Verhaltensstörungen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei Menschen wie Tieren können während der Wachstumsphase oder im späteren Lebensverlauf sowohl vorübergehend als auch auf Dauer Verhaltensstörungen auftreten. Dabei handelt es sich um deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Fühlen und Verhalten gegenüber der vergleichbaren Mehrheit.
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Was sind Verhaltensstörungen?
Unter Verhaltensstörungen sind unangemessene, von der Normalität abweichende Verhaltensweisen zu verstehen. Die auffälligen Verhaltensmuster können das Individuum, aber auch die Beziehung zu anderen betreffen. Verhaltensstörungen können sich sehr unterschiedlich darstellen. Sie zeigen sich zum Beispiel in Form von Aggressionen, Ängsten und Verweigerungshaltungen sowie Unruhe, Minderwertigkeitsgefühle oder Schlaf- oder Essstörungen. Diese ungewöhnlichen Verhaltensabweichungen können verschiedene Ursachen haben. Als mögliche psychische Ursachen kommen Gründe wie unter anderem Erziehung, individuelle und soziale Entwicklung oder Erkrankungen infrage. Verhaltensstörungen können sich bei Kindern und Erwachsenen sowie Tieren unterschiedlich darstellen.
Ursachen
Zu den vielfältigen Auslösern von Verhaltensstörungen zählen Hirnschädigungen, traumatische Kindheitserlebnisse und Schwierigkeiten des familiären Umfelds im Rahmen des Erziehungsprozesses. Häufig liegen die Ursachen auch im beruflichen oder schulischen Bereich. Die Zunahme von Mobbing spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Dauerhafter Druck durch das Fehlverhalten von Vorgesetzten oder Mitarbeitern sowie durch Mitschüler oder Lehrer kann erhebliche Verhaltensänderungen bei Betroffenen bewirken.
Eine zu hohe Erwartungshaltung bezogen auf persönliche oder berufliche Ziele kann ebenso in Verbindung mit Misserfolgen den Grund für Verhaltensstörungen darstellen. Änderungen des Verhaltens können auch medikamentenbedingt sein. Auf der emotionalen Beziehungsebene bei Partnerschaften oder beim Eltern-Kind-Verhältnis sind ebenfalls oftmals Verhaltensstörungen die Folge. Das Sexualverhalten unterliegt manchmal ebenso abnormen Veränderungen. Die Ursachenbeurteilung ist schwierig, weil keine klare, allgemeingültige Grenzziehung für abnormes sexuelles Verhalten vorhanden ist und die Ursachen meistens in einem weiten psychologischen Erlebnisfeld liegen.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome von Verhaltensstörungen:
- Aggression
Die Symptome können je nach Art der Verhaltensauffälligkeit sehr verschieden sein. Teilweise können klassische Symptome die spezielle Form einer Verhaltensabweichung anzeigen. Andererseits sind die Anzeichen nicht immer eindeutig, sodass auch Fehlinterpretationen und falsche Rückschlüsse möglich sind. Die meisten Verhaltensstörungen sind öffentlich zu beobachten. Einzelne Verhaltensstörungen werden durch die Betroffenen möglichst verheimlicht und finden daher eher im Verborgenen statt oder fallen nur per Zufall auf.
Merkmale einer temporären Verhaltensveränderung können auch von Substanzen wie Drogen, Alkohol oder Tabletten beeinflusst sein, die Bewusstseinsveränderungen herbeiführen. Als Symptome für Verhaltensstörungen kommen unter anderem übermäßige Reizbarkeit, Hyperaktivität und starke Stimmungsschwankungen sowie häufige Konzentrationsstörungen, Hemmungen oder Antriebsarmut in Betracht.
