Cannabis in der Schmerztherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. Februar 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Wenn es um die wirksamen Bestandteile der weiblichen Cannabispflanze, Cannabis sativa geht, dann sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) deren prominenteste Wirkstoffe. Während das berauschende THC verboten ist (auch der Anbau der Pflanzen und besonders der Verkauf werden strafrechtlich verfolgt), gewinnt das neu entdeckte CBD als nicht berauschender Wirkstoff immer mehr an Bekanntheit. Zahlreiche Mittel sind auf dem Markt, etwa als CBD Öl gegen Schmerzen, als Tinktur oder Creme. Der Verkauf dieser Mittel ist aktuell weder ausdrücklich erlaubt noch verboten. Die EU berät darüber, ob die entsprechenden Produkte als Novel Food gehandelt werden sollen, was die Hersteller vor große Schwierigkeiten stellen würde, denn sie müssten dann zahlreiche teure Tests durchführen lassen.

Inhaltsverzeichnis

Die Cannabinoide

Die pharmakologischen Wirkungen von Cannabis sind erst in jüngster Zeit in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt und bieten enormes Potential.

THC und CBD sind Cannabinoide; Wirkstoffe, die hauptsächlich in der Hanfpflanze gefunden werden. THC ist berauschend, CBD jedoch nicht. Die Cannabinoide wurden erst sehr spät entdeckt, nämlich in den 1970er Jahren, als ihre Struktur im Labor entschlüsselt wurde. Das war einer der Gründe, warum der Hanf als Medikament in Vergessenheit geraten war. Die Medizin hatte im 20. Jahrhundert den Anspruch entwickelt, nur solche Wirkstoffe zu verwenden, deren Eigenschaften und Dosierungen genau bekannt waren.

Zudem gab in den USA schon in den frühen 1920er Jahren starke Bestrebungen gegen Hanf. Es war eine unliebsame Konkurrenz für die Baumwoll- und Pharmaindustrie, weshalb die Anti-Marihuana-Lobby in den USA es diskreditierte. Erst, als die Cannabinoide entdeckt wurde, wurde Hanf als Rohstoff für medizinische Produkte wieder interessant.

Das Endocannabinoid-System im menschlichen Körper

Cannabiniode wirken, doch wie? Diese Frage trieb die Wissenschaftler an, weitere Untersuchungen vorzunehmen. Im Zuge diese Forschungen wurde das Endocannabinoid-System im menschlichen Körper entdeckt. 1987 konnte Professor Allyn Howlett von der Saint-Louis-Universität in Missouri (USA) erstmals zeigen, dass die Cannabinoide des Hanf über körpereigene Rezeptoren wirken. Es gibt mehrere solcher Rezeptoren, die bekanntesten sind der Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1) und der Cannabinoid-Rezeptor 2 (CB2).

CB1 befindet sich im zentralen Nervensystem und im Nervensystem des Darms. CB2 ist auf Zellen des menschlichen Abwehrsystems und auf solchen, die für die Regulation des Knochenstoffwechsels verantwortlich sind. Das Endocannabinoid-System beeinflusst folgende Abläufe im menschlichen Körper:

1. Die Wahrnehmung von Schmerz.

2. Die Entstehung von Ängsten.

3. Die Leistungsfähigkeit der körpereigenen Abwehr.

4. Die Regulation des Schlafes, der Körpertemperatur und des Appetits.

5. Die Stimmung.

Wo im Endocannabinoid-System wird Schmerz verarbeitet?

Nun wird schon deutlich, warum Cannabinoide bei Schmerzpatienten wirken können. Doch welche der Rezeptoren sind speziell für die Schmerzwahrnehmung zuständig? Es sind beide der bekanntesten, nämlich CB1 und CB2. CB1 befindet sich unter anderem im Gehirn, wo die Wahrnehmung von Schmerz verarbeitet wird. Im peripheren Nervensystem sitzen Rezeptoren des Typs CB2, die ebenfalls für die Schmerzwahrnehmung verantwortlich sind.

Doch das Endocannabinoid-System wird natürlich nicht nur von den Wirkstoffen aus dem Hanf beeinflusst, sondern bildet selbst entsprechende Stoffe. Diese heißen Endocannabinoide. Der bekannteste dieser Stoffe ist das Anandamid. Es kommt in großer Menge im zentralen Nervensystem vor und wirkt dort schmerzstillend und stimmungsaufhellend.

So wirkt Cannabidiol (CBD)

Da CBD an die Cannabinoid-Rezeptoren andockt, hat es ganz verschiedene Wirkungen. Es ist für seine entzündungshemmende, schmerzstillende, beruhigende, antipsychotische und angstlösende Wirkung bekannt. Diese sind teilweise in Studien belegt, teilweise handelt es sich um Erfahrungsberichte von Betroffenen. Es empfiehlt sich, mit den frei verkäuflichen Mitteln einen Selbstversuch zu starten und zu ermitteln, inwiefern sie bei einem selbst wirksam sind.

