Liquorpunktion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Liquorpunktion sticht der Arzt mit einer Hohlnadel in den äußeren Liquorraum der Wirbelsäule. Zu diagnostischen Zwecken wird das entnommene Nervenwasser analysiert. Therapeutische Liquorpunktionen können Medikamente in den Liquorraum einbringen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Liquorpunktion?

Bei der Liquorpunktion wird Nervenwasser (Liquor) mittels Hohlnadel im Bereich der Lendenwirbel entnommen. © ravipat - shutterstock.com

Das zentrale Nervensystem ernährt sich von Nervenwasser, auch Liquor genannt. Die Flüssigkeit umspült das menschliche Gehirn und Rückenmark. Neben den Ernährungsfunktionen erfüllt das Nervenwasser Pufferfunktionen. Bei einer Lumbalpunktion oder Liquorpunktion entnimmt der Arzt aus dem äußeren Liquorraum der Wirbelsäule mit einer Hohlnadel Nervenwasser. Am Liquor lassen sich in der Liquordiagnostik krankhafte Prozesse des Zentralnervensystems ablesen, so zum Beispiel bakterieller Befall, Autoimmunerkrankungen oder Tumore.

Allein die Blickdiagnose lässt Aussagen über den Zustand des Zentralnervensystems zu. Ist das Nervenwasser zum Beispiel trüb, liegt vermutlich eine Entzündung vor. Zur genauen Analyse ihrer Bestandteile wird die Liquorprobe ans Labor gegeben. Lumbalpunktionen spielen nicht allein für die Diagnostik eine Rolle, sondern können auch ein therapeutischer Schritt sein. So kann die Entnahme von Nervenwasser zum Beispiel eine Hirndruckentlastung herbeiführen.

Anwendungsgebiete

Typische Anwendungsgebiete der Liquorpunktion:

Die Liquorpunktion kommt in erster Linie im Rahmen der neurologischen Diagnostik zur Anwendung. Bei neurogenen Lähmungserscheinungen, Bewegungsstörungen, starken Kopfschmerzen, Wahrnehmungsbeeinträchtigungen oder anderen Nervensystemsymptomen zählt die Liquordiagnostik mittlerweile zu einem Standarduntersuchungsverfahren. Krankheiten und pathologische Prozesse verändern die Zusammensetzung des Liquors. Etliche Erkrankungen von Gehirn und Rückenmark lassen sich demnach von den Ergebnissen der Nervenwasseranalyse ablesen.

Im Rahmen von akut bakteriellen Gehirnentzündungen sind meist Keime im Nervenwasser nachweisbar. Entzündliche Erkrankungen wie Multiple Sklerose schlagen sich im Nervenwasser in Form von oligoklonalen Banden nieder, also als Anhäufung bestimmter Proteine und Entzündungszellen. Bei bösartige Erkrankungen verändert sich das Nervenwasser ebenso häufig. Auch bei einem Verdacht auf Gehirnblutungen nahe der Nervenwasserräume kann die Liquorpunktion der Diagnostik hilfreich sein und zum Beispiel eine Subarachnoidalblutung bestätigen.

Neben diesen diagnostischen Anwendungsbereichen ist die Liquorpunktion therapeutisch relevant. Durch die Gabe von Medikamenten in den Liquorraum lässt sich die Blut-Hirn-Schranke umgehen. Dieser Zusammenhang spielt zum Beispiel für Anästhetika vor Operationen oder Chemotherapeutika bei bösartigen Krankheiten des Zentralnervensystems eine Rolle. Darüber hinaus kommt die Punktion bei Liquorstauung zum Einsatz.

Welche Methoden und Verfahren gibt es?

Für die Liquorpunktion spielt vor allem eine Rolle, ob der Eingriff diagnostische oder therapeutische Funktion erfüllen soll. Bei der diagnostischen Liquorpunktion wird Nervenwasser entnommen. Dasselbe gilt auch für therapeutische Liquorpunktionen zur Hirndruckreduzierung. Alle anderen, therapeutischen Anwendungsbereiche entnehmen dagegen kein Nervenwasser, sondern geben bestimmte Medikamente oder andere Substanzen in den Liquorraum hinein.

Ob etwas entnommen oder etwas zugegeben werden soll, spielt vor allem für die Auswahl der verwendeten Instrumente eine Rolle. Die Hohlnadel dient der Liquorentnahme. Wir etwas hinzugegeben, kommen andere Nadeln zum Einsatz. Der Arzt macht den äußeren Liquorraum ausfindig und punktiert ihn mit dem entsprechenden Instrument. Die Grundmethodik bleibt bei allen Liquorpunktionen weitestgehend dieselbe.

Was muss der Patient im Vorfeld und bei der Nachsorge beachten?

