Limbisches System
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das limbische System ist eine Funktionseinheit im Gehirn, in der Emotionen verarbeitet werden und Triebverhalten entsteht. Auch intellektuelle Fähigkeiten werden dieser Region zugesprochen. Allerdings haben auch andere Gehirnstrukturen, anders als lange Zeit angenommen, großen Einfluss auf das limbische System.
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Definition
Stammesgeschichtlich betrachtet ist das limbische System ein sehr alter Gehirnteil. Entdeckt wurde von Paul Broca, einem französischen Arzt und Anatom, der 1878 erstmals von einem großen limbischen Lappen sprach, daraus jedoch noch kein zusammenhängendes System ableitete. Das gelang erst dem US-amerikanischen Hirnforscher Paul MacLean, der 1952 den Begriff limbisches System prägte.
Das aus dem Lateinischen stammende Wort stammt von „limbus“, was Rand, Streifen oder Saum bedeutet. Das limbische System wird häufig auch als Säugergehirn bezeichnet, da es bei allen Säugetieren vorkommt. Moderne Neurowissenschaftler beschreiben es als emotionales Machtzentrum im Gehirn.
Anatomie
Der Neuronenkreis läuft über den Hippocampus, geht über den Fornix zu den Mamillarkörperchen im Hypothalamus und führt wieder zurück zum Hippocampus. Dem limbischen System gehören sehr unterschiedliche Strukturen an, die zum Teil weit auseinanderliegen. Aufgrund ihrer gemeinsamen Funktion bilden sie jedoch eine funktionalen Komplex.
Entsprechend kompliziert ist dieses Konstrukt, zu dem Areale der Basalganglien und des Groß- und Zwischenhirns gehören. Außerdem werden Mamillarkörper, Cingulärer Cortex, Gyrus hippocampi, Hippocampus, Fornix, Amygdala, Subiculum, Nucleus interpeduncularis, Nucleus accumbens und Teile des Riechhirns hinzugerechnet.
Funktion
Entsprechend der Komplexität des limbischen Systems, sind auch die Aufgaben äußerst vielfältig, da es sich aus mehreren Strukturen zusammensetzt, die wiederum ineinandergreifende Aufgaben wahrnehmen. Die Evolution hat dieses Funktionssystem während der Säugetierentwicklung hervorgebracht. Daher reguliert es typische Emotionen die der Sorge um die Aufzucht des Nachwuchses gelten.
Auch der Spieltrieb, das Lernen durch Nachahmen, Angst, Lust und Liebe, sowie die vegetative Regulierung von Fortpflanzung, Verdauung und Nahrungsaufnahme gehören dazu. Emotion, Antrieb und Lernen werden als die drei Schlüsselfunktionen des Systems angesehen. Denken, Intelligenzentwicklung und Verhalten werden meist ins Zentrum des limbischen Systems gestellt. Allerdings sind an der Entstehung etwa von Emotionen oder Triebverhalten immer mehrere Gehirnareale beteiligt und können nicht allein diesem Funktionssystem zugeordnet werden.
Ebenso müssen einzelne Strukturen mehrere Aufgaben erfüllen. So haben die Mamillarkörper nicht nur Einfluss auf die Sexualfunktionen, sondern sind auch an der Gedächtnisbildung beteiligt. Der Cinguläre Cortex ist für vegetative Funktionen verantwortlich, während der Hippocampus für die Gedächtnisbildung bedeutsam ist, gleichzeitig jedoch emotionale und vegetative Funktionen beeinflusst. Die Amygdala dient als Gedächtnisspeicher und ist ebenso an sexuellen und vegetativen Funktionen beteiligt. Ebenfalls eine wichtige Aufgabe übernimmt das limbische System bei der Entstehung und Ausschüttung von Endorphinen.
Erkrankungen
- Gedächtnisprobleme
- Urbach-Wiethe-Syndrom
Je komplexer ein System, desto verletzlicher ist es. Das gilt auch für das limbische. Es gibt eine Reihe von Krankheiten, die lassen sich auf Störungen des limbischen Systems zurückführen. Die Symptomatik einer Erkrankung unterscheidet sich je nach Region. Veränderungen in den unterschiedlichen Strukturen werden Krankheiten wie Depressionen, Phobien, Gedächtnisprobleme, Autismus, Schizophrenie, Alzheimer, Posttraumatische Belastungsstörungen, Narkolepsie, das Urbach-Wiethe-Syndrom und die Bipolare Störung zugeordnet.
Bei einer Schizophrenie lässt sich oft eine verminderte Aktivität des Frontalhirns feststellen. Dieser sogenannte Hypofrontalität liegt eine limbische Dysfunktion zugrunde, aufgrund derer Emotionen und Angst nicht mehr reguliert werden können. Bei einer Störung der Amygdala steht die Unfähigkeit, emotionale Situationen einzuschätzen, im Vordergrund.
Zu einer sehr seltenen genetisch bedingten Erkrankung gehört das Urbach-Wiethe-Syndrom. Im Verlaufe zeigen sich Verkalkungen eines Teilbereiches des limbischen Systems, der Amygdala. Das führt zu einem einem gestörten Sozial- und Gefühlsverhalten des Betroffenen und zu Gedächtnisstörungen.
Bei einer Narkolepsie liegt unter anderem ein Verlust an grauer Substanz im Nucleus accumbens zugrunde, der ebenfalls zum limbischen System gehört. Stark beteiligt ist das limbische System, hier vor allem die Amygdala und der Hippocampus, bei Phobien, die zwei Grundformen von Angststörungen kennt: Die unspezifische Angst oder konkrete Angst, und das komplette Fehlen von Angst.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
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