Verhaltenstherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. Oktober 2018
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Verhaltenstherapie ist eines der bekanntesten und beliebtesten Verfahren der modernen Psychotherapie. Unter diesem Fachbegriff sind eine Reihe psychotherapeutischer Verfahren zusammengefasst, die den therapeutischen Ansatz vertreten, dass Verhaltensmuster bei psychischen Problemen erlernt wurden und somit auch wieder verlernt werden können.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Verhaltenstherapie?

Ein gutes Verhältnis zwischen Psychotherapeut und Patient ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Verhaltenstherapie.

Der Begriff Verhalten kennzeichnet dabei nicht nur Handlungen, die rein äußerlich sichtbar sind, sondern auch Prozesse, die im Inneren ablaufen, wie das Denken und Fühlen, z. B. Angst vor Spinnen, Zahnarztphobie, Flugangst, etc. Ziel der Therapie ist es, das Verhalten, das für den Patienten negative Auswirkungen auf seine Lebensqualität hat, durch eines zu ersetzen, das ihm besser hilft, seine Probleme zu bewältigen. Bei einer Spinnenangst wird der Klient in kleinen Schritten trainiert, Spinnen durch vorsichtige Konfrontation nicht mehr als bedrohlich wahrzunehmen.

Die Verhaltenstherapie ging mit aus dem Behaviorismus hervor. Der russische Neurologe Pawlow führte die berühmten Versuche mit dem Pawlowschen Hund durch, bei denen er den Futterreiz mit einem Glockenton kombinierte. Dabei konnte er beobachten, dass dem Hund nach einer gewissen Zeit schon das Wasser im Mund zusammenlief, wenn die Glocke ertönte, auch wenn er kein Futter bekam. Die Psychologie nennt diese Reizverknüpfung Klassische Konditionierung. Das erklärt, warum Menschen Angst in Situationen haben können, die objektiv keine Gefahr darstellen.

Anwendungsbereiche und Therapieziele

Für eine Verhaltenstherapie gibt es keine einheitliche Vorgehensweise, sie ist vielmehr eine Sammlung verschiedener Methoden und Modelle, die für unterschiedliche Verhaltensweisen und psychische Probleme geeignet sind. Als besonders hilfreich hat sie sich bei folgenden Problemen erwiesen:

Alle diese Probleme gehen auf ein ungünstige Verhaltensmuster zurück. Am Anfang der Therapie wird dieses Verhalten analysiert, störende Verhaltensmuster herausgearbeitet und Therapieziele definiert. Die Therapie läuft in verschiedenen Schritten ab und erfordert vom Klienten aktive Mitarbeit und sehr viel Eigeninitiative.

Eine Verhaltenstherapie hat nicht das Ziel, eine vollständige Heilung herbeizuführen, es geht mehr um das Anstreben einer subjektiven Lebensqualität für den Patienten und sein soziales Umfeld. Deshalb ist eine Verhaltenstherapie auch sehr viel kürzer als eine Psychoanalyse. Die Basis bildet eine gute Beziehung zwischen Psychotherapeut und Patient. Der Therapeut ist dabei Begleiter und Unterstützer. Im Laufe der Therapie gibt er immer mehr Verantwortung an den Patienten ab. Er löst die Probleme nicht für ihn, sondern gibt Anregung und Unterstützung, dass dieser seine Probleme selbst lösen kann.

Was muss der Patient im Vorfeld beachten?

Vor Beginn der Therapie führen Psychotherapeuten erst einmal 5 probatorische Sitzungen mit dem Patienten durch. Da es wichtig für den Erfolg einer Psychotherapie ist, dass die Chemie zwischen Therapeut und Klient stimmt, können sich beide in diesen Sitzungen kennenlernen, sie dienen Therapeuten auch dazu, sich einen groben Überblick über die Probleme oder Störungen des Patienten zu verschaffen. Anschließend muss ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Es kann sich bei den probatorischen Sitzungen herausstellen, dass die Chemie zwischen Patient und Therapeut nicht stimmt.

Für den Therapieerfolg ist aber eine angenehme Beziehung Therapeut und Patient wichtig. Dann sollte die Therapie vielleicht bei einem anderen Behandler fortgeführt werden. In diesem Fall können dort noch einmal probatorische Sitzungen durchgeführt werden. Bis zur Genehmigung der Krankenkasse kann etwas Zeit vergehen, darüber hinaus gibt es in den meisten psychotherapeutischen Praxen längere Wartezeiten, weil viele Menschen auf einen freien Psychotherapieplatz warten.

Vor Beginn der Psychotherapie muss der Antrag auf Kostenübernahme an die Krankenkasse geschickt werden mit einem hausärztlichen Gutachten, das ausweist, dass die Probleme auf seelischen und nicht auf körperlichen Ursachen beruhen.

Die Kosten werden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, wenn eine Psychotherapie erforderlich ist. Wer eine Psychotherapie beginnen möchte, kann einen Termin mit einem Psychologen vereinbaren. Er benötigt keine Überweisung, es wird über die Krankenversicherungskarte abgerechnet. Wer Unterstützung bei der Wahl des Therapeuten benötigt, kann bei der Krankenkasse anfragen. Sie hat in der Regel eine Liste von Psychotherapeuten in der Nähe.

