf treten Muskelversteifungen ein, die dafür sorgen, dass der Betroffene pflegebedürftig wird.

Eine weitere Beschwerde, die vorwiegend durch eine Erkrankung des Frontallappens ausgeht, ist das Astrozytom. Das Astrozytom ist ein Gehirntumor, welcher im Zentralnervensystem entsteht und im mittleren Lebensalter auftritt. Zu Beginn der Erkrankung klagt der Patient über epileptische Anfälle und Krämpfe; im weiteren Verlauf treten Persönlichkeitsveränderungen auf. Auch wenn der Tumor nicht automatisch zum Tod des Patienten führt, sinkt jedoch die Lebenserwartung des Betroffenen.

Des Weiteren gibt es noch unzählige andere Krankheiten sowie Beschwerden, welche mit dem Frontallappen in Verbindung gebracht werden. Vorwiegend handelt es sich immer wieder um Gedächtnisstörungen, Antriebsstörungen sowie auch Persönlichkeitsveränderungen. Mitunter können auch Störungen der Kreativität, des Verhaltens oder auch der Wortflüssigkeit auftreten bzw. erste Anzeichen für eine Erkrankung des Frontallappens sein.

Schädigungen des Frontallappens und Persönlichkeitsveränderungen

Der Frontallappen, der vordere Teil des Gehirns, spielt eine zentrale Rolle in vielen komplexen kognitiven und emotionalen Funktionen. Er ist verantwortlich für höhere geistige Prozesse wie Planung, Entscheidungsfindung, soziale Interaktionen und die Regulierung von Emotionen. Schädigungen oder Verletzungen des Frontallappens können daher weitreichende Auswirkungen auf die Persönlichkeit und das Verhalten einer Person haben.

Der Frontallappen ist entscheidend für:

  • Exekutive Funktionen: Dazu gehören Planung, Organisation, Problemlösung und die Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu bewältigen.
  • Emotionale Regulation: Der Frontallappen hilft bei der Kontrolle von Emotionen und der Anpassung von Verhaltensweisen an soziale Normen.
  • Soziale Interaktion: Er ist wichtig für das Verständnis sozialer Hinweise und die Aufrechterhaltung angemessener sozialer Verhaltensweisen.
  • Selbstkontrolle: Der Frontallappen ist maßgeblich an der Impulskontrolle und der Fähigkeit beteiligt, Verhaltensweisen zu überwachen und zu regulieren.
  • Persönlichkeitsveränderungen bei Frontallappen-Schädigungen

Schädigungen des Frontallappens, etwa durch traumatische Hirnverletzungen, Schlaganfälle, Tumore oder neurodegenerative Erkrankungen, können eine Vielzahl von Persönlichkeitsveränderungen und Verhaltensauffälligkeiten hervorrufen:

  • Veränderte Impulssteuerung: Personen mit Frontallappen-Schädigungen können Schwierigkeiten haben, Impulse zu kontrollieren. Dies kann zu riskantem Verhalten, unangemessenen sozialen Interaktionen oder einer erhöhten Neigung zu impulsiven Entscheidungen führen.
  • Emotionales Ungleichgewicht: Eine Schädigung kann zu Stimmungsschwankungen, emotionaler Labilität oder einem reduzierten emotionalen Ausdruck führen. Betroffene können Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen angemessen zu regulieren oder auf soziale Situationen angemessen zu reagieren.
  • Soziale Unangepasstheit: Veränderungen im Frontallappen können dazu führen, dass Betroffene soziale Normen und Regeln nicht mehr beachten. Dies äußert sich möglicherweise in unangemessenem Verhalten, Schwierigkeiten bei der sozialen Interaktion oder einem mangelnden Verständnis für die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere.
  • Eingeschränkte Entscheidungsfindung und Planung: Die Fähigkeit, langfristige Ziele zu setzen, komplexe Entscheidungen zu treffen oder effektive Pläne zu entwickeln, kann beeinträchtigt werden. Dies kann zu Schwierigkeiten im Alltagsleben und in der beruflichen Funktion führen.
  • Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen: Obwohl der Frontallappen nicht direkt für das Gedächtnis zuständig ist, beeinflusst er die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitskontrolle und zur Überwachung von Gedächtnisprozessen. Schäden können zu Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit und der Gedächtnisleistung führen.

Zusammenfassung

Die Schädigung des Frontallappens kann signifikante Auswirkungen auf die Persönlichkeit und das Verhalten einer Person haben. Durch die Beeinträchtigung von Exekutivfunktionen, emotionaler Regulation und sozialer Interaktion können tiefgreifende Veränderungen in der Persönlichkeit auftreten. Eine frühzeitige Diagnose und geeignete therapeutische Maßnahmen sind entscheidend, um die Auswirkungen zu minimieren und die Lebensqualität der betroffenen Personen zu verbessern. Neuropsychologische Therapien und Rehabilitation können helfen, die Funktionen des Frontallappens zu unterstützen und den Betroffenen dabei zu helfen, besser mit den Veränderungen umzugehen.

Quellen

  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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