Chassaignac-Lähmung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Chassaignac-Lähmung zählt zu den häufigsten Verletzungen kleiner Kinder. Der folgende Artikel informiert über Ursachen, Beschwerdebild, Behandlung und besonders auch über Maßnahmen, die geeignet sind, dieser Krankheit vorzubeugen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Chassaignac-Lähmung?

Eine Chassaignac-Lähmung ist eine bei kleinen Kindern bis maximal fünf Jahren vorkommende Teilausrenkung des Speichenköpfchens. Zur Feststellung der Diagnose erfolgt mitunter eine Röntgenaufnahme des Ellenbogen-Gelenks.

Die Chassaignac-Lähmung ist auch unter der Bezeichnung „Radiusköpfchen-Subluxation“ allen Kinderärzten und Orthopäden bekannt. Der Begriff Lähmung ist eigentlich medizinisch nicht korrekt, denn es handelt sich nicht um eine echte, durch Nervenschädigung verursachte Lähmung. Eine Subluxation wird auch als Teilausrenkung bezeichnet.

Zu einer Chassaignac-Lähmung kommt es, wenn auf den ausgestreckten, nach innen gedrehten Arm eine starke Zugkraft einwirkt. Der obere Kopf der Speiche, also des daumenseitig gelegenen Unterarmknochens, dessen Kopf im Ellenbogen endet, rutscht durch den heftigen Zug aus dem Band, das ihn normalerweise an seinem Platz hält. In der Folge wird der Unterarm in einer für die Chassaignac-Lähmung charakteristischen Schonstellung gehalten und wirkt dadurch wie gelähmt.

Ursachen

Die Chassaignac-Lähmung betrifft ausschließlich sehr kleine Kinder. Nach dem fünften Lebensjahr tritt sie praktisch nicht mehr auf. Der Grund ist, dass die Haltebänder im Kleinkindalter noch sehr elastisch und flexibel sind und der Speichenkopf daher leicht aus dem Halteapparat rutschen kann.

Im Schulkindalter sind die Bänder bereits kräftig genug, um den Knochen auch unter Belastung sicher an seinem Platz zu halten. Die Chassaignac-Lähmung wird ausgelöst durch plötzlichen, starken und unvorbereiteten Zug am Unterarm oder an der Hand. Diese Situationen gibt es im Leben kleiner Kinder immer wieder, zum Beispiel wenn Erwachsene das Kind an der Hand hochziehen.

Auch das beliebte „Engelein-flieg-Spiel“, bei dem das Kind an den Händen gefasst und schnell im Kreis herum gewirbelt wird, birgt ein besonders hohes Risiko für das Auftreten einer Chassaignac-Lähmung.

Wann zum Arzt?

Bei einer Chassaignac-Lähmung ist es in jedem Falle sinnvoll und ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Da das Radiusköpfchen bei der sogennanten Chassaignac-Lähmung subluxiert, also ausgerenkt ist, muss es wieder in seine Ausgangsposition gebracht werden, um die Beschwerden zu beheben. Dies ist für einen medizinischen Laien in aller Regel nicht möglich.

Des Weiteren tritt die Besserung der Beschwerden bei einer Behandlung innerhalb von 24 Stunden nach dem Auftreten sofort ein - bei einer späteren Therapie hingegen dauert es unter Umständen deutlich länger bis die Beschwerden verschwinden. Da die Chassaignac-Lähmung mit starken Schmerzen verbunden ist, ist das verspätete Eintreten einer Besserung für den Patienten sehr unangenehm.

Auch das Risiko des erneuten Auftretens steigt mit der Zeit zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Durchführen der Behandlung an. Aus diesem Grund sollte möglichst umgehend ein Arzt aufgesucht werden, wenn eine Chassaignac-Lähmung aufgetreten ist. Zumal fast ausschließlich kleinere Kinder von der Chassaignac-Lähmung betroffen sind, wäre ein anderes Handeln unverantwortlich.

Symptome und Verlauf

Der Eintritt der Chassaignac-Lähmung ist sehr schmerzhaft, aber in der Folge bestehen normalerweise keine oder nur geringe Schmerzen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arm nicht bewegt wird. Das Kind wird seinen Unterarm leicht gebeugt und einwärts gedreht halten, sodass für Laien der Eindruck einer Lähmung entsteht.

Das Kind bewegt den Arm nicht mehr und benutzt ihn auch nicht mehr zum Spielen oder um Dinge zu greifen. Ruhige und kooperative Kinder können den Arm beugen und strecken, jedoch den Unterarm nicht drehen, andere verweigern jede Bewegung.

Diagnose

Für einen erfahrenen Arzt - in den meisten Fällen ein Kinderarzt oder Orthopäde - ist die Diagnose der Chassaignac-Lähmung anhand der typischen Haltung des kleinen Patienten sehr einfach. Meist ist keine Röntgenuntersuchung erforderlich. Um einen zusätzlichen Bruch auszuschließen, wird jedoch häufig auch eine Röntgenaufnahme gemacht.

Besteht ausschließlich eine Chassaignac-Lähmung, so ist das Röntgenbild unauffällig. In manchen Fällen ist bereits die Vorbereitung der Röntgenaufnahme die ganze Therapie: Durch die Vorbereitung für die Aufnahme, nämlich das Positionieren des Arms in die richtige Stellung, springt das Radiusköpfchen wieder in sein Band zurück und die Störung ist behoben.