Wie ist der Ablauf einer Verhaltenstherapie?

Zu Beginn der Verhaltenstherapie analysieren Therapeut und Patient zusammen die Bedingungen, die zu den seelischen Problemen geführt haben, wobei auch Gefühle, Denkmuster und körperliche Empfindungen genauer betrachtet werden. Auch das Verhältnis des Patienten zu seinem sozialen Umfeld wird näher beleuchtet.

Wenn das seelische Problem herausgearbeitet wurde, legen Therapeut und Patient zusammen die Therapieziele fest und halten sie schriftlich in einem Therapievertrag fest. Auch die Methoden während der Therapie werden gemeinsam festgelegt. Es gibt inzwischen über 50 verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, von denen die bekanntesten die kognitive Verhaltenstherapie und die Konfrontationstherapie sind.

Konfrontationstherapie

Mit der Konfrontationstherapie werden in erster Linie Zwangs- und Angststörungen behandelt. Der Patient wird dabei in kleinen Schritten angstauslösenden Situationen, z. B. Umgang mit Spinnen, Klaustrophobie, Agoraphobie, etc. Durch die kleinen Schritte können die Patienten erkennen, dass sich die Angst im Rahmen hält und aushaltbar ist, wenn sie nicht davor weglaufen. Bei Zwangsstörungen können sie feststellen, dass nichts Dramatisches passiert, wenn sie den Zwängen nicht nachgeben.

Kognitive Verhaltenstherapie

Bei der kognitiven Verhaltenstherapie geht es mehr darum, die inneren Einstellungen und Denkmuster zu verändern. Schädliche Denkweisen sollen abgebaut werden, indem ein Problem rational betrachtet wird, um zu anderen Wegen des Umgangs zu finden.

Bisher gab es bei den gesetzlichen Krankenversicherern Kurzzeittherapien mit 25 Sitzungen und Langzeittherapien mit bis zu 45 Sitzungen. Eine Sitzung dauert ca. 50 Minuten. Üblicherweise kommen die Patienten während einer Verhaltenstherapie 1 x pro Woche. Wenn sich Probleme schnell lösen lassen, werden manchmal nur ca. 10 Sitzungen benötigt, die Höchstdauer ist auf 80 Sitzungen beschränkt. Seit April 2017 gibt es darüber hinaus die Möglichkeit einer Akutbehandlung mit bis zu 12 Sitzungen und Patienten dürfen eine freie Sprechstunde aufsuchen, um die Notwendigkeit einer Psychotherapie abzuklären und sich über die verschiedenen Psychotherapieverfahren zu informieren.

Eigenleistung oder Krankenkasse - wer übernimmt die Kosten?

Die Verhaltenstherapie ist seit den 80er Jahren in Deutschland als Psychotherapieverfahren anerkannt und die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten bei bestimmten Indikationen wie Depressionen, Suchtproblemen, Angst-/Zwangserkrankungen sowie psychischen Problemen als Begleiterscheinung von chronischen Erkrankungen. Das setzt voraus, dass die Krankenkasse vor Beginn der Psychotherapie die Behandlung genehmigt, und ein freier Platz bei einem Psychotherapeuten zur Verfügung steht. Weil es zu wenig Psychotherapeuten gibt, müssen Patienten oft mehrere Monate auf einen freien Platz warten. Im Vorfeld der Therapie finden fünf probatorische Sitzungen bei einem Psychotherapeuten statt, die bei der Krankenkasse abgerechnet werden können.

Im Anschluss daran wird ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse gestellt. Meistens ist dazu auch ein hausärztliches Gutachten notwendig, dass eine psychotherapeutischen Behandlung notwendig ist, weil die Beschwerden nicht körperlicher, sondern rein psychischer Natur sind. Die Krankenkasse prüft den Antrag und entscheidet dann, ob sie die Kosten für die Verhaltenstherapie genehmigt wird.

Manchmal werden die Kosten auch von Privatversicherern übernommen. Hier kommt es darauf an, ob der Patient einen Vertrag abgeschlossen hat, der Kosten für eine Psychotherapie beinhaltet.

Risiken, Gefahren und Nebenwirkungen

Eine Verhaltenstherapie ist eher kurzzeitig ausgelegt und für schwere psychische Störungen nur bedingt geeignet. Darüber hinaus müssen Patienten ein gewisses Maß an psychischer Stabilität mitringen und sehr viel Eigeninitiative. Für schizoide Patienten ist sie daher weniger empfehlenswert, weil diese vor Beginn einer Psychotherapie oft erst medikamentös eingestellt werden müssen. Zur Behandlung von schweren Traumata und Vergangenheitsbewältigung ist sie auch nicht so gut geeignet. Vor Beginn einer Verhaltenstherapie sollte geprüft werden, ob sie angesichts der vorliegenden Beschwerden das geeignete Verfahren ist und ob das erarbeitete Verhalten im Falle schwerer Depressionen auch nach Absetzen der Medikamente noch wirksam ist.

Quellen

  • Faller, H. & Lang, H.: Medizinische Psychologie und Soziologie, Springer Verlag, 2010
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. Oktober 2018

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