Elektroneurographie (ENG)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. August 2018
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Elektroneurographie zählt zu den Verfahren der Elektrodiagnostik. Sie kommt in der Neurologie zum Einsatz, um die Funktionen von peripheren Nerven zu bestimmen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Elektroneurographie?

Mit der Elektroneurographie (ENG) oder Elektroneurografie lassen sich in der Neurologie periphere Nerven untersuchen. Diese Nerven gehören weder zum Gehirn noch zum Rückenmark. Mit dem Verfahren der Elektroneurographie besteht die Option, die Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) zu messen.

Gemeint ist damit die Geschwindigkeit, mit der ein elektrischer Impuls von einem peripheren Nerv weitergeleitet wird. Jeder Nerv verfügt über eine spezifische Nervenleitgeschwindigkeit. Bei einem zu langsamem Tempo oder einer Blockade besteht die Möglichkeit einer Nervenschädigung.

Durchgeführt wird die Elektroneurographie bei sensiblen Nerven, die sich um Sinnesempfindungen wie Berührungen oder Reize durch Temperaturen kümmern, als auch bei motorischen Nerven, die der Versorgung der Muskeln dienen.

Innerhalb der Nerven befinden sich spezielle Dendriten. Durch diese feinen Verästelungen treffen die elektrischen Informationen beim Nerv ein. So leiten die Dendriten die Impulse in Richtung Zellkörper. Aus dem Zellkörper ab geht ein langer Fortsatz, der die Bezeichnung Axon trägt. Das Axon ist verantwortlich für die Weitergabe der Signale und wird von einer Markscheide, die als Isolierschicht dient, umhüllt.

Kommt es am Axon zu Veränderungen am elektronischen Potential, hat dies das Weiterleiten des Impulses zu einer anderen Nervenzelle oder zu einem Muskel zur Folge. Beschädigungen der Nervenzellen oder der Markscheide ziehen jedoch Störungen der Reizweiterleitung nach sich.

Anwendung und Funktion

Mithilfe einer Elektroneurographie lassen sich Schädigungen der Nerven nachweisen. Außerdem versetzt die Untersuchungsmethode den Arzt in die Lage, das genaue Ausmaß der Schädigung festzustellen und um welche Form von Nervenschädigung es sich handelt. Vorgenommen wird eine Elektroneurographie in der Regel von der Neurologie.

Zur Anwendung kommt eine Elektroneurographie bei Verdacht auf traumatische Nervenverletzungen, die zum Beispiel durch Schnittwunden entstehen können, eine Polyneuropathie im Falle der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder dem Missbrauch von Alkohol. Weitere Anwendungsgebiete sind Muskelschwäche, das Karpaltunnelsyndrom sowie Nervenschädigungen, die durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten auftreten.

Letztlich können mit einer Elektroneurographie die Ursachen für verschiedene Beschwerden ausfindig gemacht werden. Dabei klärt der Arzt ab, ob entweder die Nervenkabel oder die Nervenhüllen in Mitleidenschaft gezogen wurden. So lässt sich beispielsweise abschätzen, wie stark die Schädigung eines Nervs nach einem Unfall ist. Auch die genaue Stelle der Schädigung lässt sich mit der Untersuchung herausfinden.

Die Elektroneurographie dient jedoch nicht nur zu diagnostischen Zwecken, sondern gelangt auch zur Überwachung von Muskelerkrankungen zum Einsatz. Das Gleiche gilt für den Heilungsverlauf von Nerven, die durch Verletzungen oder Druck geschädigt wurden. Dabei findet nicht selten parallel zur Elektroneurographie auch eine Elektromyographie (EMG) statt.

Methoden und Verfahren

Eine Elektroneurographie findet entweder bei motorischen oder sensiblen Nerven statt. Bei einer Untersuchung von motorischen Nerven stimuliert der Arzt den Nerv an mindestens zwei verschiedenen Stellen und zeichnet die sich daraus ergebene Aktivität der Muskeln auf. Dabei liegt das Interesse des Mediziners in erster Linie auf der Latenz und der Amplitude der Antwort.

