Achlorhydrie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Achlorhydrie ist der Salzsäuregehalt in der Magensäure stark reduziert. Die Folge sind Verdauungsstörungen, Vitamin- und Eisenmangel und bisweilen schwere Erkrankungen wie etwa die perniziöse Anämie. Behandelt wird das Beschwerdebild unter anderem durch diätische Maßnahmen und Vitamin-B12-Substitution.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Achlorhydrie?

Die Parietalzellen sind für die Säure des Magensafts verantwortlich. Werden diese Zellen geschädigt (z.B. aufgrund eines Karzinoms), kann es zu einer Achlorhydrie kommen.

Unter einer Achlorhydrie versteht man das Fehlen der Magensäure im Magensaft. Während die unvollständige Achlorhydrie durch die Verabreichung von Medikamenten behandelt werden kann, ist die Behandlung der absoluten Achlorhydrie wesentlich komplexer. Das differenzierte Beschwerdebild reicht von Magenschmerzen bis hin zu kognitiven Störungen und ermöglicht in Verbindung mit einer Gastroskopie eine eindeutige Diagnose. Die vorbeugenden Maßnahmen konzentrieren sich wie die Behandlung auf eine Ernährungsumstellung, häufig begleitet durch die Verabreichung von Nahrungsergänzungsmitteln.

Ursachen

  Eine Achlorhydrie kann verschiedenste Ursachen haben. In den meisten Fällen tritt sie durch den Alterungsprozess und die damit verbundenen Beschwerden im gesamten Verdauungstrakt auf. Fehlernährung, Bewegungsmangel und ein generell ungesunder Lebensstil erhöhen das Risiko einer Erkrankung zusätzlich. Unabhängig davon kann eine Achlorhydrie durch Angst, Stress und Trauer begünstigt werden.

Seelische Erkrankungen beeinflussen die Magensaftproduktion maßgeblich und können diese in manchen Fällen sogar zum Erliegen bringen. Operative Eingriffe wie etwa die Gastrektomie sowie bestimmte Medikamente wie Protonenpumpen-Hemmer können ebenfalls funktionale Beeinträchtigungen der Magensaftdrüsen nach sich ziehen. Ebenso tritt die Achlorhydrie im Rahmen des WDHA-Syndroms, einer gestörten Histamin-Produktion und diversen anderen Störungen des Magen-Darm-Traktes auf.

Ursächlich sind in der Regel Schädigungen der Parietalzellen und die daraus resultierende Störung der Störung der Salzsäureproduktion. Werden die Drüsenzellen durch Magenkarzinome zerstört, erleidet auch das benachbarte Drüsengewebe einen Funktionsverlust und die Parietalzellen können keine Salzsäure mehr transportieren. Dadurch kommt es zu einem Magensäuremangel und in der Folge zu einer Vielzahl körperlicher und kognitiver Symptome.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der Achlorhydrie:

  • erhöhte Herzfrequenz
  • verminderte Leistungsfähigkeit

Die Achlorhydrie äußert sich neben wässrigen Durchfällen vor allem durch die perniziöse Anämie oder Morbus Biemer. Diese Form der Blutarmut entsteht durch einen Mangel an Vitamin B12, welche wiederum die Intrinsic-Factor-Bildung der Betroffenen stört. Typisch für Morbus Biemer als Ursache sind Beschwerden wie eine erhöhte Herzfrequenz, starke Müdigkeit und eine verminderte Leistungsfähigkeit. Ebenso kann es zu Gelbsucht, Bauchschmerzen und Taubheitsgefühlen kommen.

Betroffene empfinden das typische Hautkribbeln und andere Missempfindungen wie eingeschlafene Hände, Gangunsicherheiten und sogar Lähmungen. Zuletzt können kognitive und psychische Symptome wie Depression oder Psychose, Konzentrationsschwierigkeiten und eine generell verminderte Leistungsfähigkeit auftreten. Äußerlich zeigt sich die Achlorhydrie unter anderem durch starke Blässe und eingefallene Augen.

Das kränkliche Aussehen wird durch die gestörte Nährstoffaufnahme während der Erkrankung noch verstärkt. So kommt es in Folge des Eisenmangels zu körperlichen Leistungseinbußen, Infektanfälligkeit und Abgeschlagenheit. Weitere Anzeichen können Haarausfall, brüchige Nägel und eingerissene Mundwinkel sein. Da Ausprägung und Art der Symptome bei einer Achlorhydrie stark variieren können, müssen die Beschwerden in jedem Fall von einem Arzt abgeklärt werden.

Diagnose

Bei der Diagnose der Achlorhydrie ist neben der Betrachtung des Beschwerdebilds auch eine Anamnese hinsichtlich bestehender Grunderkrankungen sinnvoll. Im Gespräch mit dem Patienten kann der Arzt anhand der typischen Symptome feststellen, welche Grunderkrankung möglicherweise vorliegt. Anschließend kann durch die Labordiagnostik eine Ursache ermittelt werden. Die routinemäßigen Untersuchungen mittels Sonographie, Gastroskopie und Röntgenbildgebung zeigen mögliche Erkrankungen wie Karzinome oder Krebs auf.

