Ergotismus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Ergotismus

Ergotismus ist die Bezeichnung für eine Vergiftung durch Mutterkornalkaloide wie etwa Ergotamin, Ergometrin und Ergotoxin. Sie trat vor allem in früherer Zeit auf und ist heute eher selten. Die Symptome bei einer Erkrankung sind jedoch vielfältig und bisweilen lebensbedrohlich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ergotismus?

Mutterkorn enthält Alkaloide, die für den Menschen giftig sind. Diese Vergiftung wird Ergotismus genannt.

Ergotismus, auch als Kornstaupe, Krampfsucht oder ziehende Seuche bekannt, ist eine Erkrankung, welche durch den Verzehr von Mutterkorn ausgelöst wird. Ergotismus tritt hauptsächlich als brandige oder konvulsive Form auf. Beide Formen haben ähnliche Krankheitsverläufe, unterscheiden sich jedoch in einigen Details.

So kann es bei der brandigen Form etwa zu stechenden Schmerzen im Brustraum kommen, während dieses Symptom bei der konvulsiven Form zumeist nicht zu beobachten ist. Heutzutage werden beide Formen nur noch selten unterschieden, da Ergotismus zumeist schon im Anfangsstadium behandelt gestoppt werden kann.

Der Name Ergotismus kommt vom französischen Begiff „Ergot“, welcher Mutterkorn bedeutet. Im Laufe der Zeit erhielt die Erkrankung zahlreiche Namen. Neben Kornstaupe und Krampfsucht wurden sie in früherer Zeit auch als Antoniusfeuer oder Kriebelkrankheit bezeichnet. Antonisfeuer wurde dabei vermehrt für die brandige Form genutzt, während mit Kriebelkrankheit zumeist die konvulsive Form gemeint war.

Ursachen

Ergotismus trat in früherer Zeit vor allem nach dem Verzehr verunreinigter Nahrungsmittel auf. Insbesondere trat die Vergiftung im Mittelalter vor allem nach der Ernte bei einigen Menschen in Erscheinung.

Heutzutage ist Mutterkorn, welches die Vergiftung auslöst, jedoch kaum noch ein Problem, da vor allem Getreideprodukte auf Verunreinigung überprüft werden. Durch die zunehmenden Kontrollen und hohen Standards in der Landwirtschaft ist die Erkrankung in diesem Zusammenhang heutzutage weitestgehend verschwunden.

Vergiftungen treten zumeist nach der Einnahme von Medikamenten, welche Mutterkornalkaloide und deren Derivate wie zum Beispiel Ergotamin und Ergometrin enthalten, auf. Speziell in der Parkinson-Behandlung wird auf Medikamente dieser Art gesetzt.


Wann zum Arzt?

Krämpfe im Körper oder stechende Schmerzen im Brustraum gelten als besorgniserregend und müssen von einem Arzt untersucht sowie behandelt werden. Treten Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Nehmen die Beschwerden zu oder kommt es zu weiteren ungewöhnlichen Empfindungen im Organismus, ist ein Arztbesuch notwendig. Ein allgemeines Unwohlsein über mehrere Tage, eine Schwäche und der Abfall der eigenen Leistungsgrenze sollten ebenfalls einem Arzt vorgestellt werden.

Ein Arztbesuch ist nötig, sobald ein scheinbar grundlos auftretender Juckreiz am Körper vorhanden ist. Kommt es dadurch zum Kratzen sowie offenen Wunden, können über die Haut Keime eindringen und zu weiteren Erkrankungen führen. Das Risiko einer Blutvergiftung steigt deutlich an. Um dies zu vermeiden, sollte ein Arzt konsultiert werden. In schweren Fällen treten Halluzinationen, Anfallsleiden oder psychische Veränderungen auf. Bei den ersten Anzeichen dieser Symptome wird ein Arzt benötigt, damit die Ursache der Beschwerden abgeklärt werden kann.

Plötzliche auffällige Verhaltensänderungen müssen von einem Arzt untersucht werden. Bei einem manischen Auftreten, das durch exzessives Verhalten auf verschiedenen Ebenen, Unzuverlässigkeit oder dem Verstoß sozialer Normen gekennzeichnet ist, muss eine ärztliche Untersuchungen eingeleitet werden. Ohne eine Hilfe stellt der Betroffene häufig eine Gefahr für sich und die Umwelt dar.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome des Ergotismus:

Die Symptome einer Mutterkornvergiftung sind vielfältig. So kann es etwa zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Juckreiz kommen. Im weiteren Verlauf der Vergiftung können zudem Krampfanfälle, Halluzinationen, Parästhesien und Muskelspasmen bis hin zu Psychosen und Manien auftreten. Weiterhin entstehen Taubheitsgefühle in den Fingern und anderen Körperteilen. Wird die Vergiftung nicht behandelt, wird die Puls zudem zunehmend schwächer und führt letztlich zum Herzstillstand.

