Stäbchen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Stäbchen sind spezialisierte Nervenzellen, die sich im Auge befinden und besonders lichtempfindlich sind. Gemeinsam mit den Zapfen nehmen sie visuelle Reize auf und ermöglichen somit das Sehen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Die Stäbchen (untere Nervenzellen) ermöglichen das Sehen bei niedriger Beleuchtungsstärke.

Bei den Stäbchen (Cellula optica bacilliformis) handelt es sich um sensorische Nervenzellen des Auges. Sie befinden sich an der Rückseite des Augapfels in der Netzhaut, die wiederum hinter der schützenden Schicht des Glaskörpers liegt.

Die Netzhaut ist ein Gewebe, das aus mehreren Schichten besteht. Jede Schicht besteht aus einem bestimmten Typus von Nervenzellen. Nach den Ganglienzellen, die direkt hinter dem Glaskörper liegen, folgen bipolare Schaltzellen, welche die Verbindung zu den Zapfen und Stäbchen auf der Rückseite des Auges herstellen. Obwohl die Stäbchen anatomisch betrachtet an letzter Position stehen, nehmen erst sie die Lichtreize auf und verarbeiten sie weiter.

Anatomie

Das Stäbchen stellt eine längliche sensorische Zelle dar. Die Biologie unterteilt sie grob in zwei Segmente: das Außenglied und das Innenglied. Eine schmale Brücke verbindet die beiden Teile des Stäbchens; die Medizin bezeichnet diese Verbindung auch als Cilium. Im Innenglied liegen die Endknöpfchen, über die das Stäbchen sein Nervensignal an die nachfolgende bipolare Schaltzelle weiterleitet.

An die Endknöpfchen schließt sich ein Teil der Zelle an, der den Zellkern beinhaltet. Von hier aus steuert die Zelle ihre Stoffwechselvorgänge. Das Innenglied des Stäbchens umfasst außerdem einen dritten Abschnitt, der die wichtigsten Organellen der Zelle beheimatet: Die Mitochondrien, die Energie umwandeln, und das endoplasmatische Retikulum, das Nährstoffe transportiert und zahlreichen biochemischen Prozessen Raum bietet.

Im Außenglied befinden sich die Disks, bei denen es sich um runde Scheiben handelt. In ihnen befinden sich die Sehfarbstoffe Retinal und Opsin, bzw. deren Verbund Rhodopsin. Dabei unterscheidet sich das Opsin der Stäbchen in seiner chemischen Struktur vom Opsin der Zapfen, den anderen Sehzellen des menschlichen Auges.

Die unterschiedliche Struktur des Opsin ist dafür verantwortlich, dass Stäbchen auf das gesamte sichtbare Farbspektrum ansprechen, während Zapfen nur für eine bestimmte Wellenlänge des Lichts sensitiv sind und dadurch die Farbwahrnehmung ermöglichen.

Funktion

Stäbchen reagieren in hohem Maße sensibel auf Lichtreize. Im gelben Fleck, dem Ort des schärfsten Sehens, befinden sich nur wenige Stäbchen. Allerdings dominieren sie die peripheren Regionen der Netzhaut. Nach dort hin nimmt auch der Grad der Konvergenz zu. Mit dem Begriff der Konvergenz beschreibt die Biologie, wie viele Sehzellen miteinander verschaltet sind.

Eine höhere Konvergenz der Stäbchen in den äußeren Bereichen der Netzhaut bedeutet, dass die Lichtreizung addiert wird. Dadurch können auch schwache visuelle Reize die Wahrnehmungsschwelle überschreiten; die höhere Konvergenz macht die Peripherie der Netzhaut besonders lichtempfindlich. Trifft ein Photon, also ein Lichtteilchen, auf die Disks im Außenglied des Stäbchens, verändert es den Sehfarbstoff Rhodopsin: Ein Bestandteil, das Retinal, wandelt seine dreidimensionale Struktur vom gekrümmten 11-cis-Retinal zum gestreckten all-trans-Retinal.

Dadurch verwandelt sich das Rhodopsin zu einem aktiven Enzym. Es sorgt dafür, dass ein Membranprotein namens Transducin PDE-Moleküle aktiviert, die ihrerseits zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) in hydrolysiertes GMP umwandeln. Das GMP kann in diesem Zustand nicht mehr die Natriumkanäle der Sehzelle offen halten.

Im Ruhezustand stehen die Natriumkanäle des Stäbchens offen und produzieren damit ein kontinuierliches Nervensignal, das die nachfolgenden Neurone hemmt. Die Umwandlung von cGMP in GMP schließt die Natriumkanäle der Zelle, das hemmende Signal verschwindet und der Sehnerv leitet einen elektrischen Nervenimpuls an das Gehirn weiter. Die Biologie bezeichnet diesen Vorgang als Fototransduktion.

Die Zelle wandelt das all-trans-Retinal wieder zu 11-cis-Retinal um, wenn kein Licht auf das Stäbchen fällt. Bei geringer Lichtintensität liegen im Stäbchen deshalb viele inaktive Rhodopsin-Moleküle vor; die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon auf unverbrauchtes Rhodopsin stößt, ist deshalb bei wenig Licht höher. Dies trägt zur Adaptation des Auges an unterschiedlich helle Umgebungen bei.


Erkrankungen

  • Netzhautdegeneration

Ein Mangel an Vitamin A führt potenziell zu einer Beeinträchtigung der Stäbchen. Bei Vitamin A handelt es sich um eine Vorstufe des Retinals, die die Medizin auch als Retinol bezeichnet. Der menschliche Körper kann Retinol nicht selbst herstellen und reagiert auf chronische Mangel mit Nachtblindheit.

Die Nachtblindheit stellt darüber hinaus möglicherweise ein frühes Symptom der Retinopathia pigmentosa dar. Dabei handelt es sich um eine Netzhautdegeneration, die eine Vergiftung oder erbliche Krankheit verursacht. Retinopathia pigmentosa zerstört zunächst die Fotorezeptoren der Stäbchen und befällt langfristig auch die Zapfen.

Neben anderen Sehstörungen manifestiert sich die Erkrankung in einer Einschränkung des Gesichtsfelds und dem Tunnelblick. Sie führt langfristig zur vollständigen Erblindung.

Eine erhöhte Zufuhr von Vitamin A kann das Fortschreiten der Krankheit potenziell verhindern. Darüber hinaus diskutiert die Medizin ähnliche Therapien mithilfe von speziellen Diäten. Auch andere Erkrankungen können zu Funktionseinschränkungen der Stäbchen führen; eine genaue Diagnostik ist im Einzelfall deshalb unumgänglich.

Quellen

  • Grehn F.: Augenheilkunde. Springer Verlag. 30. Auflage 2008
  • Lang, G.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wutta, H.P., Brucker, K.: Theorie und Praxis der Augen-Akupunktur. Hippokrates Verlag, Stuttgart 2014
  • Zervos-Koop, J.: Anatomie, Biologie und Physiologie: Ergotherapie Prüfungswissen. Thieme Verlag, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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