Vor der Lumbalpunktion wird der Patient über den Eingriff und seine Gefahren aufgeklärt und unterschreibt eine Zustimmungserklärung. Die Haltung des Patienten spielt bei der Liquorpunktion eine entscheidende Rolle. Idealerweise sitzt der Patient während des Eingriffs vorne über gebeugt. Notfalls nimmt er in seitliche Liegeposition eine Embryonalstellung ein, bis die Ellenbogen die Knie berühren. Seine Haltung wird von einem Kissen unterstützt. Der Kopf des Patienten befindet sich auf rund derselben Höhe wie die geplante Punktionsstelle des unteren Rückenbereichs. Der Patienten muss in der waagrechten Haltung seine Schultern senkrecht halten, um die Wirbelsäule nicht zu verdrehen. Durch die starke Beugung der Wirbelsäule hat der Arzt ausreichend Platz zur Einführung der Nadel.

Während des Eingriffs muss sich der Patient so ruhig wie möglich halten. Falls Blutungsneigung besteht, liegt eine Kontraindikation für die Liquorpunktion vor. Der Patient sollte wissentliche Blutungsneigungen mit dem Arzt besprechen. Heparine müssen rund zwölf Stunden vor der Lumbalpunktion abgesetzt werden. Die Fortführung einer Heparinisierung sollte nicht früher als zwei Stunden nach der Punktion erfolgen.

Bei Entzündungen des Gewebes im geplanten Punktionsbereich sollte die Punktion aus Gründen der Infektionsgefahr nicht erfolgen. Falls sich nach dem Eingriff Schmerzen wie Kopfschmerz oder Druckschmerz einstellen, sollte der Patient nicht mit konventionellen Schmerzmitteln reagieren, sondern die Beschwerden mit dem betreuenden Neurologen besprechen.

Durchführung - Wie läuft die Untersuchung ab?

Der Arzt desinfiziert bei der Liquorpunktion zunächst die Haut im Bereich der geplanten Einstichstelle. Vorab bespricht er mit dem Patienten den Eingriff. Falls es vom Patienten gewünscht wird, setzt er vor der Punktion eine Spritze mit einem örtlichen Betäubungsmittel im relevanten Bereich an. In der Regel setzt die Betäubung nach zwei Minuten vollständig ein. Sobald das der Fall ist, führt der Arzt die Punktionsnadel ein.

Die Nadel wird zwischen zwei Lendenwirbel eingeführt. In den meisten Fällen wird ein Wirbelzwischenraum zwischen drittem und fünftem Lendenwirbel zur Einführung gewählt. Die Wahl der Einstichstelle hat hohe Relevanz, um Verletzungen zu vermeiden. Auf der Höhe des dritten bis fünften Lendenwirbels ist das Rückenmark zu Ende. Die Punktionsnadel kann so keine wichtigen Strukturen verletzen.

Hat der Arzt die Nadel fachgemäß angesetzt, sticht er bis in den Wirbelkanal durch. Sobald der Wirbelkanal erreicht ist, fließt Nervenwasser aus der Nadel heraus. Oft setzt der Arzt außerdem ein Steigrohr ein, das den Nervenwasserdruck misst. Die Nadel wird zurückgezogen, sobald ausreichend Liquor für eine Laboruntersuchung gesammelt ist. Falls der Liquorraum nicht direkt getroffen wurde, kann eine abermalige Punktion erforderlich sein. Da die Lumbalpunktion mittlerweile aber ein Standardverfahren ist, muss nur in den seltensten Fällen ein erneuter Eingriff stattfinden. Meist ist die Punktion innerhalb von Minuten erfolgreich abgeschlossen.

Eigenleistung oder Krankenkasse - wer übernimmt die Kosten?

Die Liquorpunktion wird von der Krankenkasse übernommen. Der Patient muss also nicht in die eigene Tasche greifen. Die Indikation ist in diesem Zusammenhang das entscheidende Moment. Sobald der Arzt die Erfordernis einer Punktion bestätigt, übernehmen die Krankenkassen die vollen Kosten. Falls der Arzt dagegen von einer Lumbalpunktion abrät, kann die Kostenübernahme von der Krankenkasse verweigert werden. Zumindest eine Selbstbeteiligung wird in diesem Fall in der Regel fällig. Darüber hinaus werden Lumbalpunktionen in der Regel stationär durchgeführt. Für stationäre Krankhausaufenthalte liegt der Selbstbeteiligungssatz pro Tag bei rund zehn Euro, falls keine Zusatzversicherung besteht.


Risiken, Komplikationen und Nebenwirkungen

Schwerere Folgen wie Infektionen, Blutungen oder Lähmungen sind nach der Lumbalpunktion mittlerweile extrem selten zu erwarten. Rund ein Prozent leidet allerdings an postpunktionellem Kopfschmerz, der zwischen Tagen und auch Wochen anhält. Ein Risiko ist auch das Nervenwasser-Unterdrucksyndrom mit Schwindel, Nackensteifigkeit, Übelkeit oder Lichtscheu und Ohrgeräuschen. Um Beschwerden zu minimieren kann der Arzt nach der Punktion einen Blutpatch anwenden, der das Liquorleck schließt. Als wirksame Mittel gegen die Nebenwirkungen einer Liquorpunktion haben sich Substanzen wie Koffein herausgestellt.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021

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