Pubertät - Jungen und Mädchen durchleben die Phasen verschieden

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. August 2018
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Pubertät bezeichnet den entscheidenden Schritt der geschlechtlichen, hormonellen und körperlichen Reifung bei Mädchen und Jungen. Sie betrifft alle gesunden Menschen und ist teils mit erheblichen Veränderungen und Belastungen verbunden. Als hormonell gesteuerter Prozess unterliegt sie einer gewissen Variabilität und kennt äußere Einflussfaktoren. Dennoch lässt sie sich bei Mädchen und Jungen gut erkennen und in Phasen aufteilen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Pubertät?

Die Pubertät ist ein gravierender Entwicklungsschritt. Der geschlechtliche, hormonelle und körperliche Verlauf zwischen den Heranwachsenden ist aber oft sehr unterschiedlich.

Die Pubertät ist vom lateinischen pubertas abgeleitet, was wörtlich übersetzt Geschlechtsreife bedeutet. Der primäre Zweck der Pubertät ist das Erreichen eben dieser. Die Pubertät ist damit Teil der Adoleszenz (des Heranwachsens) und wird durch Hormone ausgelöst. Die Hirnanhangsdrüse schüttet hierfür Signale an mehrere Organe aus, welche dann vor allem die Produktion von Geschlechtshormonen steigern. Diese werden ans Blut abgegeben und führen zu den zahlreichen Effekten der Pubertät.

Unterschiede im Verlauf

Die Verläufe der und das Eintrittsalter in die Pubertät können sehr unterschiedlich ausfallen. Bei Mädchen kann sich der Prozess etwa vom zehnten bis zu 18. und bei Jungen vom zwölften bis zu 21. Lebensjahr ziehen. Dabei umfassen wichtige Änderungen beispielsweise den Abschluss des Längenwachstums, die Bildung von Eizellen und Spermien und die Ausprägung der Geschlechtsmerkmale.

Die Pubertät bildet allerdings nicht den völligen Abschluss der Ausprägung körperlicher Merkmale. Hormonelle Veränderungen und Körperveränderungen treten auch in den Jahrzehnten nach der Pubertät noch auf.

Dennoch stellt die Pubertät die gravierendste Änderung dar, die ein junger Mensch durchläuft. Dabei lässt sie sich in eine Vorpubertät, in eine Hochphase und in eine spätpubertäre Phase einteilen.

Der gesamte Prozess der Pubertät wird dabei schon in der Vorpubertät, etwa um das achte oder neunte Lebensjahr herum, angestoßen. So werden in dieser Zeit schon vermehrt Wachstumshormone und Geschlechtshormone produziert, die schließlich zum vollen Bild der Pubertät führen.

Psychosexuelle Orientierung

Mit der Pubertät beginnt zudem der Prozess der psychosexuellen Reifung. Während das sexuelle Interesse schon bei Kindern in etwaigen Formen ausgeprägt sein kann, führt die Pubertät zu einer Fokussierung. Die bewusste Partnerwahl, das Kennenlernen der eigenen Vorlieben und die ersten sexuellen Versuche beginnen meist in dieser Zeit. Zudem spielt das Selbstständigsein eine weit größere Rolle und es kommt zu einer Distanzierung von eigentlichen Bezugspersonen. Dinge werden eher hinterfragt und die eigenen Wünsche und Ideen werden wichtiger.

Die Pubertät führt nicht selten zu emotionalen Hoch- und Tiefpunkten. Dabei muss sie psychologisch vor allem als Orientierungsprozess verstanden werden. In erster Linie handelt es sich dabei um einen genetisch gesteuerten Prozess. So werden die Ovulation, die Spermarche und die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale fast ausschließlich genetisch bestimmt.

Beeinflussende Faktoren

Die Pubertät lässt sich durch bestimmte Faktoren beeinflussen. Bei Mädchen mit wenig Körperfettanteil (sehr schlank; sehr sportlich) tritt sie häufig verzögert auf. Der Einfluss von Hormonen in der Nahrung wird diskutiert. Schilddrüsendefekte, chronische Krankheiten und eine Mangelernährung können die Pubertät ebenfalls später einsetzen lassen. Anders herum wirkt sich ein instabiles Umfeld auf Kinder häufig dahingehend aus, dass sie früher in die Pubertät kommen. Gemeint sind hier vor allem schwache Familienbande und Umfelder, die keine Geborgenheit im gesellschaftlich angenommenen Sinne garantieren.

Unterschiede bei Jungen und Mädchen

Die Pubertät verläuft bei Mädchen und Jungen unterschiedlich. Diese Unterschiede sind in Anbetracht der unterschiedlichen körperlichen Merkmale der Geschlechter schlüssig. Es beginnt damit, dass die erste Schambehaarung bei Mädchen früher auftreten kann als bei Jungen (ab dem 8. bzw. 9,5. Lebensjahr). Auch ist der erste pubertäre Wachstumsschub bei Mädchen häufig früher zu beobachten und findet zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr statt. Bei Jungen findet er zwischen dem 11. und 14. Lebensjahr statt.