Bestenfalls kann anschließend ein Zusammenhang zwischen der festgestellten Grunderkrankung und den Magenbeschwerden hergestellt werden. Kann keine eindeutige Ursache ermittelt werden, wird eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchgeführt. Eine Blutuntersuchung kann einen Eisenmangel aufzeigen und durch den Sauerstoffgehalt und andere Werte mögliche Tumore und weitere Störungen im Organismus aufzeigen. Sie wird durchgeführt, wenn die klassischen Diagnosemethoden keinen Erfolg bringen.

Eine Achlorhydrie verläuft bei rascher Behandlung ohne Langzeitfolgen. Wird der Magensäuremangel nicht ausgeglichen, kommt es zunächst zu einer Verstärkung der Symptome: die Verdauungsprobleme nehmen zu, es kommt zu Erschöpfung und einem Mangel an Eisen und den Vitaminen B12 und B6. Anschließend kann eine Dünndarmfehlbesiedlung auftreten, außerdem steigt das Risiko für Osteoporose, Asthma, Zöliakie und eine Histamintoleranz. Ein chronischer Mangel an Magensäure bringt also diverse Probleme mit sich und nimmt fast immer einen ungünstigen Verlauf.

Komplikationen

Eine Achlorhydrie kann verschiedene Komplikationen hervorrufen. Zunächst besteht das Risiko, dass der fehlende Magensaft Verdauungsstörungen hervorruft. Wird die Erkrankung spätestens dann nicht medizinisch behandelt, können sich aus den anfänglichen Magen-Darm-Beschwerden weitere Komplikationen entwickeln. Häufig kommt es etwa zu starker Müdigkeit und einer verminderten Leistungsfähigkeit, die sich im Verlauf der Erkrankung negativ auf das Allgemeinbefinden auswirkt. Liegt der Achlorhydrie ein ernstes Leiden wie Morbus Biemer zugrunde, kann es mitunter auch zum Kreislaufkollaps kommen. Selten kann eine Achlorhydrie auch einen Eisenmangel bedingen.

Achlorhydrie im Rahmen einer Gelbsucht kann neurologische Symptome wie Taubheitsgefühle und Missempfindungen hervorrufen. Außerdem können psychische und kognitive Beschwerden auftreten. Betroffene bilden in Folge einer verschleppten Erkrankung oftmals Depressionen oder gar Psychosen, die ihrerseits gesundheitliche Risiken bergen. Bei der Behandlung einer Achlorhydrie kann es ebenfalls zu Komplikationen kommen. Die üblicherweise verordneten Vitamin-B12-Präparate können Allergien und Unverträglichkeiten hervorrufen und dadurch zu einer Verschlimmerung der Grunderkrankung führen. Liegt der Achlorhydrie ein Magenkarzinom zugrunde, kann es im Rahmen eines operativen Eingriffs zu Verletzungen kommen. Wird das Karzinom nicht erkannt, können weitere Metastasen und in der Folge schwere Komplikationen entstehen.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung einer Achlorhydrie orientiert sich an Ursache und Ausprägung der Erkrankung. Die unvollständige Achlorhydrie kann fast immer durch die Pentagastrin-Gabe behandelt werden. Das Medikament provoziert dabei die Sekretproduktion, bis der Magen selbstständig wieder in der Lage ist, das Sekret auszuschütten. Außerdem wird meist eine Diät aus magenschonenden Lebensmitteln wie etwa Tomatensaft, Kakao oder Cranberrysaft verordnet.

Bestandteil der Ernährungsumstellung ist auch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, die den Körper mit Mineralien und Vitaminen versorgen. Allerdings ist dies nur bei einer unvollständigen Achlorhydrie ein probates Mittel. Bei einer absoluten Achlorhydrien sollten Nahrungsergänzungen und Säureblocker hingegen abgesetzt werden, da diese die bereits geschwächte Magensäure gegebenenfalls weiter neutralisieren.

Ist die Erkrankung bereits weiter fortgeschritten, werden die Mangelzustände gegebenenfalls durch die intravenöse und intramuskuläre Vitamin-Substitution ausgeglichen. Diese rein symptomatische Therapie findet unabhängig von der Behandlung der Ursache statt. Die Ursache kann etwa durch den Ausgleich eines bestehenden Eisenmangels, durch operative Eingriffe oder durch weitere diätische Maßnahmen behandelt werden. Aufgrund der Vielzahl möglicher Grunderkrankungen, in deren Verlauf es zu einer Achlorhydrie kommen kann, muss von Fall zu Fall über die probaten Behandlungsschritte entschieden werden.


Vorbeugung

Aktiv kann der Achlorhydrie kaum vorgebeugt werden, da Magenkarzinome und andere typische Auslöser meist genetisch bedingt sind. Auch autoimmunologischen Erkrankungen, die es als Ursache für die Zerstörung der Magendrüsen in Frage kommen, lässt sich nur schwerlich vorbeugen. Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung kann dazu beitragen, die Entstehung entsprechender Erkrankungen zu vermeiden.

Durch Entspannungsmethoden können stressbedingte Magen-Darm-Erkrankungen oftmals vermieden werden. Der Achlorhydrie selbst kann kaum vorgebeugt werden, weshalb sich die Prophylaxe auf regelmäßige Arztbesuche und einen gesunden Lebensstil beschränkt. Menschen, die erste Anzeichen eines Eisen- oder Vitamin-B12-Mangels zeigen, können einem schweren Krankheitsverlauf durch eine frühzeitige Abklärung der Symptome vorbeugen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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