O-Beine

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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O-Beine sind eine Fehlstellung der Beinachse, bei der die Kniegelenke nach außen hin abweichen. Sie können angeboren oder erworben sein. Korrigieren lassen sich O-Beine durch Orthopädietechnik oder operative Verfahren.

Inhaltsverzeichnis

Was sind O-Beine?

Fehlstellungen der Beine können sich unterschiedlich auswirken: (1) Normal, (2) O-Beine, (3 und 4) X-Beine.

O-Beine werden in der medizinischen Fachsprache als Genu varum bzw. als Varusstellung des Knies bezeichnet. Beim gesunden Bein verläuft die vertikale Belastungsachse genau mittig durch das Kniegelenk.

Der innen liegende Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel beträgt dabei etwa 186°. Von O-Beinen spricht man, wenn das Kniegelenk hinsichtlich der Belastungsachse nach außen abweicht. Der Innenwinkel zwischen Ober- und Unterschenkel ist dann kleiner als der physiologische 186°-Winkel.

Ursachen

Säuglinge und Kleinkinder besitzen natürlicherweise O-Beine. Spätestens im Laufe des 3. Lebensjahres sollten sich diese frühkindlichen O-Beine allerdings zurückbilden. Wenn die Skelettentwicklung normal verläuft, kehren sie sich sogar vorübergehend in X-Beine (Genu valgum) um, bis schließlich ab dem 10. Lebensjahr die normale Beinachse ausgebildet ist.

Treten im Kindesalter zu starke bzw. bleibende O-Beine auf, ist meistens Rachitis die Ursache. Bei Rachitis handelt es sich um eine Störung des Knochenwachstums, die entweder durch mangelnde Calciumaufnahme oder durch einen Mangel an Vitamin D entsteht. Beides führt zu unzulänglicher Knochenmineralisation, zu einer Desorganisation der Wachstumsfugen und letzlich zur Deformierung der langen Röhrenknochen.

Neben Rachitis können weitere Knochenerkrankungen zu O-Beinen führen, z. B. Achondroplasie, Osteogenesis imperfecta, Tumore oder Traumata, insbesondere wenn sie die Wachstumsfugen betreffen. Daneben können O-Beine auch schlichtweg angeboren sein. Im Erwachsenenalter kann außerdem einseitiges Training zu Achsenfehlstellungen der Beine führen.

O-Beine werden durch Sportarten begünstigt, bei denen die Muskelgruppe der Adduktoren an der Innenseite des Oberschenkels stärker trainiert wird als die außen liegenden Abduktoren. Berühmtestes Beispiel für eine solche Sportart ist Fußball. Lähmungen, die zu muskulären Dysbalancen führen, können einen ähnlichen Effekt haben und ebenfalls O-Beine hervorrufen.

Symptome und Verlauf

O-Beine führen zu Fehlbelastungen der Knie und der Füße. Im Kniegelenk erfahren v. a. die Innenmenisken und mittigen Knorpelanteile eine zu hohe Belastung. Durch die Überbelastung kommt es zu Verschleißerscheinungen. Das Krankheitsbild wird als Varusgonarthrose bezeichnet. Typische Symptome sind Knieschmerzen unter Belastung und morgendliche Anlaufschmerzen. Auch in den Sprunggelenken können Überbelastungen, Arthrose und Schmerzen entstehen.

Häufig begünstigen O-Beine die Ausbildung von Knick-Senk-Füßen. Wenn nur einseitig ein O-Bein vorliegt, wird außerdem die Wirbelsäule durch schräge Belastung in Mitleidenschaft gezogen. Im Gegensatz zu den physiologischen O-Beinen im frühen Kindesalter verschwinden O-Beine im späteren Leben nie von alleine, sondern verschlimmern sich durch Gelenkverschleiß immer weiter.

Diagnose

Stark ausgeprägte O-Beine lassen sich bereits per Blickdiagnose identifizieren. Steht ein Patient mit O-Beinen aufrecht mit geschlossenen Knöcheln da, berühren sich seine Knie nicht. Dazu gibt der Patient meist sehr typische Symptome wie mediale Knieschmerzen an.

Um das genaue Ausmaß der Fehlstellung zu bestimmen, wird eine Ganzbeinstand-Röntgenaufnahme angefertigt. In dieses Bild wird zum Vergleich die physiologische Belastungsachse eingezeichnet, sodass sich die Abweichung der O-Beine in Grad messen lässt. Bei Kindern muss immer auch auf Hormonstörung und Stoffwechselstörungen getestet werden.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung von O-Beinen hängt von der Entstehungsursache, dem Ausmaß der Fehlstellung und dem Alter des Patienten ab. Bei rachitischen O-Beinen muss zunächst die Grunderkrankung durch hochdosierte Calcium-Gaben oder Vitamin D-Substitution bekämpft werden. Die Therapie bei Kindern im Wachstumsalter stützt sich hauptsächlich auf individuell angepasste Schuheinlagen: Keilförmige Einlagen auf der Schuhaußenseite zwingen das Bein in Supinationsstellung und führen langfristig zu einem begradigten Wachstum.

Physiotherapie kann die Behandlung ergänzen. Auch bei erwachsenen Patienten können orthopädische Schuhzurichtungen oder -einlagen helfen, sofern nur eine leichte Fehlstellung vorliegt.

Bei schweren, schmerzhaften Verschleißerscheinungen ist meist ein operativer Eingriff nötig: In einer sogenannten Umstellungsoperation (Osteotomie) durchtrennt der Chirurg das Schienbein unterhalb des Kniegelenks und verlagert den Unterschenkel nach außen in eine leichte Überkorrekturstellung. Mit Titan-Platten und Schrauben wird die Konstruktion gesichert. Die Metallteile verbleiben insgesamt ca. 1,5 Jahre im Körper, allerdings kann der Patient sein Bein bereits 3 Monate nach der Operation wieder voll belasten.

Eine operative Korrektur kann zwar den Verschleißprozess der Gelenke aufhalten bzw. verlangsamen, aber bereits eingetretene Knorpelschäden nicht heilen. Daher sollten O-Beine immer so früh wie möglich korrigiert werden und nicht erst, wenn bereits chronische Schmerzen vorliegen.


Vorbeugung

Vorbeugen kann man O-Beinen im Kindesalter durch ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D. Sportler sollten auf ein ausgewogenes Training achten, das alle Muskelgruppen beansprucht und keine Dysbalancen entstehen lässt. Da Übergewicht die Gelenke der unteren Extremität belastet und das Risiko für O-Beine erhöht, sind auch gesunde Ernährung und Ausdauersport sinnvolle Präventionsmaßnahmen.

Quellen

  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
  • Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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