Das Wachstum von Scheide, Gebärmutter und Brust beginnt bei Mädchen ab dem 9. Lebensjahr, kann aber auch erst im 13. (Scheide und Gebärmutter) oder 16. (Brust) Lebensjahr beginnen. Dabei werden die Hautbereiche um die Brustwarzen herum, die Haut an und um die Vulva herum sowie die Klitoris, verändert. Es stellen sich mehr Empfindlichkeit und eine optisch stärker ausgeprägte Differenzierung ein.

Bei Jungen beginnen das Hoden- und das Peniswachstum im frühesten Falle zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr herum, spätestens aber im 14. Lebensjahr. Bei fast der Hälfte der pubertierenden Jungen kommt es zu einer vorübergehenden Brustschwellung. Es entwickeln sich Achselhaare und Bartwuchs beim Jungen. Diese Dinge beginnen meist um das 12. oder 13. Lebensjahr herum. Akne betrifft bei Geschlechter und kann circa ab dem 14. Lebensjahr beginnen.

Bei Mädchen tritt die erste Monatsblutung (Menarche) zwischen dem 10. und dem 16. Lebensjahr auf. Zu Anfangs ist sie meist unregelmäßig und geht nicht zwingend mit einer Ovulation einher. Entsprechend bedeutet die eintretende Periode noch nicht zwingend eine Fruchtbarkeit.

Bei Jungen beginnt die Samenproduktion zwischen dem 10. und 13. Lebensjahr. Die ersten Samenzellen werden als Sermarche bezeichnet. Zu einem ersten Erguss (nächtliche Pollution; durch Masturbation) kann es circa zwei Wochen später kommen. Das Ende des Längenwachstums ist bei Jungen zwischen dem 15. und 21. Lebensjahr abgeschlossen, bei Mädchen meist früher.

Insgesamt kann es bei beiden Geschlechtern aufgrund von Wachstumsschüben, Stimmveränderungen und Veränderungen des Hautbildes zu Unzufriedenheit bei den Beteiligten kommen. Gerade unproportional erscheinendes Wachstum (betrifft häufig die Extremitäten oder den Hals) gleicht sich meist im weiteren Verlauf der Pubertät aus. Zudem ist die Pubertät für beide Geschlechter mit einer vermehrten Bildung von Geruchsstoffen (und damit auch mit unangenehmen Geruch) verbunden.

Bei Mädchen sind es die Östrogene, die vor allem verantwortlich für die Veränderungen sind und bei Jungen die Testosterone. Jedoch steigern beide Geschlechter im Verlauf der Pubertät die Produktion beider Geschlechtshormone erheblich.

Phasen der Pubertät

Die Pubertät lässt sich in mehrere Phasen aufteilen. Dabei wird der Begriff der spätpubertären Phase umgangssprachlich auch gern für die Bezeichnung von vermeintlich unreifem Verhalten genutzt.

Vorpubertät

Die vorpubertäre Phase nimmt circa ein bis zwei Jahre in Anspruch und beginnt meist um das 10. oder 11. Lebensjahr herum. Hier beginnen die ersten hormonellen Umstellungen in den noch kindlichen Körpern, die die Weichen für die Pubertät stellen. Dies geht bei beiden Geschlechtern mit einem erhöhten Bewegungsdrang einher. Sich zu messen wird interessanter. Nicht hinterfragte Bindungen werden häufiger kritisiert und die Kinder ziehen sich öfter und lieber zurück. Sie werden insgesamt eigenständiger, können aber stark im Verhalten schwanken. Mal sind ganz darauf erpicht, nicht mehr als Kind behandelt zu werden und mal zeigt sich, wie sehr sie sich noch auf die bedingungslose Bindung zwischen Eltern und Kinden verlassen.

Hochphase

Die Hochphase ist synonym zum allgemeinen Verständnis von Pubertät. Die körperlichen Veränderungen führen nicht selten zu Scham. Die Jugendlichen scheinen sich zunehmendes zu verschließen und tauschen sich eher mit Gleichaltrigen aus. Sie versuchen, sich in einer Gesellschaft (oder in einer Gruppe) zu behaupten. Sexualität, der erste Partner und emotionale Höhen und Tiefen werden hier interessant. Es kommt häufiger zu Streit - meist aufgrund dessen, dass die Pubertierenden sich nicht verstanden fühlen oder die Einmischung ihrer Eltern nicht wünschen. Da die ersten sexuellen Erfahrungen häufig in diese Hochphase der Pubertät (zwischen dem 12. und 16. Lebensjahr) fallen, kommt es zudem zu Gesprächen über Verhütung und Sex. Hier bewegen sich Eltern und Kinder meist auf einem für sie neuen Terrain, was ihre Bindung zueinander betrifft.