Verlauf der brandigen Form: Die brandige Form, auch als Antoniusfeuer bezeichnet, kann in zwei Stadien eingeteilt werden. Zu Beginn des ersten Stadiums, welches zwischen zwei und sieben Tagen dauert, kommt es zu Schwindel und Unruhe, Rücken- und Gliederschmerzen sowie zu Zuckungen in Armen und Beinen. Auch Darmprobleme und Erbrechen treten in diesem Stadium auf.

Das zweite Stadium ist geprägt von stechenden Schmerzen in den einzelnen Gliedern und im Gesicht. Nase und Finger schwellen an und werden abgestoßen. Starkes Fieber führt schließlich zum Tod. Verlauf der konvulsiven Form: Die konvulsive Form ist geprägt von Taubheitsgefühlen in den Gliedern sowie Zuckungen, Erbrechen und Durchfall. Anders als bei der brandigen Form werden vergiftete Körperteile nicht abgestoßen. Stattdessen treten im Laufe der Krankheit starke Krämpfe auf, welche tödlich verlaufen können.

Ebenfalls treten psychische Beschwerden wie Manie und Wahn auf. Es kommt zum Verlust des Gehörs und auch der Sprachapparat wird mit zunehmender Dauer der Erkrankung beeinträchtigt. Die Dauer der Erkrankung beträgt zwischen vier und zwölf Wochen, wobei der Grad der Vergiftung entscheidend ist.

Diagnose

Dadurch, dass Mutterkorn heutzutage hauptsächlich in Medikamenten zu finden ist, lässt sich Ergotismus zumeist relativ schnell diagnostizieren. Entscheidend ist hierbei deshalb die Anamnese der eingenommenen Präparate. Eine genaue Beobachtung des Krankheitsverlaufes ist für die Diagnose ebenfalls entscheidend. Tritt die Erkrankung bei Tieren auf, kann es zu abweichenden Symptomen kommen, die eine Diagnose erschweren.

Behandlung und Therapie

Um die Behandlung des Ergotismus einzuleiten, werden in erster Linie die auslösenden Medikamente abgesetzt. Darüber hinaus werden verschiedene Präparate verabreicht, welche die einzelnen Symptome abschwächen sollen. Dazu zählen Nitraten, Calciumantagonisten und Prostaglandininfusionen.

Je nachdem, welche Symptome auftreten, werden weitere Präparate verschrieben. In erster Linie wird der periphere Puls behandelt, da dieser einen wesentlichen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf hat. Weiterhin kann innerhalb der Therapie Kohle-Pulvis, Kohle oder Natriumsulfat Anwendung finden. Bei einer akuten Erkrankung ist eine Magenspülung Teil der Behandlung.

In seltenen Fällen, speziell bei fortgeschrittener Erkrankung, werden eventuell auch chirurgische Eingriffe nötig, um eine Ausbreitung der Krankheit zu vermeiden. Heutzutage schreitet Ergotismus im Normalfall jedoch selten so weit fort, dass solche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Haus- und Nutztiere erkranken dagegen häufig an einer Mutterkornvergiftung und werden in der Regel ganzheitlich behandelt.


Vorbeugung

Ergotismus lässt sich mittlerweile relativ einfach vorbeugen. So müssen Medikamente, welche Derivate der Mutterkornalkaloide enthalten, strikt nach Vorschrift eingenommen werden und dürfen keinesfalls überdosiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, alternative Medikamente einzunehmen, um eine Erkrankung an Ergotismus zu vermeiden.

Speziell in der Behandlung von Migräne existieren mittlerweile diverse Alternativen zu Präparaten, die Teile des Mutterkorns enthalten. Zudem empfiehlt es sich, kein wildes Getreide zu verzehren, da dieses möglicherweise durch Mutterkorn verunreinigt ist, was zu Ergotismus führen kann.

Quellen

  • Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2012

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Ergotismus

Das könnte Sie auch interessieren