Koordination - Koordinative Fähigkeiten

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Koordination im Sport bezeichnet die fein abgestimmten Wechselbeziehungen der Rezeptoren (Sinnesorgane), des Nervensystems (ZNS) und der Muskulatur eines Menschen. Ziel und Hauptinhalt jeglichen sportlichen Trainings, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, muss die Entwicklung einer vielfältigen Bewegungs- und Körpererfahrung sein.

Koordinative Fähigkeiten bilden neben den konditionellen Voraussetzungen eine ganz wesentliche Grundlage für einen vielseitig nutzbaren Bewegungsschatz und entsprechende Handlungskompetenz, die das Erlernen von Fertigkeiten bzw. Techniken in vielen Sportarten vorbereitet und erleichtert.

Definition Koordination

Koordination (motorische Koordination) wurde von unterschiedlichen wissenschaftlichen Positionen untersucht und definiert. Koordination im Sport bezeichnet die fein abgestimmten Wechselbeziehungen der Rezeptoren (Sinnesorgane), des zentralen und peripheren Nervensystems (ZNS) und der Muskulatur eines Menschen.

Definition Koordinative Fähigkeiten

Charakteristisches Merkmal koordinativer Fähigkeiten ist die jeweils spezifische Einheit oder Kopplung von Wahrnehmung und motorischer Realisierung. Die Bedeutung koordinativer Fähigkeiten - besonders im Sport der Kinder - lässt sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:

Gut ausgeprägte koordinative Fähigkeiten:

  • beschleunigen und effektivieren das Erlernen von Fertigkeiten,
  • erhöhen den Wirkungsgrad der bereits angeeigneten Fertigkeiten und fördern ihre situationsadäquate Anwendung,
  • bestimmen den Ausnutzungsgrad konditioneller Fähigkeiten durch genaue Krafteinsätze und energiesparende Entspannung,
  • bewirken ästhetische Gefühle, Freude und Befriedigung durch die Dynamik der Rhythmen, das Spiel mit der Geschwindigkeit, durch das vielseitig und variationsreiche Üben.

In der Vergangenheit wurde eine Reihe von Versuchen unternommen, die koordinativen Fähigkeiten zu strukturieren und zu charakterisieren. Für den Sport haben sich vor allem die Unterscheidungs- und Zuordnungsmodelle nach HIRTZ als besonders tragfähig erwiesen. HIRTZ stellte fünf koordinative Fähigkeiten als besonders fundamental heraus, die er wie folgt beschreibt:

  • Räumliche Orientierungsfähigkeit - relativ verfestigte und verallgemeinerte Verlaufsqualitäten der Bestimmung und Veränderung der Lage und Bewegung des Körpers im Raum. Sie sichert die vorrangig raumorientierte Realisierung von Bewegungshandlungen.
  • Rhythmusfähigkeit - relativ verfestigte und verallgemeinerte Verlaufsqualitäten der Erfassung und Darstellung vorgegebener bzw. im Bewegungsablauf enthaltener zeitlich-dynamischer Gliederungen. Sie sichert die ausgeprägt rhythmische Gestaltung der Bewegungshandlungen und ihre zweckmäßige Gliederung durch Akzentsetzung.
  • Gleichgewichtsfähigkeit - relativ verfestigte und verallgemeinerte Verlaufsqualitäten des Haltens bzw. Wiederherstellens des Körpergleichgewichts. Sie sichert zweckmäßige und schnelle Lösungen motorischer Aufgaben auf kleinen Unterstützungsflächen oder bei labilen Gleichgewichtsverhältnissen.
  • Reaktionsfähigkeit - relativ verfestigte und verallgemeinerte Verlaufsqualitäten des schnellen und aufgabengemäßen motorischen Antwortverhaltens auf mehr oder weniger komplizierte Signale oder vorausgehende Bewegungshandlungen bzw. Situationen.
  • Differenzierungsfähigkeit - Fähigkeit zum Erreichen einer hohen Feinabstimmung einzelner Bewegungsphasen und Teilkörperbewegungen, die in großer Bewegungsgenauigkeit und Bewegungsökonomie zum Ausdruck kommt.

Diese fundamentalen koordinativen Fähigkeiten ergänzt BLUME um zwei weitere Fähigkeiten – die Kopplungsfähigkeit und Umstellungsfähigkeit, die ebenfalls als sehr bedeutsam eingeschätzt werden.

  • Kopplungsfähigkeit - Fähigkeit, Teilkörperbewegungen bzgl. eines bestimmten Handlungsziels räumlich, zeitlich und dynamisch aufeinander abzustimmen.
  • Umstellungsfähigkeit - Fähigkeit während des Handlungsvollzugs das Handlungsprogramm veränderten Umgebungsbedingungen anzupassen oder evtl. ein völlig neues und adäquates Handlungsprogramm zu starten.

Wichtig ist, dass diese einzeln aufgefächerten koordinativen Fähigkeiten nicht trennscharf isoliert, sondern als Beziehungsgeflecht mit wechselseitigen Abhängigkeiten betrachtet werden müssen. Zudem sind sie immer eng mit den konditionellen Fähigkeiten verflochten, also den muskulären und organischen Voraussetzungen.

Bedeutung des Koordinationstrainings

Für die Bedeutung von Koordinationstraining im Kindes- und Jugendalter lässt sich – über die generelle Wertschätzung seiner allgemeinbildenden Effekte hinaus – ein entwicklungspsychologisches Argument anführen. Obwohl man heute nicht mehr unbedingt davon ausgeht, dass es in der motorischen Entwicklung so etwas wie altersgebundene, invariante Zwangsläufigkeiten (sensible Phasen) gibt, kann es dennoch als gesichert gelten, dass gerade die allgemeinen koordinativen Fähigkeiten `von Klein auf` lohnend trainierbar sind.

Erklärt wird dies vor allem mit der raschen Entwicklung des zentralen Nervensystems, die den anderen Wachstums- und Reifungsprozessen weit vorausläuft. Die „starke Plastizität der Nervengrundprozesse“ sichert die Aufnahme einer großen Anzahl von Informationen aus der Umwelt und macht die Kinder und Jugendlichen nachahmungsfähig.

Vielfältige Bewegungserfahrungen sind die Grundlage für eine weitere koordinative Leistungssteigerung sowie für spätere motorische Lernerfolge in sämtlichen Sportarten wie z.B.:Handball, Volleyball, Basketball, Tennis, Badminton, Turnen, etc.

Vor allem das Turnen stellt besonders hohe Ansprüche an die Bewegungsregulation und wird demnach häufig als "Kinderstube" des Sports bezeichnet. Eine ganz wesentliche Grundlage bilden hier neben konditionellen Voraussetzungen, die koordinativen Fähigkeiten.

Dabei bilden die Fertigkeiten sozusagen das "motorische Vokabular", die koordinativen Fähigkeiten die "motorische Grammatik", beides zusammen ermöglicht die Bildung "motorischer Sätze", d.h. die Bewältigung komplexer koordinativer Anforderungssituationen.

Dieser Artikel wurde unter Berücksichtigung der sportwissenschaftlichen Fachliteratur und aktueller Studien verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dipl.-Sportwiss. Martin Romahn
Letzte Aktualisierung am: 17. November 2021

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