Komplikationen

Die Chassaignac-Lähmung, die Subluxation des Radiusköpfchens, ist eine äußerst schmerzhafte Verletzung, die in der Regel jedoch harmlos ist und für den Patienten ohne Folgen oder Komplikationen bleibt. Komplikationen sind lediglich dann zu erwarten, wenn die Subluxation nicht behandelt wird. In diesem Fall bleibt die Symptomatik, die Unfähigkeit den Unterarm zu drehen und - unter Umständen - den Arm zu beugen oder zu strecken , bestehen. Der Arm wird in diesem Fall in der Schonhaltung verbleiben, was den Patienten im Alltag erheblich beeinträchtigt. Dies kann durch das Aufsuchen eines Arztes verhindert werden.

Die Subluxation des Radiusköpfchens ist diagnostisch sehr leicht abzuklären und in der Regel auf den ersten Blick zu erkennen. Weitere Komplikationen bestehen vor allem in einer erneuten Subluxation. Diese tritt vor allem auf, wenn die Therapie erst nach einem Tag oder später erfolgt. In diesem Fall ist zudem nicht mit einer sofortigen Beschwerdefreiheit zu rechnen. Das Risiko des erneuten Auftretens liegt bei etwa fünf Prozent. Mit sonstigen Komplikationen ist nicht zu rechnen.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung der Chassaignac-Lähmung besteht im Einrenken des Radiusköpfchens. Diese erfolgt durch eine spezielle, „Chassaignac-Griff“ genannte Technik. Es gibt verschiedene Varianten dieses Griffes, das Prinzip ist aber immer gleich: Durch starken Zug am Arm mit gleichzeitiger Auswärtsdrehung springt das Radiusköpfchen wieder in sein Band. Eine Narkose ist nicht erforderlich.

Unmittelbar nach der Einrenkung ist das Kind beschwerdefrei: Es hat keine Schmerzen mehr und kann den Arm problemlos bewegen. In seltenen Fällen wird der Arzt den Arm noch für eine kurze Zeit mit einer Schlinge oder einem Gips ruhig stellen. Diese Maßnahme kann sinnvoll sein, wenn die Behandlung erst einige Tage nach der Teilausrenkung durchgeführt wurde. Dann ist nämlich das Risiko für ein erneutes Auftreten einer Chassaignac-Lähmung erhöht.

Einige Tage bis zwei Wochen Ruhigstellung des Arms sind in der Regel ausreichend, um das Risiko auf den normalen Wert zu senken. In den seltenen Fällen, in denen eine Behandlung der Chassaignac-Lähmung erst nach einer längeren Zeit erfolgt, klagt das Kind möglicherweise auch noch einige Tage nach der Einrenkung über mäßige Schmerzen.


Aussicht und Prognose

Da von einer Chassaignac-Lähmung zumeist kleine Kinder betroffen sind, muss in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden, um eine positive Aussicht zu ermöglichen. Um das Radiusköpfchen wieder einzurenken, wird davon abgeraten, selbst zu experimentieren. Das würden die Beschwerden deutlich verschlimmern und die Chancen auf eine Heilung verringern.

Nach der Behandlung durch einen Arzt tritt innerhalb weniger Stunden eine Besserung ein. Wird die Chassaignac-Lähmung erst spät oder gar nicht therapiert, dauert es äußerst lange bis die Beschwerden abklingen. Die Chassaignac-Lähmung ist massiv schmerzlich und aufgrund dessen äußerst unangenehm für die Betroffenen, wenn eine Besserung recht spät eintritt.

Wird die Chassaignac-Lähmung nicht frühzeitig medizinisch behandelt, steigt ebenso das Risiko eines erneuten Auftretens immens an. Aus dem Grund ist ein Besuch beim Kinderarzt unerlässlich, wenn eine Chassaignac-Lähmung beim Kind aufgetreten ist. Vor allem ist es für das betroffene Kind unangenehm, weil es seinen Arm nicht vollständig bewegen kann, weshalb ein Nichthandeln unverantwortlich wäre.

Vorbeugung

Die Vorbeugung der Chassaignac-Lähmung ergibt sich aus den Gründen für ihre Entstehung: Erwachsene sollten es vermeiden, starken Zug auf den Arm eines kleinen Kindes auszuüben. Beachtet werden muss zum Beispiel, das Kind nicht an den Unterarmen, sondern am Oberkörper hoch zu heben.

Auch sollte das Kind nicht am Arm vom Boden hochgezogen werden, besonders nicht, wenn es sich dagegen wehrt. Beim „Engelein-flieg-Spiel“ muss es unter den Achseln sicher gehalten werden. Auch Situationen, in denen ein Kind an der Hand gehalten wird und dann unvermittelt stürzt (zum Beispiel beim Balancieren), sollten nach Möglichkeit vermieden werden.

Das Wissen von Eltern über die Chassaignac-Lähmung und ihre Ursachen ist noch immer gering. Die meisten Eltern ahnen nichts von den Ursachen und können sich daher auch nicht umsichtig verhalten. Meist werden sie erstmalig von ihrem Kinderarzt über Verhaltensmaßnahmen informiert, wenn sich ihr Kind eine Chassaignac-Lähmung zugezogen hat.

Quellen

  • Rüther, W. & Lohmann, C.H.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Urban & Fischer, 20. Auflage, 2014
  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
  • Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021

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