Spätpubertäre Phase

Die spätpubertäre Phase beginnt dann, wenn alle anderen Prozesse der Pubertät schon mitten in der Entwicklung sind oder fast abgeschlossen sind. Die Jugendlichen und bald Erwachsenen haben sich daran gewöhnt und haben sich orientiert. Sexualität, Selbstbestimmung und die eigene Gefühlswelt werden meist versanden. Es folgt ein weiterer Abnabelungsprozess von den Eltern. Die Ebene, die ansonsten gewohnt war, wird meist völlig aufgeweicht und die Eltern erfüllen nicht mehr die Rolle von Aufpassen in den Augen des Pubertierenden. Dessen eigene Maßstäbe und Vorstellungen spielen nun die größte Rolle. Allerdings können meist nicht alle Vorstellungen von Selbstständigkeit an den Eltern vorbei verwirklicht werden, was ebenfalls ein hohes Konfliktpotenzial birgt.


Wie verändert sich der Körper?

Die körperliche Entwicklung bedeutet für Mädchen und Jungen, dass sie das Kindliche optisch verlassen. Nicht nur, dass die Gesichtszüge sich stark verändern, auch wachsende Körperbehaarung, breiter werdende Schultern, wachsende Brüste, verstärktes Muskelwachstum (bei Jungen) beziehungsweise die Bildung erster Rundungen (bei Mädchen) verändern die Gesamterscheinungen.

Nicht selten passen die Empfindung der Pubertierenden und ihre körperliche Entwicklung nicht zusammen. So kann etwa das körperliche und sexuelle Bewusstsein in ihnen schneller reifen als das Körperliche, was nicht selten zu vorübergehenden Minderwertigkeitskomplexen führt.

Die Geschlechtsteile beider Geschlechter werden insgesamt größer und differenzieren sich stärker. Es ist bei beiden eine erhöhte Erregbarkeit festzustellen.

Sozial-emotionale Entwicklung

Dem Klischee nach entspricht die sozial-emotionale Entwicklung in der Pubertät einem schwierigen Reifungsprozess. Dieser lässt sich meist darauf zurückführen, dass die Pubertät das Urteilsvermögen schärft und daher das Hinterfragen erleichtert. Werden Dinge und Personen hinterfragt, kommt es immer in einem gewissen Maße zu einem Vertrauensverlust. Dieser Verlust an Vertrauen kann zu Unsicherheit führen und dies vermehrt zu Aggressivität. Auch führen die eigenen und neu aufkommenden Probleme (Unzufriedenheit mit dem Körper, mehr Konkurrenz durch Gleichaltrige, erste emotionale Dramen) zu Problemen.

Einhergehend mit dem sexuellen Reifen und der Tatsache, dass Pubertierende häufig untereinander um soziale Positionen konkurrieren, ergibt sich ein verstärkter Druck auf den Einzelnen. Diesen Druck gibt es im jungen Kindesalter so nicht, weil das Bewusstsein für einen Vergleich häufig nicht so stark entwickelt ist.

Entsprechend ist die Pubertät für die Betroffenen herausfordernd und führt auch zu Herausforderungen für die Eltern. Dieser Prozess nimmt ein paar Jahre in Anspruch und endet meist mit einem Menschen, der in Grundzügen weiß, was er möchte.

Tipps für Eltern im Umgang mit den Heranwachsenden

Der Umgang mit pubertierenden Kindern sollte dahingehend laufen, dass das Streben nach mehr Eigenverantwortung ernst genommen werden sollte. Es ist immer gut, Menschen ihre Grenzen dadurch aufzuzeigen, dass sie gefordert werden. So kann es durchaus sinnvoll sein, nicht aus einem elterlichen Reflexe heraus alle Ideen und Wünsche des Sprösslings gleich im Keim zu ersticken. Es kann stattdessen gemeinsam darüber nachgedacht werden, wie er sich das denn vorstelle. Dadurch ergeben sich mehrere Dinge: Die Eltern bleiben ein Teil der Gedankenwelt des Kindes und der Pubertierende reflektiert durch das Gespräch mehr. Er fühlt sich dabei aber nicht eingeengt.

Der Themenkomplex Sexualität wird einigen Eltern zudem viel abverlangen. Es ist allerdings immer vorteilhafter, den eigenen Nachwuchs aufzuklären als es nicht zu tun. Das Angebot zur Kommunikation sollte immer aufrechterhalten bleiben. Die Privatsphäre (häufig ist der alleinige Verbleib im eigenen Zimmer die einzige Möglichkeit der räumlichen Selbstständigkeit) sollte gewahrt bleiben.

Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013
  • Schellenberg, I. et al.: Kinderkrankheiten von A-Z: Wo Naturheilverfahren wirken - wann Schulmedizin nötig ist, 2. Auflage, TRIAS, 2012
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Rassner, G.: Dermatologie – Lehrbuch und Atlas. Urban & Fischer, München 2009
  • Herold, S.: 300 Fragen zur Pubertät. Graefe und Unzer, München 2008

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 27. August 2018

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