Erfolgt eine Elektroneurographie bei einem sensiblen Nerv, stimuliert der Arzt diesen lediglich an einer Stelle und zeichnet das Summenaktionspotential auf. Dabei kann sich der Messpunkt distal oder proximal von der Stelle der Stimulation befinden. Gemessen werden dann entweder die orthodrome Nervenleitgeschwindigkeit in der Nervsverlaufsrichtung oder die antidrome Nervenleitgeschwindigkeit, die gegen den Verlauf des Nervs liegt.

Des Weiteren gilt es, bei einer Elektroneurographie zwischen Oberflächen-ENG sowie einer Nadel-ENG zu unterscheiden. Während bei einer Elektroneurographie der Oberfläche Elektroden auf der Haut angebracht werden, dienen bei der Nadel-ENG kleine Nadeln als Elektroden. Zu diesem Zweck werden sie in unmittelbarer Nähe des zu untersuchenden Nervs eingestochen. Der Befund einer Elektroneurographie trägt die Bezeichnung Elektroneurogramm.

Was muss der Patient beachten?

Besondere Verhaltensregeln muss der Patient vor einer Elektroneurographie nicht beachten. Das Gleiche gilt auch für die Zeit nach der Untersuchung. Der resultierende Befund sowie die Therapieoptionen, die sich daraus ergeben, werden dem Patienten vom Arzt im Anschluss an die ENG genauer erläutert.

Ablauf und Durchführung

Bevor die Elektroneurographie stattfindet, wird der Patient neurologisch durchgecheckt. Handelt es sich um eine ENG an einem motorischen Nerv, befestigt der Arzt zwei Elektroden an den Hautstellen, an denen der betroffene Nerv verläuft.

Dann wird der Abstand, der sich zwischen den Elektroden befindet, notiert. Über diese Strecke muss der Impuls zurückgelegt werden. Die erste Elektrode trägt die Bezeichnung Reizelektrode. Über diese Elektrode setzt der Arzt einen kurzen elektrischen Impuls, der via Axon zu dem Muskel gelangt, der von dem Nerv versorgt wird. Der Reiz überträgt sich auf den Muskel, was wiederum zu einer Muskelkontraktion führt.

Die zweite Elektrode, die die Bezeichnung Ableitelektrode trägt, registriert diesen Impuls. Anhand der zurückgelegten Zeitspanne, die der Reiz zwischen den beiden Elektroden gebraucht hat, berechnet der Arzt die Nervenleitgeschwindigkeit.

Wird ein sensibler Nerv untersucht, erfolgt ebenfalls das Anbringen von zwei Elektroden auf der Haut. Über die Reizelektrode lässt sich der Nerv stimulieren, während das Erfassen der Potentialänderung an dem Axon durch die Ableitelektrode stattfindet. Daraus wird dann die Leitgeschwindigkeit des Nervs errechnet.

Anstelle der Elektroden können auch feine Nadeln zur Anwendung kommen, die deren Aufgaben übernehmen. Größere Schmerzen muss der Patient deswegen nicht befürchten. So fällt diese Prozedur nicht unangenehmer aus als eine Blutabnahme. Während die erste Nadelelektrode den Nerv stimuliert, erfasst die zweite Nadel die Reaktion des Nervs.


Eigenleistung oder Krankenkasse - wer übernimmt die Kosten?

Die Elektroneurographie gilt als medizinisch notwendige Untersuchungsmethode. Aus diesem Grund werden die Kosten für das Verfahren auch von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.

Risiken, Gefahren und Komplikationen

Vor möglichen Risiken oder Komplikationen braucht sich der Patient bei einer Elektroneurographie nicht zu fürchten. In seltenen Fällen empfinden die untersuchten Personen die kurzen Stromimpulse als unangenehm oder schmerzhaft. Dabei kommt es meist zu einem Kribbeln, das jedoch kurz darauf wieder nachlässt und vollkommen ungefährlich ist.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn der Patient einen Herzschrittmacher trägt. In solchen Fällen kann ein anderes Untersuchungsverfahren sinnvoller sein.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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