  • CBD kann die Wirkung von THC drosseln, indem es um den CB1-Rezeptor konkurriert.
  • CBD kann stresslindernd wirken, da es mit den Opiod-Rezeptoren im Körper interagiert.
  • Durch die Interaktion mit dem 5-HT1A-Rezeptor kann die angstlösende Wirkung von CBD wahrscheinlich erklärt werden. Dieser Rezeptor reagiert auf Serotonin und kann Ängste und sogar Aggressionen mildern.
  • CBD interagiert auch mit den GPR3- und GPR6-Rezeptoren, was für Parkinson-Patienten hilfreich sein kann.
  • Es hemmt den Abbau von Anandamid und kann so helfen, dass der Anandamid-Spiegel nicht absinkt. Es wird vermutet, dass ein Endocannabinoid-Mangel hinter hinter schmerzhaften Erkrankungen wie der Fibromyalgie oder der Migräne steckt. Hier kann CBD entgegenwirken.

CBD selbst einnehmen

Wer als Schmerz- oder Angstpatient oder bei Schlafstörungen die Wirkung von CBD testen will, kann auf frei verkäufliche Mittel zurückgreifen. Hierbei sollte unbedingt ein vertrauensvoller Anbieter gewählt werden, da Stichproben ergeben haben, dass es teilweise eine deutlich geringere Konzentration von CBD in entsprechenden Produkten gab. In manchen Mitteln war gar kein CBD, in anderen hingegen mehr THC, als erlaubt ist.

In der Regel muss man sich jedoch wegen einer unerwünschten berauschenden Wirkung von CBD Produkten keine Sorgen machen. CBD ist keine Droge und erzeugt keinen Rausch. Es hat dafür deutlich weniger Nebenwirkungen als viele Medikamente und kann Folgendes leisten:

1. Ängste werden gemildert, dadurch können auch Schlafstörungen verbessert werden. Man entspannt sich und kommt besser zur Ruhe.

2. CBD wirkt gegen Übelkeit und Erbrechen, die während einer Chemotherapie bei Krebspatienten auftreten können.

3. Es kann gegen Migräne und andere, chronische Schmerzen helfen.

4. Das Hanföl aus dem Supermarkt hat diese Wirkungen jedoch nicht, es ist jedoch reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und dadurch sehr gesund. Wer jedoch von der Wirkung der Cannabionide profitieren will, der muss zu einem speziellen CBD Öl oder Extrakt greifen.

So wird es angewandt

  • Schmerzende Stellen wie Gelenke können mit Hanföl behandelt werden. Dafür das Öl einfach einreiben.
  • Am bekanntesten ist die orale Einnahme. Meist wird empfohlen, einen oder mehrere Tropfen unter die Zunge zu geben und langsam im Mund zergehen zu lassen. So kann der Wirkstoff über die Mundschleimhaut aufgenommen werden.
  • Im Handel sind CBD Öle mir ganz verschiedenen Konzentrationen von 5 Prozent, 10 Prozent oder sogar 20 Prozent erhältlich. Man muss selbst ausprobieren, mit welcher Dosierung man die gewünschte Wirkung erzielen kann.

THC oder CBD bei Schmerzen?

Während Produkte mit CBD aktuell frei verkäuflich sind, ist die einzige legale Möglichkeit, medizinisches THC verwenden zu dürfen, das entsprechende Rezept von einem Arzt. Entsprechende Studien zeigen eine Wirksamkeit, doch die bürokratischen Hürden sind hoch. Das Problem bei THC ist, dass es aufgrund seiner berauschenden Wirkung als problematisch angesehen wird. Die CBD Produkte verfügen jedoch über eine niedrigere Dosierung der Wirkstoffe, als es bei einer medizinischen Anwendung der Fall wäre.

Bei einer Analyse von klinischen Studien über die Wirksamkeit von Cannabidiol wurde in Bezug auf die Wirksamkeit bei Schmerzen Folgendes herausgefunden:

  • Bei einer Crossover Studie mit 34 Patienten mit chronischen Schmerzen erwiesen sich THC oder eine Mischung aus THC und CBD deutlich wirksamer als das Placebo; CBD allein erzielte diese Wirkung jedoch nicht.
  • Bei einer Doppelblindstudie mit 24 Patienten, die nicht behandelbare neurogene Schmerzen hatten, wurden hingegen sowohl für THC als auch für CBD eine „signifikante Wirkung festgestellt“, beim CBD jedoch nur bei 12 der Patienten.

Es empfiehlt sich also, CBD zu versuchen und eventuell die Verschreibung von THC über den Hausarzt zu erwirken, sofern man Cannabis als Medizin einsetzen möchte.

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. Februar 2021

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