Sheehan-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Sheehan-Syndrom ist eine seltene Geburtskomplikation, die nach der Entbindung durch einen ischämischen Schock auftritt. Dabei kommt es zur teilweisen oder vollständigen Zerstörung der Hypophyse. Die Erkrankung bedarf oft einer lebenslangen Therapie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Sheehan-Syndrom?

Beim Sheehan-Syndrom kommt es zum teilweisen oder vollständigen Hypopituitarismus. Als Hypopituitarismus wird eine Unterfunktion der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) bezeichnet, die einen Mangel oder gar Ausfall mehrerer hypophysärer Hormone zur Folge hat. Die Unterfunktion der Hypophyse kann zwar verschiedene Ursachen haben. Die Bezeichnung Sheehan-Syndrom wird aber speziell auf die durch eine Geburtskomplikation verursachte Zerstörung der Hypophyse angewendet. Die Erkrankung ist durch den Ausfall mehrerer Hormone gekennzeichnet, die in der Hypophyse gebildet werden.

Ursachen

Das Sheehan-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung, die durch eine Unterversorgung der Hypophyse mit Blut hervorgerufen wird. Diese mangelnde Blutversorgung (Ischämie) führt zur teilweisen oder gar vollständigen Zerstörung der Hypophyse durch Nekrose (Zelluntergang). Oft ist ein großer Blutverlust während der Geburt dafür verantwortlich. Der Untergang von Hypophysengewebe beeinträchtigt die Hormonproduktion in der Hypophyse und führt zuweilen zu dessen vollständigem Ausfall.

Die im Hypophysenvorderlappen gebildeten Hormone steuern die körperlichen Regulationsmechanismen. Dazu gehören ACTH, TSH, FSH, LH, STH, Prolaktin und MSH. Jedes Hormon erfüllt spezielle Aufgaben. So gibt es Hormone, die direkt auf die entsprechenden Organe wirken, während andere wiederum für Steuerungsfunktionen im Hormonsystem verantwortlich sind. So ist ACTH verantwortlich für die Stimulierung der Hormonproduktion (Glukokortikoide) in den Nebennieren.

TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon) regt wiederum die Schilddrüse zur Produktion der Schilddrüsenhormone an. FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) sind für die Stimulierung der Gonaden verantwortlich. STH (Somatotropes Hormon), auch bekannt als Somatropin, ist das Wachstumshormon.

Prolaktin reguliert die Milchproduktion während der Stillzeit. MSH (Melanozyten-stimulierendes Hormon) ist für die Bildung der Melanozyten verantwortlich. Das Sheehan-Syndrom ist daher durch die Auswirkungen des Ausfalls oder des Mangels dieser verschiedenartigen Hormone gekennzeichnet.

Symptome und Verlauf

Aufgrund der Vielzahl der fehlenden Hormone äußert sich das Sheehan-Syndrom durch eine Reihe unterschiedlicher Symptome, die zunächst nicht an ein einheitliches Krankheitsbild denken lassen. Oft entwickelt sich das Vollbild der Erkrankung schleichend erst mehrere Jahre nach der Schwangerschaft. Zu den ersten Symptomen gehört oft das Ausbleiben der Laktation (Milchproduktion) in der Stillzeit. Das ist durch das Fehlen des Hormons Prolaktin bedingt. Der Mangel an FSH und LH führt auch zu einer sekundären Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation). Durch den Verlust der TSH-Ausschüttung kommt es zu einer sekundären Schilddrüsenunterfunktion mit all ihren Symptomen.

Der Verlust des Wachstumshormons und von ACTH ruft häufig eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) hervor. Außerdem verursacht ein Mangel an ACTH auch einen Mangel an Sexualhormonen, weil die Nebennieren nicht mehr stimuliert werden. Die fehlenden Sexualhormone bewirken beispielsweise den Verlust der sekundären Körperbehaarung und mangelnde sexuelle Lust. Die Haut erblasst, weil ihre Pigmentierung durch den Mangel an MSH herabgesetzt wird. Tritt das Sheehan-Syndrom noch während des Wachstums auf, kann es aufgrund des Mangels an Wachstumshormon zum Kleinwuchs kommen.

Diagnose

Da das Vollbild des Sheehan-Syndroms oft erst Jahre nach der Geburt des Kindes auftritt, ist die Diagnose häufig nicht einfach. Während der Anamnese können Anhaltspunkte gefunden werden, die auf diese Erkrankung hindeuten. So bilden die fehlende Milchproduktion in der Stillzeit und die ausbleibende Menstruation bereits Hinweise auf eine Fehlfunktion der Hypophyse. Durch Differenzialdiagnosen müssen andere Ursachen der Hypophysenunterfunktion, wie Verletzungen, Tumoren oder Autoimmunerkrankungen ausgeschlossen werden.

Behandlung und Therapie

Neben dem Sheehan-Syndrom führen auch andere Ursachen zum Mangel oder Verlust bestimmter Hormone. Daher ist eine richtige Behandlung von Hormonstörungen nur möglich, wenn die genaue Ursache der Erkrankung bekannt ist. Beim Sheehan-Syndrom wurde das Gewebe der Hypophyse teilweise oder vollständig durch eine schwere Ischämie in diesem Bereich während der Geburt zerstört.

In den meisten Fällen ist eine lebenslange Substitution der entsprechenden Hormone notwendig, um die normalen Körperfunktionen aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Manchmal bildet sich die Störung auch von alleine wieder zurück. Zuweilen bringt auch ein neurochirurgischer Eingriff über die Nase bei einer verletzten Hypophyse Besserung. Sollte es nur um eine teilweise Verletzung der Hypophyse handeln, ist diese Operation sehr erfolgversprechend.

Im Rahmen der Therapie müssen selbstverständlich auch bereits aufgetretene Folgererkrankungen behandelt werden. In einigen Fällen verursacht der Hormonmangel auch psychische Probleme, weil die Erkrankung bereits Jahre andauert. Daher sollte in diesen Fällen auch eine begleitende psychiatrische Behandlung erfolgen. Allerdings führt eine dauerhafte Hormonsubstitution beim Sheehan-Syndrom meist zur vollständigen Gesundung.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung vor dem Sheehan-Syndrom ist nicht möglich, da es sich um eine Geburtskomplikation handelt. Eine ständige Überwachung der Entbindung kann in einigen Fällen das Risiko einer schweren Blutung vermindern. Wenn schnell nach dem Auftreten einer Komplikation bei der Geburt entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, können die größten Folgeschäden verhindert werden. Sollten nach der Entbindung Störungen bei der Milchproduktion auftreten, ist es ratsam, schnell den Arzt zu konsultieren, um die Entwicklung des Sheehan-Syndroms bereits in der Anfangsphase zu stoppen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Ludwig, M.: Gynäkologische Endokrinologie. Ein Handbuch für die Praxis, 2.Auflage, optimist Fachbuchverlag, 2011
  • Kuhl, H.: Sexualhormone und Psyche: Grundlagen, Symptomatik, Erkrankungen, Therapie,1. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2002
  • Kirschbaum, M., et al.: Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2005

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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