Die Übergänge von Verhaltensabweichungen zu psychischen Erkrankungen sind fließend. Die Phänomene können zeitlich begrenzt, wiederholt oder dauerhaft auftreten. Überlastungsbedingte Verhaltensabweichungen verändern sich in der Regel beim Wegfall der Ursache wieder zu einem normalen Verhalten. Der Verlauf von Verhaltensstörungen ist je nach Art und Umfang der Abnormität, der Persönlichkeit des Betroffenen sowie dem sozialen Umfeld und der Hilfe und Unterstützung durch andere Personen abhängig.
Diagnose
Wesentlich für den Verlauf von Verhaltensstörungen ist die möglichst genaue Feststellung der Veränderungsursache. Bei ernst zu nehmenden, länger andauernden Verhaltensveränderungen sollte unbedingt ein Psychologe als Fachmann hinzugezogen werden. Für eine erste Diagnose reichen oftmals bereits ausführliche Gespräche mit dem Betroffenen aus. Dabei müssen die vorhandenen Konflikte, die ursächlich für die Symptome sind, herausgefunden werden.
Bei Kindern ist es angebracht, zusätzlich die Eltern und eventuell Lehrer zu befragen. Falls aus Scham oder Angst eine direkte individuelle Befragung nur schwer durchführbar ist, kann zur Erstellung einer Diagnose auch eine schriftliche Einlassung erfolgen. Alternativ ist auch zur Wahrung der Anonymität das Ausfüllen eines Fragebogens möglich.
Behandlung und Therapie
Verhaltensstörungen sind in der überwiegenden Anzahl therapierbar. Die besten Aussichten für einen Erfolg bestehen bei einem frühzeitigen Erkennen der Ursachen. Für den Betroffenen kann bereits der Hinweis auf den auslösenden Grund für die Verhaltensabweichung eine erste hilfreiche Reaktion verursachen. Hilfreiche Maßnahmenbündel, die Aufstellung neuer Regeln oder die Veränderung von Rahmenbedingungen können für schnelle Abhilfe der oftmals mit großem Leidensdruck verbundenen Persönlichkeitsprobleme führen. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Umsetzung am Arbeitsplatz oder einen Wechsel der Schulklasse oder der Schule handeln.
In den häufigen Fällen von Mobbing ist dies jedenfalls vielversprechend. Ebenfalls kann ein Wechsel auf der Ebene des sozialen Beziehungsfeldes für eine spürbare Entlastung des Betroffenen sorgen. Dadurch kann eine Rückkehr zu einem normalen Verhalten bewirkt werden. Bei Kindern/Eltern bietet sich eventuell auch die Nutzung spezieller Beratungsstellen an. Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Verhaltensabweichungen sind zahlreiche Therapieformen und Einzelmaßnahmen denkbar.
Die verschiedenen Verhaltensstörungen wie Schlaf- oder Sprachstörungen, sexuelle Funktionsstörungen oder zum Beispiel Essstörungen setzen jeweils eine gezielte, individuelle Behandlung voraus. In bestimmten Fällen ist eine Unterstützung durch Medikamente hilfreich. Falls es sich bei der Verhaltensstörung um eine psychische Erkrankung handelt, ist neben der Feststellung und Beseitigung der Ursache auch eine fachkundige Behandlung der Erkrankung nötig. Hierzu kann es bei schweren Krankheitsbildern sogar erforderlich werden, dass der Betroffene vorübergehend einer stationären Behandlung zugeführt wird.
Vorbeugung
Eine wichtige Grundlage zur Prävention ist die Möglichkeit einer uneingeschränkten, vorurteilsfreien Kommunikation im Alltagsleben. Bei der Wahrnehmung von Symptomen für eine länger andauernde Verhaltensstörung sollte zeitnah eine fachliche Diagnose und Unterstützung herbeigeführt werden. Jede Therapie wirkt auch als Vorbeugung vor einer Verschlimmerung der Verhaltensstörungen.
Quellen
- Payk, T.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Bergner, T. M. H.: Burnout-Prävention. Schattauer, Stuttgart 2012
- Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Berlin 2014
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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